Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterhaltsvorschuss. Fahrlässigkeit. Mitteilungspflicht. Ersatz. Erstattung von Unterhaltsvorschuss
Leitsatz (amtlich)
1. § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Unterhaltsvorschussgesetzes – UVG – lässt – im Gegensatz zu § 45 Abs. 2 i.V.m. § 50 SGB X – einen einfachen Fahrlässigkeitsvorwurf genügen.
2. Die Nichtbeachtung von in Merkblättern festgehaltenen Verpflichtungen begründet grundsätzlich einen Fahrlässigkeitsvorwurf nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 UVG.
3. Der Mitteilungsverpflichtung nach § 6 Abs. 4 UVG wird grundsätzlich nur Genüge getan, wenn die Mitteilung gegenüber der für die Unterhaltsvorschussleistung zuständigen Stelle des Jugendamtes erfolgt.
4. § 5 Abs. 1 Nr. 1 UVG und § 7 UVG stehen in keinem Nachrangigkeitsverhältnis zueinander.
Normenkette
UVG § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 6 Abs. 4, § 7; BAföG § 47a; SGB X § 45 Abs. 2, § 50; BSHG §§ 90-91
Verfahrensgang
VG Leipzig (Urteil vom 30.10.2003; Aktenzeichen 2 K 843/01) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 30. Oktober 2003 – 2 K 843/01 – wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen ihre Verpflichtung zur Erstattung von Unterhaltsvorschussleistungen an die Beklagte.
Sie ist die leibliche Mutter des 1990 geborenen Kindes M.. Nach der Scheidung der Klägerin vom Kindesvater im Jahr 1995 wurde ihr das alleinige Sorgerecht übertragen. Auf ihren Antrag hin gewährte das damals noch zuständige Jugendamt beim Landratsamt des Landkreises Leipziger Land ab 1.6.1996 dem Kind M. Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz – UVG – in Höhe von 280,00 DM/Monat. Am 6.7.1997 heiratete die Klägerin wieder, ohne dass sie dies dem Jugendamt mitteilte. Die Leistungen flossen bis zum 31.1.2000 weiter. Nachdem dem nunmehr zuständigen Jugendamt der Beklagten nach einer Postrücksendung bekannt geworden war, dass die Klägerin unbekannt verzogen sei, stellte es die Zahlungen zum 1.2.2000 ein. Daraufhin meldete sich die Klägerin beim Jugendamt, woraufhin diesem der vollständige Sachverhalt bekannt wurde. Mit Bescheid vom 10.4.2000 stellte das Jugendamt deshalb die Leistungen mit Wirkung vom 1.1.1998 ein und forderte die Klägerin unter Bezugnahme auf § 5 Abs. 1 UVG zur Erstattung überzahlter Leistungen in Höhe von 6.629,00 DM auf. Hiergegen legte die Klägerin am 5.5.2000 Widerspruch mit der Begründung ein, dass die Beklagte sich gemäß § 7 Abs. 1 UVG zunächst an den Kindesvater hätte wenden müssen. Der Übergang des Unterhaltsanspruches finde auch statt, wenn daneben ein Ersatzanspruch gegen den alleinerziehenden Elternteil nach § 5 Abs. 1 UVG bestehe. Die Klägerin wies ferner darauf hin, dass eine Rückzahlungsverpflichtung einen Fahrlässigkeitsvorwurf von einigem Gewicht voraussetze. Im Rahmen des Namensänderungsverfahrens des Kindes beim Landratsamt sei diesem die erneute Heirat der Klägerin bekannt geworden, zumal das Jugendamt dort selbst angehört worden sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 18.5.2001 wies das Regierungspräsidium Leipzig den Widerspruch der Klägerin zurück, weil diese ihren Mitteilungspflichten aus dem Bewilligungsbescheid nicht nachgekommen sei und sie zudem gegenüber dem Kindesvater für die Dauer seines zwischenzeitlich als Zweitausbildung aufgenommenen Studiums Unterhaltsverzicht erklärt habe. Im Hinblick auf § 7 UVG bestehe allenfalls eine Anspruchskonkurrenz; es sei gerechtfertigt, die Klägerin in Anspruch zu nehmen, da es sich bei dem Anspruch nach § 5 UVG um einen eigenständigen Schadensersatzanspruch handele und zu befürchten stehe, dass bei einer Inanspruchnahme des Kindesvaters dessen Zahlungsmoral für den laufenden Unterhalt leiden könnte.
Am 28.5.2001 erhob die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht Leipzig, die sie im Wesentlichen damit begründete, dass die Argumentation der Widerspruchsbehörde nicht tragfähig sei. Im Falle einer Zahlungsverpflichtung der Klägerin wachse ihr ein Regressanspruch gegen den Kindesvater zu, der dessen Zahlungsmoral ebenso beeinträchtigen könne wie ein Anspruch des Jugendamtes. Mit Urteil vom 30.10.2003 wies das Verwaltungsgericht die Klage mit der Begründung ab, dass die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 UVG vorlägen. Mit der erneuten Heirat der Klägerin seien die Unterhaltsvorschussansprüche entfallen. Gleichzeitig sei die Anzeigepflicht nach § 6 Abs. 4 UVG ausgelöst worden. Der Klägerin sei auch ein erheblicher Fahrlässigkeitsvorwurf zu machen. Denn jedenfalls nachdem sie auch nach der Heirat weiterhin Unterhaltsvorschussleistungen erhalten habe, habe ihr klar sein müssen, dass das Jugendamt von der Hochzeit keine Kenntnis erhalten habe. Im Übrigen lasse sich dem Gesetz keine Rangfolge der Ansprüche aus § 5 und § 7 UVG entnehmen, so dass die Klägerin habe in Anspruch genommen werden können. Das Urteil wurde der Klägerin am 18.11.2003 zugestellt.
Auf den Antrag der Klägerin vom 18.12.2003 hat der Senat d...