Leitsatz (amtlich)
1. Ist ein Fahrzeug bei Gefahrübergang mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung i. S. von Art. 5 Abs. 2 Satz 1 VO (EG) 715/2007 ausgestattet, auf Grund derer die Gefahr einer Betriebsuntersagung bzw. Betriebsbeschränkung besteht, eignet sich das Fahrzeug nicht für die gewöhnliche Verwendung und ist daher mit einem Sachmangel behaftet.
2. Wird in diesem Fall durch den Hersteller des Fahrzeugs ein Software-Update zur Verfügung gestellt, das nach Mitteilung des Kraftfahrtbundesamts geeignet ist, die Gefahr einer Betriebsuntersagung bzw. Betriebsbeschränkung abzuwenden, stellt das Aufspielen dieses Updates grundsätzlich eine Möglichkeit der Nacherfüllung dar.
3. Verlangt der Käufer stattdessen die Lieferung eines fabrikneuen typengleichen Ersatzfahrzeugs, kann sich der Verkäufer nach den Umständen des Einzelfalls auf die Einrede der sog. relativen Unverhältnismäßigkeit berufen.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Aktenzeichen 12 0 14/17) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das am 5. Oktober 2017 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken - 12 0 14/17 - wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Der Kläger macht gegenüber der Beklagten einen Nacherfüllungsanspruch aus einem Kaufvertrag über einen Pkw, der von dem sog. Dieselabgasskandal betroffen ist, geltend und begehrt in diesem Zusammenhang die Lieferung eines typengleichen Neufahrzeugs.
Der Kläger bestellte am 23. Oktober 2009 bei der zum Vertrieb von Fahrzeugen der Marke Audi autorisierten Beklagten ein Neufahrzeug der Marke Audi A5 Sportback 2.0 TDI zu einem Kaufpreis einschließlich Überführungspauschale und Zulassungskosten von 45.070 EUR, wobei sich nach Abzug eines durch die Beklagte gewährten Nachlasses in Höhe von 4.427 EUR ein zu zahlender Endpreis von 40.643 EUR ergab. Das Fahrzeug wurde dem Kläger nach Zahlung des Kaufpreises am 6. Dezember 2009 übergeben. In das Fahrzeug ist ein Dieselmotor der Baureihe EA 189 (Abgasnorm Euro 5) eingebaut, der mit einer Software ausgestattet ist, die den Stickstoffausstoß auf dem Prüfstand (Modus 1) gegenüber dem normalen Fahrbetrieb (Modus 0) infolge einer höheren Abgasrückführungsrate reduziert. Das Kraftfahrt-Bundesamt hat diesbezüglich die Auffassung vertreten, dass es sich bei der verwendeten Software um eine unzulässige Abschalteinrichtung handele und hat ausweislich einer durch den Kläger vorgelegten Pressemitteilung vom 16. Oktober 2015 mit Bescheid vom 15. Oktober 2015 dem Fahrzeughersteller gegenüber den Rückruf von Fahrzeugen zum Zwecke der Entfernung dieser Abschalteinrichtung angeordnet. Mit anwaltlichem Schreiben vom 30. August 2016 forderte der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung auf den 11. Oktober 2016 zur Nachlieferung eines vertragsgemäßen, mangelfreien Neufahrzeugs auf, was die Beklagte mit Schreiben vom 12. September 2016 ablehnte. Die Beklagte verwies darauf, dass der Fahrzeughersteller dem Kraftfahrtbundesamt konkrete technische Maßnahmen in Bezug auf die betroffenen Motoren vorgestellt habe, die von dort aus bestätigt worden seien, wobei in Bezug auf das streitgegenständliche Fahrzeug ein Software- Update ausreichend sei. Über den Zeitplan der Umsetzung der für den Kläger kostenlosen Maßnahme werde sobald wie möglich informiert werden. Mitte des Jahres 2018 wurde bei dem Fahrzeug des Klägers das Software-Update installiert
Der Kläger hat behauptet, dass das Fahrzeug mangelhaft sei, weil es die vereinbarte Beschaffenheit hinsichtlich der Einhaltung der Abgasnorm Euro 5 sowie die zulassungsrelevante Gesetzeskonformität im Hinblick auf die gesetzlichen Schadstoffgrenzen nicht aufweise. Die bei dem Fahrzeug vorliegende Programmierung der Motorsteuerungssoftware stelle eine unzulässige Abschalteinrichtung i. S. von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2007 dar. Darüber hinaus ergebe sich ein Sachmangel im Hinblick darauf, dass das Fahrzeug nicht die Eigenschaften aufweise, die er auf Grund öffentlicher Äußerungen des Herstellers habe erwarten können. Er hat die Auffassung vertreten, dass eine Nachlieferung möglich sei, da der Hersteller das streitgegenständliche Fahrzeug in nahezu identischer Ausstattung mit lediglich den Anforderungen der Euro-6-Norm angepasstem Aggregat sowie veränderter PS-Zahl anbiete. Dass sich die Beklagte nicht auf die Unmöglichkeit der Nachlieferung berufen könne, ergebe sich auch aus ihren in das vorliegende Vertragsverhältnis einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen, in denen es unter Ziff. IV. 6. wie folgt heiße: "Konstruktions- und Formänderungen, Abwei...