Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit von Indexklauseln im Gewerbemietrecht nach dem Preisklauselgesetz (PreisKG)
Leitsatz (amtlich)
1. Die Unwirksamkeit einer Indexklausel wegen mangelnder Bestimmtheit kann sich sowohl aus § 1 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Ziff. 2 Preisklauselgesetz (PrKG) ("wenn die Preisklausel hinreichend bestimmt ist") als auch aus § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB ("Bestimmung nicht klar und verständlich") ergeben. Der Prüfungsmaßstab ist für beide Vorschriften identisch.
2. Die Beurteilung des Inhalts einer Indexklausel ist aus objektivierter Sicht vorzunehmen. Maßgebend sind die Verständnismöglichkeiten des typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden Durchschnittskunden. Insoweit ist der Verwender zwar gehalten, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar, einfach und präzise darzustellen. Dazu gehört es, die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen erkennbar zu machen. Die Transparenzanforderungen dürfen indes nicht überspannt werden. Die Verpflichtung, den Inhalt der Klausel klar und verständlich zu formulieren, will den Verwender nicht zwingen, jede Klausel gleichsam mit einem Kommentar zu versehen (vgl. Grüneberg/Grüneberg, BGB, 82. Aufl., § 307 Rn. 21 f. m.w.N.).
3. Das Wort eine in der Formulierung "nach Ablauf eines Jahres" ist im Regelfall als unbestimmter Artikel (im Sinne einer wiederkehrenden Anpassung nach jeweils einem Jahr) zu verstehen.
4. Soll die die Anpassung der Miete jeweils nach Ablauf eines Jahres "entsprechend" der Veränderung des Verbraucherpreisindexes erfolgen, ist Bezugsgröße die jeweilige prozentuale Veränderung des Verbraucherpreisindexes, wobei die Veränderung des Verbraucherpreisindexes zu einer gleichen prozentualen Veränderung (Erhöhung oder Senkung) der (Netto-)Miete führt. Ebenso macht es auch das vom Statistischen Bundesamt zur Verfügung gestellte Berechnungsprogramm (https://www.destatis.de/DE/Themen/Wirtschaft/Preise/Verbraucherpreisindex/Methoden/ Internetprogramm.html), das bei Eingabe der vorhandenen jeweiligen Anfangs- und Enddaten des Mietanpassungszeitraums die prozentuale Veränderung des Verbraucherpreisindexes in diesem Zeitraum sowie die daraus resultierende, ebenfalls prozentuale Veränderung des Mietzinses auswirft.
5. Einer Angabe des Basisjahrs zur Berechnung der Mietänderung bedarf es jedenfalls bei einer Indexmietvereinbarung, bei der die Mietentwicklung an die prozentuale Änderung des Verbraucherpreisindexes geknüpft ist, nicht. Anders ist dies bei einer sogenannten Punkteklausel, bei welcher maßgebend ist, ob die Indexentwicklung einen bestimmten Punktwert erreicht (ebenso BGH, Urteil vom 26. Mai 2021 - VIII ZR 42/20, juris Rn. 29ff.).
6. Auch durch die Angabe "nach Ablauf eines Vertragsjahres" ohne festen Ausgangswert für den Beginn der Berechnung wird eine Indexklausel nicht unverständlich (vgl. BGH a.a.O. Rn. 39 zu der Formulierung, wonach "der Mietzins jeweils mindestens ein Jahr unverändert" bleibt). Dass in der Klausel darüber hinaus nicht ausdrücklich geregelt ist, zu welchem Zeitpunkt die Frist für die Berechnung beginnen soll, macht diese ebenfalls nicht intransparent (vgl. BGH a.a.O. Rn. 39).
7. Sofern vertraglich nicht ausnahmsweise etwas anderes vereinbart wurde, tritt nach § 8 PrKG die Unwirksamkeit einer Indexklausel erst zum Zeitpunkt der rechtskräftig festgestellten Unzulässigkeit der Klausel ein. Bis dahin ist sie wirksam.
Normenkette
BGB § 307 Abs. 1 S. 2; PrKG § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 2, § 8
Verfahrensgang
LG Kiel (Urteil vom 06.09.2023; Aktenzeichen 4 O 31/23) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Kiel vom 06.09.2023, Az. 4 O 31/23, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Der Senat beabsichtigt, den Gegenstandswert für das Berufungsverfahren - wie in erster Instanz - auf 21.989,52 EUR festzusetzen.
3. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Indexklausel in dem zwischen ihnen bestehenden Gewerbemietvertrag.
§ 3 des am 18.01.2017 unterzeichneten Mietvertrages lautet:
"Die Miete beträgt monatlich netto 2400,00 EUR (in Worten zweitausendvierhundertfünfzig EUR/ Monat). Die Parteien vereinbaren eine Anpassung des Mietzinses nach Ablauf eines Vertragsjahres an den Verbraucherpreisindex (VPI); steigt oder fällt dieser, kann die jeweils berechtigte Partei schriftlich entsprechende Mietzinserhöhung oder Senkung verlangen."
Hinsichtlich des weiteren Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils.
Das Landgericht hat der Klage ganz ü...