Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum nachbarrechtlichen Anspruch auf Rückschnitt von in Reihe gepflanzten Fichten
Leitsatz (amtlich)
Die allgemeine, jedem Baum innewohnende Gefahr, bei orkanartigen Stürmen umzustürzen, rechtfertigt den Anspruch auf Beseitigung bzw. Rückschnitt eines Baumes jedenfalls dann noch nicht, wenn der äußerlich vitale Baum keine Merkmale zeigt, die auf ein gesteigertes Risiko hindeuten.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 23.12.2005; Aktenzeichen 15 O 32/05) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das am 23.12.2005 verkündete Urteil des LG Saarbrücken - 15 O 32/05 - wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert wird auf 15.000 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Die Parteien sind Grundstücksnachbarn; die Klägerin ist die Schwester der Beklagten zu 1).
Etwa 1974 pflanzten die Parteien entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze eine Fichtenreihe sowie weitere Bäume auf ihren jeweiligen Grundstücken. Im Jahr 2003 ließen die Klägerin und ihr Ehemann die auf ihrem Grundstück stehenden Bäume entfernen. Auf Bitten der Klägerin hatten die Beklagten bereits im Jahre 1995/1996 einen Teil der auf ihrem Grundstück stehenden Bäume entfernt, wobei allerdings die auf das Grundstück der Klägerin hinübergewachsenen Wurzeln nicht beseitigt worden waren.
Die Klägerin verlangt nunmehr von den Beklagten die Beseitigung der 14 an der gemeinsamen Grundstücksgrenze stehenden Fichten mit einer Höhe von circa 15 bis 20m, hilfsweise deren Rückschnitt, sowie die Beseitigung aller auf ihr Grundstück gewachsener Wurzeln.
Durch das angefochtene Urteil (Bl. 130 ff.), auf dessen tatsächliche und rechtliche Feststellungen vollumfänglich gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das LG die Klage abgewiesen.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter. Sie ist der Auffassung, ihr stehe ein Beseitigungsanspruch aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis in Verbindung mit Treu und Glauben zu. Das LG habe bei der vorzunehmenden Abwägung ihre Belange nicht ausreichend berücksichtigt. Durch die Fichtenhecke sei ab 14:00 Uhr das gesamte Grundstück zwischen Wohnhaus und Fichtenreihe verschattet, so dass sie dort weder einen Nutzgarten noch einen Rosengarten anlegen könne. Zudem werde ihrem Grundstück durch die auf ihr Grundstück gewachsenen Wurzeln Wasser entzogen, was einer vernünftigen Nutzung ebenfalls entgegenstehe. Die streitbefangene Fläche sei auch die einzige Stelle ihres Grundstücks, an der noch ein Rosengarten und ein Nutzgarten angelegt werden könnten. Die Fichten stünden wie eine Mauer von 15m Höhe, die durch abgestorbene Äste noch verunstaltet werde. Die Beklagten verweigerten die Entfernung lediglich aus Schikane. Hinzu komme, dass nach dem Sachverständigengutachten bei einer Windstärke 8 Umsturzgefahr bestehe, wobei die Bäume auch auf das Wohnhaus fallen könnten. Dieser Gefahr müsse sie sich nach Treu und Glauben nicht aussetzen.
Jedenfalls hätte das LG zumindest eine Kappung der Fichten in einer Höhe zusprechen müssen, in der ihr Überleben gesichert sei. Nicht nachvollziehbar sei auch, warum die Wurzeln der früher vorhandenen Bäume nicht zu entfernen seien.
Die Klägerin beantragt (Bl. 184.f, 199),
I. unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung die Beklagten zu verurteilen, die an der gemeinsamen Grundstücksgrenze stehenden 14 Fichten mit einer Höhe von ca. 15 bis 20m inklusive der Wurzeln, soweit sie auf das klägerische Grundstück reichen, zu beseitigen
II. unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung die Beklagten zu verurteilen, die Wurzeln von den Fichten, die in der Vergangenheit entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze auf dem Grundstück der Beklagten gefällt worden sind und die auf das klägerische Grundstück herüberreichen, zu beseitigen
III. hilfsweise unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung die Beklagten zu verurteilen, die an der gemeinsamen Grundstücksgrenze stehenden 14 Fichten mit einer Höhe von ca. 15 bis 20m auf eine Höhe von 3m, hilfsweise auf eine höhere Höhe, die zu einem Überleben der 14 Fichten führt, zurückzuschneiden
IV. unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung die Beklagten zu verurteilen, die Wurzeln der 14 Fichten, soweit sie auf das klägerische Grundstück reichen, zu beseitigen.
Die Beklagten beantragen (Bl. 174, 199), die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres früheren Vorbringens.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 14.12.2006 (Bl. 199) Bezug genommen.
B. Die Berufung der Klägerin ist nach den §§ 511, 513, 517, 519 und 520 ZPO statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, mithin zulässig.
In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg, denn...