Verfahrensgang
Tenor
Auf Antrag der Zeugin M. S. wird der Kläger angewiesen, sich während der gerichtlichen Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugin aus dem Sitzungssaal zu entfernen.
Gründe
Der Ausschluss des Klägers während der gerichtlichen Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugin ist antragsgemäß anzuordnen.
1. Besteht die ernsthafte Gefahr, dass ein Zeuge in Gegenwart einer Partei keine wahrheitsgemäße Aussage machen werde (vgl. § 247 Abs. 1 Satz 1 StPO), oder besteht bei der Vernehmung einer Person als Zeuge in Gegenwart einer Partei die dringende Gefahr eines schwerwiegenden Nachteils für die Gesundheit der Auskunftsperson (vgl. § 247 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 StPO), dann kann das Zivilgericht nach herrschender Meinung gemäß dem im Zivilprozess entsprechend heranzuziehenden Rechtsgedanken des § 247 StPO anordnen, dass während der Vernehmung des Zeugen die betreffende Partei den Sitzungssaal zu verlassen hat (OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 04.10.1993 - 3 WF 107/93, FamRZ 1994, 1400; vom 13.01.2003 - 25 W 97/02, OLGR 2003, 130 [bereits an der Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde gegen die vom LG ausgesprochene Anordnung zweifelnd]; AK-ZPO/Rüßmann, § 357 Rn. 6; MünchKomm-ZPO/Heinrich, 4. Aufl. § 357 Rn. 9; Musielak/Voit/Stadler, ZPO 13. Aufl. § 357 Rn. 4; Prütting/Gehrlein/Lindner, ZPO 8. Aufl. § 357 Rn. 6; Stein/Jonas/Berger, ZPO 23. Aufl. § 357 Rn. 15; Wieczorek/Schütze/Ahrens, ZPO 4. Aufl. § 357 Rn. 29; ders., Der Beweis im Zivilprozess 1. Aufl. Kap. 5 § 14 Rn. 30; Zöller/Greger, ZPO 31. Aufl. § 357 Rn. 3a). Die Gegenauffassung, die annimmt, § 247 StPO sei im Zivilprozess nicht entsprechend anwendbar (OLG Koblenz, Beschluss vom 15.03.2011 - 5 W 145/11, MDR 2011, 1320; i. Erg. ebenso Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 74. Aufl. § 357 Rn. 2: kein Amtsermittlungsgrundsatz im Zivilprozess und kein "besonderes Gewaltverhältnis" zur "Partei"), überzeugt nicht. Insoweit ist zunächst festzuhalten, dass der Beschluss des OLG Koblenz den Sonderfall eines selbständigen Beweisverfahrens nach §§ 485 ff. ZPO betraf, in dem es sich um eine Lärmpegelmessung bezüglich 12 unmittelbar an einer Grundstücksgrenze in einem Zwinger gehaltener Schäferhunde durch einen gerichtlichen Sachverständigen im Rahmen eines Streits zwischen Nachbarn handelte. Das OLG Koblenz ging nach Ablehnung einer Anordnung durch das dortige LG bereits von der Unzulässigkeit des dagegen eingelegten Rechtsmittels aus (aaO, juris Rn. 5), weshalb sich die Verneinung der analogen Anwendbarkeit des § 247 StPO durch das OLG Koblenz bei näherer Betrachtung als nicht entscheidungserhebliche Erwägung (obiter dictum) darstellt. Das OLG Koblenz hat - ohne Auseinandersetzung mit der herrschenden Meinung im Zivilprozess - in diesem Rahmen angenommen, die ZPO weise keine Regelungslücke auf, die es erfordere und gestatte, auf eine derart verfahrensfremde Ausnahmevorschrift zurückzugreifen. Auch die konkreten Verfahrensituationen seien nicht vergleichbar. § 247 StPO betreffe die Beweiserhebung unmittelbar durch das Gericht. Im Beweisverfahren nach §§ 485 ff. ZPO gehe es aber um die Erhebung von Befundtatsachen durch eine gerichtliche Hilfsperson, den Sachverständigen. Die Rollen von Antragsteller und Antragsgegner im Verfahren nach §§ 485 ff. ZPO seien nicht mit den Rollen der Beteiligten eines Strafprozesses vergleichbar. Unbeschadet der hier nicht gegebenen Besonderheiten des selbständigen Beweisverfahrens trifft die These des Fehlens einer (planwidrigen) Regelungslücke nicht zu. So ist etwa in Bezug auf die Ablehnung von Beweisanträgen die entsprechende Anwendbarkeit von § 244 Abs. 3 bis 5 StPO anerkannt (vgl. BGH, Urteil vom 17.02.1970 - 111 ZR 139/67, BGHZ 53, 245, 259; Beschluss 24.06.2003 - VI ZR 327/02, NJW 2003, 2527, 2528), obwohl der Gesetzgeber bei zahlreichen Novellen des Beweisrechts der ZPO weder die strafrechtliche Regelung aufgegriffen noch zivilprozessuale Regelungen hierzu getroffen hat. Hinsichtlich des von § 247 StPO ersichtlich bezweckten Schutzes von Zeugen (KK-StPO/Diemer, 7. Aufl. § 247 Rn. 11) ist die Interessenlage im Zivilprozess nicht wesentlich anders als im Strafprozess. Insoweit hat das OLG Frankfurt überzeugend ausgeführt, dass gerade Zeugen als Personen, die sich auch gegen ihren Willen als Beweismittel in fremde Zivilprozesse - hier geht es um einen Regressprozess gegen eine Gutachterin - ziehen lassen und nicht nur im staatlichen Interesse der Gewährleistung der Zivilrechtspflege, sondern auch für fremde private Interessen - hier nach den Klageanträgen: Vermögensinteressen - zur Verfügung stehen müssen, in besonderer Weise ein Recht auf Wahrung ihrer eigenen Grundrechte als Personen haben, was die Wahrung ihrer psychischen Gesundheit einschließt (OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 13.01.2003 - 25 W 97/02, OLGR 2003, 130).
2. In der Sache kommt der Ausschluss einer Partei nur unter engen Voraussetzungen in Betracht, d.h. es muss eine auf bestimmte Umstände gegründete hohe Wahrsc...