Leitsatz (amtlich)

1. Ein Versicherungsnehmer, der rechtzeitig Klage auf Leistungen einer Rente wegen Berufsunfähigkeit erhoben hat, muss nach einer weiteren, anders begründeten und mit einer Fristsetzung nach § 12 Abs. 3 VVG versehenen Ablehnung seines Anspruchs nicht erneut Klage erheben, um eine Verwirkung seines Anspruchs zu vermeiden.

2. Ein Versicherungsnehmer, der Berufsunfähigkeit wegen psychischer Befindlichkeitsstörungen behauptet, kann gehalten sein, näher darzulegen, welche gesundheitlichen Hindernisse ihn in welcher konkreten Weise beeinträchtigen, Anforderungen seines Berufs zu erfüllen.

3. Führen zeitgleich mit behaupteten gesundheitlichen auch tatsächliche wirtschaftliche Gründe dazu, dass ein mitarbeitender Betriebsinhaber seine berufliche Tätigkeit einstellt, so ist der Versicherungsfall nur eingetreten, wenn er auch ohne die ökonomische Entwicklung gesundheitlich nicht mehr hätte weiter arbeiten können.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 27.04.2005; Aktenzeichen 12 O 167/03)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das am 27.4.2005 verkündete Urteil des LG Saarbrücken - 12 O 167/03 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass der am 5.3.2002 geschlossene Risikolebensversicherungsvertrag mit eingeschlossener Berufsunfähigkeitszusatzversicherung, Versicherungsscheinnummer OOOOO, weder durch den Rücktritt der Beklagten vom 27.11.2002 noch durch den Rücktritt der Beklagten vom 14.1.2003 noch durch die Anfechtung der Beklagten vom 6.10.2003 beendet worden ist. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Anschlussberufung der Beklagten gegen das am 27.4.2005 verkündete Urteil des LG Saarbrücken - 12 O 167/03 - wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 2/3, die Beklagte zu 1/3.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die gegen sie gerichtete Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die jeweils andere Partei in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

5. Der Streitwert wird auf des Berufungsverfahrens wird auf 56.688,15 EUR festgesetzt.

6. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger von der Beklagten aus einer abgeschlossenen Berufsunfähigkeitszusatzversicherung Leistungen beanspruchen kann und das eine Risikolebensversicherung einschließende Vertragsverhältnis fortbesteht, nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 27.11.2004 (Bl. 24-27 d.A.) den Rücktritt vom Berufsunfähigkeitszusatzversicherungsvertrag, mit Schreiben vom 14.1.2003 (Bl. 29-31 d.A.) den Rücktritt vom Risikolebensversicherungsvertrag und vom Berufsunfähigkeitszusatzversicherungsvertrag erklärt und den Versicherungsvertrag zudem unter dem 6.10.2003 (Bl. 86-88 d.A.) wegen arglistiger Täuschung angefochten hat.

Der Kläger ist ausgebildeter Agrotechniker und war zuletzt tätig als Gesellschaftergeschäftsführer der von ihm seit 1997 geführten W.-GmbH, einem Gas-Wasser-Sanitär-Unternehmen, tätig. Das Unternehmen beschäftigte zuletzt vier Mitarbeiter und setzte bei Bedarf Subunternehmer ein. Der Kläger selbst begann seinen Arbeitstag mit einer Mitarbeiterbesprechung von 45 bis 60 Minuten, erledigte dann "Büroarbeiten", bei denen ihm für die Vorbereitung der steuerlichen Beratung eine Hilfskraft zur Verfügung stand, für die Dauer von zwei Stunden, transportierte danach Kleinmaterialien zu den Baustellen, die er zugleich besichtigte ohne selbst Hand anzulegen, und erledigte danach ab dem frühen Nachmittag für zwei bis drei Stunden erneut "Büroarbeiten" (Bearbeitung der Post, Telefonate, Bestellungen, Bearbeitung von "Problemen, die sich so ergeben haben").

Der Kläger beantragte am 10.1.2002/5.2.2001 bei der Beklagten eine Risikolebens- und Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (Bl. 49/50). In dem Antragsformular bejahte er - auf Rückfrage der Beklagten wegen zunächst bestätigter ärztlicher Behandlungen in den letzten 10 Jahren (Wann? Weshalb? Wie behandelt? Folgen?) - in der Rubrik "Gesundheitserklärung der zu versichernden Person" die Frage 1 "Litten Sie in den letzten 10 Jahren, oder leiden Sie zur Zeit an Krankheiten, Störungen oder Beschwerden (z.B. Herz oder Kreislauf, Atmungs-, Verdauungs-, Harn- oder Geschlechtsorgane, Wirbelsäule, Nerven, Psyche, Blut, Zucker, Fettstoffwechsel, Geschwülste oder sonstige Krankheiten)? Wann, woran, wie lange, Folgen?" und führte als Erläuterung aus "Bluthochdruck in Behandlung; Bandscheibenvorfall". Die Frage 3 "Sind Sie in den letzten 10 Jahren untersucht, beraten, behandelt oder operiert worden? Wann und weshalb, beanspruchte Ärzte?" ist ebenfalls mit "Ja" beantwortet und hierzu erläuternd angegeben: "Dr. med. H.W.

Die Beklagte policierte den Vertrag am 5.3.2002 unter Ausschluss einer schmerzhaft bedingten Minderbelastbarkeit und aller Bewegungsstörungen der gesamten Wirbelsäule und der beteiligten Wirbelsäulenmuskulatur sowie wirbelsäulenbedingter neurologis...

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