Entscheidungsstichwort (Thema)

Erhöhte Vergleichsgebühr bei Regelung nicht anhängiger Ansprüche

 

Leitsatz (amtlich)

Werden vor dem Berufungsgericht nicht anhängige Ansprüche mitverglichen, erhält der Anwalt insoweit eine 19,5/10 Vergleichsgebühr.

 

Normenkette

BRAGO § 11 Abs. 1 S. 4, § 23 Abs. 1 S. 1

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss der Rechtspflegerin bei dem LG Flensburg vom 26.10.2001 geändert:

Die den Antragstellern von den Antragsgegnern zu erstattenden Kosten werden auf 293,77 EUR nebst 4 % Zinsen seit dem 5.10.2001 festgesetzt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen den Antragsgegnern als Gesamtschuldnern nach einem Beschwerdewert von 293,77 EUR zur Last.

 

Gründe

I. Die gem. §§ 11 Abs. 1 RPflG, 19 Abs. 2 S. 3 BRAGO, 104 Abs. 3, 567 Abs. 2, 577 ZPO zulässige Beschwerde ist begründet.

1. Dass eine 19,5/10 Vergleichsgebühr anfällt, wenn in der Berufungsinstanz nicht anhängige Ansprüche mit verglichen werden, hat bereits der 5. Familiensenat des hiesigen OLG mit Beschluss vom 01.07.1999 dargelegt (OLG Schleswig v. 1.7.1999, JurBüro 1999, 586 m.w.N. auch zur Gegenauffassung). Dem tritt der erkennende Senat bei. Der Zugrundelegung einer 19,5/10 Vergleichsgebühr lässt sich nicht mit Erfolg entgegen halten, dass es sich insoweit um gerichtlich nicht anhängige Ansprüche handelt (so aber etwa OLG Stuttgart JurBüro 1998, 585; v. Eicken/Madert, NJW 1996, 1649 [1650]). § 11 Abs. 1 S. 4 BRAGO knüpft die Erhöhung um 3/10 der Gebühren lediglich an die Formulierung „im Berufungsverfahren” an. Darunter lassen sich ohne weiteres auch solche Ansprüche verstehen, die zwar nicht gerichtlich anhängig gewesen sind, aber vor dem Berufungsgericht und damit im Berufungsverfahren mit verglichen werden (zutreffend OLG Köln JurBüro 2000, 246; KG v. 14.10.1997 – 1 W 3875/97, KGReport Berlin 1998, 90 [91]). Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber mit der Erhöhung der Vergleichsgebühr für nicht gerichtlich anhängige Ansprüche auf 15/10 diese von der Anwendung des § 11 Abs. 1 S. 4 BRAGO ausnehmen wollte. Vor allem aber gilt es dem Umstand Rechnung zu tragen, dass mit der erhöhten Vergleichsgebühr des § 23 Abs. 1 S. 1 BRAGO ein gegenüber früherem Recht verstärkter Anreiz für die Anwaltschaft geschaffen werden sollte, durch den vermehrten Abschluss von Vergleichen dafür Sorge zu tragen, dass noch nicht rechtshängige Ansprüche gar nicht erst zur gerichtlichen Entscheidung gestellt werden (OLG Nürnberg JurBüro 1999, 586 [587] m.w.N.; KG v. 14.10.1997 – 1 W 3875/97, KGReport Berlin 1998, 90 [91]). Schließlich genießt die hier zugrunde gelegte Auffassung den Vorzug, dass systematische Friktionen vermieden werden, in die die Gegenauffassung zwangsläufig geraten muss, wenn sie für die Prozessgebühr des § 32 Abs. 2 BRAGO annimmt, diese erhöhe sich bei der Protokollierung eines Vergleichs im Berufungsverfahren nach § 11 Abs. 1 S. 4 BRAGO, weil eine „im Berufungsverfahren” entfaltete anwaltliche Tätigkeit entgolten werde (vgl. v. Eicken/Madert, NJW 1996, 1649 [1650]).

2. Nach allem haben die Antragsgegner den Antragstellern die im Kostenfestsetzungsantrag vom 4.10.2001 zutreffend errechnete verbleibende Forderung von 574,56 DM zu erstatten, was dem tenorierten Betrag von 293,77 EUR entspricht.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 100 Abs. 4 ZPO sowie auf Nr. 1953 des Kostenverzeichnisses zum GKG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1109475

MDR 2002, 421

Rpfleger 2002, 331

AGS 2002, 123

BRAGOreport 2002, 58

OLGR-BHS 2002, 130

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