Verfahrensgang
AG Schleswig (Aktenzeichen 920 F 9/20) |
Tenor
I. Der Senat weist darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Beschwerde der Kindesmutter gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Schleswig vom 5. Februar 2021 (Datum der Übergabe an die Geschäftsstelle) als unzulässig zu verwerfen.
II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sollen der Kindesmutter auferlegt werden.
III. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren soll auf 5.000 EUR festgesetzt werden.
IV. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 2 Wochen.
Gründe
I. Die Beschwerde der Kindesmutter gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Schleswig vom 5. Februar 2021 ist gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 Hs. 1 IntFamRVG, § 58 Abs. 1 FamFG statthaft. Sie ist auch gem. § 40 Abs. 2 Satz 2 IntFamRVG, § 63 Abs. 3, § 64 Abs. 1 Satz 1 FamFG fristgerecht innerhalb von zwei Wochen ab der schriftlichen Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses beim Amtsgericht Schleswig eingelegt worden. Der familiengerichtliche Beschluss ist der Verfahrensbevollmächtigten der Kindesmutter am 5. Februar 2021 zugestellt worden, die Beschwerdeschrift der Kindesmutter ist am 18. Februar 2021 vorab per Fax und damit noch vor Ablauf der Beschwerdefrist beim Familiengericht eingegangen.
Die Beschwerde ist allerdings nicht gem. § 40 Abs. 2 Satz 2 IntFamRVG innerhalb von zwei Wochen begründet worden. Bei der fristgerechten Begründung der Beschwerde gegen eine Entscheidung im Verfahren nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen handelt es sich nach der in der oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung inzwischen einhellig vertretenen Auffassung um eine Zulässigkeitsvoraussetzung. Wird die Beschwerde entgegen § 40 Abs. 2 Satz 2 IntFamRVG nicht fristgerecht begründet, so ist sie nicht in der gesetzlichen Frist eingelegt - § 68 Abs. 2 Satz 1 FamFG - und dementsprechend gem. § 68 Abs. 2 Satz 2 FamFG als unzulässig zu verwerfen (OLG Stuttgart, FamRZ 2020, 2024; OLG Jena, Beschluss vom 2. Juli 2018, Az. 4 UF 141/18, BeckRS 2018, 42962; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 13. Juni 2018, Az. 2 UF 100/18, BeckRS 2018, 453134; OLG Koblenz, FamRZ 2017, 135; OLG Bamberg, FamRZ 2016, 835; vgl. auch MünchKommFamFG/ Gottwald, 3. Auflage, 2019, § 40 IntFamRVG, Rn. 3; Heiderhoff in: Bork/Jacoby/Schwab, FamFG, 3. Auflage, 2018, § 40 IntFamRVG, Rn. 2; Wagner in: Internationales Familienverfahrensgesetz, 1. Auflage, 2012, § 40 IntFamRVG, Rn. 2).
Der Wortlaut des § 40 Abs. 2 Satz 2 IntFamRVG sieht ausdrücklich und eindeutig vor, dass die Beschwerde innerhalb von zwei Wochen einzulegen und zu begründen ist.
Während die allgemeinen Regelungen des FamFG für Familiensachen, die keine Familienstreitsachen sind, eine Frist lediglich für die Einlegung der Beschwerde vorsehen und hinsichtlich der Beschwerdebegründung die Bestimmung enthalten, dass die Beschwerde begründet werden soll (§ 65 Abs. 1 FamFG), enthält das IntFamRVG als Ausführungsgesetz im Sinne von § 97 Abs. 2 FamFG und damit als gegenüber dem FamFG in seinem Anwendungsbereich vorrangiges Gesetz in § 40 Abs. 2 Satz 2 auch eine (zwingende) Begründungsfrist für Beschwerden in Verfahren nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen.
Nach dem Willen des Gesetzgebers sollten die nach § 40 Abs. 2 Satz 1 IntFamRVG grundsätzlich für anwendbar erklärten Vorschriften des FamFG über die Beschwerde modifiziert werden, um den Beschleunigungsvorgaben des Haager Kindesentführungsübereinkommens weiterhin gerecht zu werden (vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs des FGG-Reformgesetzes, BT-Drs. 16/6308, S. 332). Bei Verfahren nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen handele es sich um besonders eilbedürftige Verfahren, was sich insbesondere aus Art. 11 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 ("Brüssel IIa-Verordnung") ergebe, auf den § 38 Abs. 1 Satz 3 IntFamRVG Bezug nehme (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs des FGG-Reformgesetzes, a.a.O.). Art. 11 Abs. 3 der Brüssel IIa-Verordnung sieht vor, dass sich das Gericht, bei dem die Rückgabe eines Kindes nach Art. 11 Abs. 1 der Brüssel IIa-Verordnung beantragt wird, mit gebotener Eile mit dem Antrag befasst und sich dabei der zügigsten Verfahren des nationalen Rechts bedient. Unbeschadet dessen erlässt das Gericht seine Anordnung spätestens sechs Wochen nach seiner Befassung mit dem Antrag, es sei denn, dass dies aufgrund außergewöhnlicher Umstände nicht möglich ist (Art. 11 Abs. 3 Unterabsatz 2 der Brüssel IIa-Verordnung).
Sinn und Zweck der in § 40 Abs. 2 Satz 2 IntFamRVG vorgesehenen Begründungsfrist von zwei Wochen ist es damit, den strengen Beschleunigungsvorgaben des Art. 11 Abs. 3 der Brüssel IIa-Verordnung gerecht zu werden und (auch) dem Beschwerdegericht eine gerichtliche Entscheidung innerhalb von sechs Wochen zu ermöglichen. Würde es sich bei der Begründungsfrist nicht um eine Zulässigkeitsvoraussetzung handeln, müsste das Beschwerdegericht eine noch nach Fristablauf eingehende Begründung zur Wahrung des rechtlichen Gehörs im weiteren Verfahren und bei seiner Entscheidung berücksichti...