Entscheidungsstichwort (Thema)

Angebotsausschluss wegen fehlender Nachunternehmererklärung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Enthält ein Angebot nicht die geforderten Angaben über Art und Umfang der Nachunternehmerleistungen und die Namen der Nachunternehmer, ist es - zwingend - aus der Angebotswertung auszuschließen.

2. Ob es früher "ständige Praxis" war, Nachunternehmererklärungen erst nach Angebotsabgabe anzufordern, ist unerheblich. Eine derartige Praxis wäre vergaberechtswidrig gewesen und ihre Fortführung könnte auch nach Treu und Glauben nicht beansprucht werden.

 

Verfahrensgang

Vergabekammer Schleswig-Holstein (Beschluss vom 23.07.2004; Aktenzeichen VK-SH 19/04)

 

Tenor

Die sofortigen Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer Schleswig-Holstein vom 23.7.2004 - VK-SH 21/04 - wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert beträgt 279.916,85 Euro.

 

Tatbestand

Die Vergabestelle schrieb im offenen Verfahren Bauarbeiten aus. Die Bieter hatten Art und Umfang der durch Nachunternehmer zu erbringenden Leistungen und die vorgesehenen Nachunternehmer zu benennen.

Das Angebot der Beschwerdeführerin (Bf.) enthielt den Zusatz, dass die Nachunternehmer bei Auftragserteilung benannt werden sollten; ein Nachunternehmerverzeichnis war nicht beigefügt. Dies war bei dem Angebot der Beigeladenen (Bg.) der Fall.

Die Vergabestelle führte mit der Bf. anschließend Gespräche, in deren Verlauf die Nachunternehmer und der Umfang ihres Einsatzes mitgeteilt wurden. Daraufhin kündigte die Vergabestelle einen Zuschlag auf das Angebot der Bf. an.

Auf den Nachprüfungsantrag der Bg. verpflichtete die Vergabekammer die Vergabestelle zur Wiederholung der Wertung der Angebote. In den Gründen wurde ausgeführt, das Angebot der Bf. sei auszuschließen, weil die geforderte Nachunternehmererklärung nicht vorgelegen habe. Diese könne auch nicht "nachgeschoben" werden.

Die sofortige Beschwerde der Bf. blieb ohne Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Beschwerdegegnerin zu 2) (im Folgenden: Vergabestelle) schrieb im offenen Verfahren Straßen- und Kanalbauarbeiten für die Osttangente in F. aus. Die Bieter hatten nach Ziff. 6 der Bewerbungsbedingungen zur Ausschreibung ggf. Art und Umfang der durch Nachunternehmer auszuführenden Leistungen und die vorgesehenen Nachunternehmer benennen; danach war den Ausschreibungsunterlagen als Anlage ein Nachunternehmerverzeichnis beizufügen.

Bei der Submission wurden vier Angebote geöffnet. Das Angebot der Beschwerdeführerin (Bf.) enthielt den günstigsten, das der Beschwerdegegnerin zu 1) (im Folgenden: Bg. 1) den zweitgünstigsten Endpreis. Dem Angebot der Bf. war der Zusatz beigefügt, dass die Nachunternehmer bei Auftragserteilung benannt werden sollten; ein Nachunternehmerverzeichnis war nicht beigefügt. Dies war bei dem Angebot der Bg. 1) der Fall.

Die Vergabestelle führte mit der Bf. anschließend Gespräche; auf schriftliche Anforderung der Vergabestelle, in dem auf den "Fremdanteil" des Angebots von 40 % hingewiesen wurde, teilte die Bf. mit Schreiben vom 11.6.2004 die vorgesehenen Nachunternehmer und den Umfang ihres Einsatzes mit. Am Tag zuvor unterrichtete die Vergabestelle die Bg. 1) darüber, dass der Zuschlag nicht auf deren Angebot erteilt werden könne, da dieses nicht das Günstigste sei. Diese rügte daraufhin am 16.6.2004, dass den Anforderungen des § 13 VgV nicht genügt worden sei und Nebenangebote zu Unrecht unberücksichtigt geblieben seien. Auch müsse der Nachunternehmereinsatz geprüft werden. In der Folgekorrespondenz wiederholte die Bg. 1) ihre Zweifel an den Angaben zum Nachunternehmereinsatz. Die Vergabestelle teilte daraufhin mit Schreiben vom 21.6.2004 mit, es bleibe bei der am 10.6.2004 mitgeteilten Vergabeabsicht.

Auf den am 23.6.2006 zugestellten Nachprüfungsantrag verpflichtete die Vergabekammer mit Beschluss vom 5.8.2004 die Vergabestelle zur Wiederholung der Wertung der Angebote unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer. In den Gründen wird i.w. ausgeführt, das Angebot der Bf. sei gem. § 25 Nr. 1 Abs. 1b, § 21 Nr. 1 Abs. 1 S. 3 VOB/A zwingend aus der Angebotswertung auszuschließen, weil die geforderte Nachunternehmererklärung nicht vorgelegen habe. Diese könne - auch in einem sog. Aufklärungsgespräch - nicht "nachgeschoben" werden. Ob ein "Nachschieben" früher von der Vergabestelle zugelassen worden sei, sei unerheblich, weil eine solche Praxis - hätte sie vorgelegen - rechtswidrig gewesen sei. Ob die Wertung von - zugelassenen - Nebenangeboten den Forderungen aus § 25 Nr. 5 Abs. 1 S. 1 VOB/A entsprochen habe, und ob die Mitteilung nach § 13 VgV ordnungsgemäß erfolgt sei, könne offen bleiben. Bei "verständiger Auslegung" komme nunmehr allein die Bg. 1) für die Zuschlagerteilung in Betracht.

Gegen den am 5.8. zugestellten Beschluss hat die Bf. am 19.8.2004 sofortige Beschwerde erhoben. Sie meint, der Zuschlag sei auf ihr Angebot zu erteilen, denn es sei das Wirtschaftlichste. Sie behauptet, in Flensburg sei es ständige Praxis ...

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