Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufopferungsanspruch eines Wohnungseigentümers bei von ihm durch Baumaßnahmen am Gemeinschaftseigentum zugefügten Schaden
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Wohnungseigentümer kann aus dem Gesichtspunkt der Aufopferung entsprechend § 14 Nr. 4 Halbs. 2 WEG Schadensersatz - auch in der Form einer ordnungsgemäßen Wiederherstellung - von der Wohnungseigentümergemeinschaft verlangen, wenn ihm durch Baumaßnahmen am Gemeinschaftseigentum, die ordnungsgemäßer Verwaltung ensprechen und er deshalb hinnehmen muss, an seinem Sondereigentum ein Schaden entsteht.
2. Dieser Grundsatz gilt entsprechend, wenn der Schaden am Gemeinschaftseigentum entsteht, für das dem Wohnungseigentümer in der Teilungserklärung dessen Instandhaltung und Instandsetzung auferlegt worden ist.
3. Ein Aufopferungsanspruch kann ausgeschlossen sein, wenn es dem Wohnungseigentümer zumutbar war, den Schaden durch geeignete Maßnahmen abzuwenden.
Normenkette
WEG § 14 Nr. 4 Hs. 2; BGB § 906 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
LG Kiel (Beschluss vom 08.02.2006; Aktenzeichen 3 T 183/03) |
AG Eckernförde (Aktenzeichen 6 II 8/02) |
Tenor
Die angefochtene Entscheidung wird geändert.
Der Antrag des Beteiligten zu 1) vom 2.4.2002 wird abgewiesen.
Der Beteiligte zu 1) hat die gerichtlichen Kosten der zweiten und dritten Instanz zu tragen.
Außergerichtliche Kosten in der zweiten und dritten Instanz sind nicht zu erstatten.
Der Geschäftswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde beträgt 1.644,23 EUR.
Gründe
Der Beteiligte zu 1) ist in Erbengemeinschaft mit seiner Tochter zur Hälfte Eigentümer einer Wohnung der eingangs genannten Anlage. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1b) der Teilungserklärung vom 11.7.1962 ist den Wohnungseigentümern die Verpflichtung auferlegt, die Fenster mit Fensterrahmen auf ihre Kosten instandzuhalten und instandzusetzen. Am 2.6.1999 fasste die Wohnungseigentümergemeinschaft den unangefochten gebliebenen Beschluss, eine Wärmedämmfassade zu erstellen und die Balkone - insb. deren Fußböden - zu sanieren. Der von den Wohnungseigentümern mit der Ausarbeitung des Modernisierungs- und Sanierungskonzeptes beauftragte Architekt empfahl in seinen Schreiben vom 21.2.2000 und 27.4.2000, die alten Holzfenster vor Beginn der Fassadenarbeiten gegen neue Kunststofffenster auszutauschen. Der Unterhaltungs- und Wartungszustand der alten Fenster erscheine einwandfrei, jedoch entspreche ihre Fugendichtigkeit, Wärme- und Schalldämmung nicht mehr dem derzeitigen Stand der Technik. Ferner forderten die DIN-Normen zwischen der Balkontürschwelle und dem Fliesenbelag einen Höhenunterschied von 15 cm. Der Beteiligte zu 1) nahm einen Austausch des alten Balkontür-Fensterelements nicht vor. Infolge der Sanierung wurde der Wärmedämmputz auf dem Sturz über seiner Balkontür soweit heruntergezogen, dass sich diese gerade noch öffnen, aber nicht mehr zu Wartungs- und Reparaturzwecken aus den Angeln heben ließ. Ferner wurde bei der Aufbringung des neuen Fußbodenbelags ein circa 6 cmg roßer Spalt vor seiner Balkontür gelassen, weil sich diese wegen des Gefälles beim Heranlegen der Fliesen nicht mehr hätte öffnen lassen. Aus diesem Grunde wurden auch die Fliesensockel rechts und links neben der Balkontür nicht bis zur Tür herangeführt. Bei der Einsetzung eines neuen Tür-Fensterelements hätten diese Unzuträglichkeiten vermieden werden können.
Der Beteiligte zu 1) forderte von der Beteiligten zu 3) (Verwalterin) auf der Grundlage des von ihm eingeholten Gutachtens des Sachverständigen R. vom 30.5.2001 die Beseitigung der "Mängel". Diese erklärte sich bereit, mit dem Verwaltungsbeirat eine einvernehmlicheg ütliche Regelung der Angelegenheit ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht auf dem Wege der Kulanz herbeizuführen. Dies lehnte der Beteiligte zu 1) ab. Er hat am 2.4.2002 beantragt, die Beteiligten zu 2) (übrige Wohnungseigentümer) und 3. als Gesamtschuldner zu "verurteilen",
1. an seinem Wohnungseigentum binnen einer Frist von einem Monat, gerechnet ab Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung, folgende Maßnahmen durchführen zu lassen:
a) über dem Anschlag der Balkontür einen 5 cm breiten Putzstreifen unterseitig am Sturz so einzukerben, dass die Balkontür zu Reparatur- und Wartungszwecken aus den Angelng ehoben werden kann,
b) den Fliesensockel auf dem Boden des Balkons unmittelbar vor der Balkontür oberflächenbündig bis zur Schwelle der Balkontür zu verlängern,
c) die Balkontür nach den Regeln der Baukunst, insb. nach den Flachdachrichtlinien des Deutschen Dachdeckerhandwerks, unter Berücksichtigung einer sinnvollen Dichtungskonstruktion zu kürzen und eine ordnungsgemäß Abdichtung gegen Wind und Wetter herzustellen,
d) nach Ablauf der o.g. Frist ihn zur Ersatzvornahme der unter Nr. 1 a) bis c) genannten Arbeiten zu ermächtigen.
2. Die Kosten für das von ihm in Auftrag gegebene Privatgutachten i.H.v. 644,23 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Deuschen Bundesbank p.a. seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beteiligten zu 2) und 3. sind dem Antr...