Leitsatz (amtlich)

1. Der für eine Fahrzeugreparatur erforderliche Arbeitsaufwand kann im Normalfall auf der Grundlage des Audatex-Systems in Verbindung mit der Sachkunde eines Kfz-Sachverständigen geschätzt werden.

2. Zu Grunde zu legen sind die Stundenverrechnungssatz und die Ersatzteilkosten einer markengebundenen Fachwerkstatt, auch wenn es sich um die teure Werkstätte einer Luxusmarke handelt. Stehen jedoch mehrere markengebundene Fachwerkstätten zur Auswahl und haben diese bei gleichartigen Leistungen unterschiedliche Preise, so ist der Geschädigte gehalten, die günstigste Werkstatt zu beauftragen.

3. Dem Geschädigten sind gem. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB die erforderlichen Sachverständigenkosten zu erstatten, wobei der Geschädigte zwar den günstigsten Weg zu wählen hat, jedoch zur Darlegung der Schadenshöhe regelmäßig die Vorlage einer Rechnung des in Anspruch genommenen Sachverständigen ausreicht. Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Betrages. Dies gilt sowohl für das Grundhonorar als auch für die Nebenkosten (Schreib- und Kopierkosten, Fahrtauslagen etc). Eine Beschränkung auf pauschale Nebenkosten i.H.v. 100 EUR kommt nicht in Betracht. (Anschluss an die Rechtsprechung BGH, Urt. v. 11.2.2014 - VI ZR 225/13 und Abgrenzung vom LG Saarbrücken).

4. Dem Geschädigten steht lediglich die Unkostenpauschale i.H.v. 25 EUR zu, nicht i.H.v. 30 EUR oder mehr.

5. Anwaltskosten sind im Regelfall lediglich in Höhe einer Geschäftsgebühr von 1,3 zu erstatten, nur in mit außergewöhnlichen Schwierigkeiten verbundenen Fällen, etwa des Erfordernisses einer vorherigen umfangreichen Klärung der Sach- und Rechtslage durch den Rechtsanwalt, in Höhe einer darüber hinausgehenden Gebühr, namentlich einer Geschäftsgebühr von 1,8.

6. Die Rechtsanwaltskosten für eine Deckungsanfrage beim Rechtsschutzversicherer sind zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung weder erforderlich noch zweckmäßig.

 

Normenkette

BGB § 249 Abs. 2 S. 1, § 251; ZPO § 287; RVG § 14

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 19.02.2013; Aktenzeichen 9 O 251/11)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das am 19.2.2013 verkündete Urteil des LG Saarbrücken (9 O 251/11) dahingehend abgeändert und wie folgt neu gefasst:

"1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 3.813,99 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten jährlich über dem Basiszinssatz seit dem 29.4.2011 zu zahlen.

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner weiterhin verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Kosten i.H.v. 402,82 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten jährlich über dem Basiszinssatz seit dem 29.4.2011 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen."

Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 28 % und die Beklagen als Gesamtschuldner zu 72 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 87,5 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 12,5 %. Die Kosten der Streithilfe erster Instanz tragen der Streithelfer zu 28 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 72 %. Die Kosten der Streithilfe zweiter Instanz tragen der Streithelfer zu 87,5 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 12,5 %.

III. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche auf Grund eines Verkehrsunfalls, der sich am 6.4.2011 gegen 12 Uhr in B. ereignete.

Zwischen den Parteien ist die Einstandspflicht des Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 2) als Haftpflichtversicherer des unfallbeteiligten Beklagtenfahrzeugs dem Grunde nach unstreitig. Streit besteht über die Höhe des geltend gemachten Schadens.

Der Kläger holte außergerichtlich ein Gutachten des Kfz-Sachverständigen und Streithelfers A. M. vom 8.4.2011 ein (Bl. 28 d.A.), welches zu Nettoreparaturkosten von 4.026,77 EUR und einer Wertminderung von 300,- EUR kommt. Für das Gutachten zahlte der Kläger 950,22 EUR an den Streithelfer.

Der Kläger hat behauptet, die von dem Streithelfer kalkulierten Reparaturkosten beträfen ausschließlich unfallbedingte Schäden. Es seien keinerlei Vorschäden vorhanden gewesen.

Die Reparaturkosten seien auch in der dargestellten Höhe erstattungsfähig. Er, der Kläger, müsse sich insbesondere nicht auf billigere Stundenverrechnungssätze anderer Werkstätten verweisen lassen. Er habe sein Fahrzeug bei der M.- B. Niederlassung in S. erworben und es seither dort auch inspizieren und warten lassen. Aus diesem Grund habe er auch einen Anspruch auf Erstattung der Kosten einer Reparatur in dieser Werkstatt. Es könne nicht sein, dass er viel später und lange, nachdem er sich für die fiktive Abrechnung entschieden habe, von dem beklagten Haftpflichtversicherer auf eine günstigere und behauptetermaßen gleichwertige Reparatur verwiesen werden könne. Die Rechtsprechung des BGH sei insoweit nicht zu Ende gedacht und kranke daran, dass der...

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