Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufklärungspflicht einer Bank bei Finanzierung einer Eigentumswohnung, die möglicherweise zu einem sittenwidrig überhöhten Kaufpreis erworben wurde

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Offenbarungspflicht der Bank beschränkt sich auf das Wissen, das bei ihr vorhanden ist. Es gibt keine allgemeine Vermutung, dass eine Bank von der seitens des Vermittlers vorgenommenen arglistigen Täuschung über maßgebliche wertbildende Faktoren (etwa von einer sittenwidrigen Überteuerung der Immobilie) Kenntnis hatte. Eine Bank ist nicht verpflichtet, sich einen Wissensvorsprung durch Auswertung von Unterlagen oder durch Nachforschungen erst zu verschaffen.

2. Die bloße Erkennbarkeit unrichtiger Tatsachen wird der Kenntnis von unrichtigen Tatsachen nur gleichgestellt, wenn die unrichtigen Angaben des Verkäufers oder der für sie tätigen Vermittler nach den Umständen des Falles so evident sind, dass sich aufdrängt, die Bank habe sich der Kenntnis der arglistigen Täuschung geradezu verschlossen.

3. Die Zurechnung möglicher Beratungspflichtverletzungen des Anlagenvermittlers im Zusammenhang mit dem Erwerb der Eigentumswohnung kommt nach § 278 BGB nicht in Betracht. Der Vermittler ist insoweit kein Erfüllungsgehilfe der Bank. Möglicherweise falsche Erklärungen zum Wert des Objekts betreffen nur die Rentabilität des Anlageobjekts und liegen damit außerhalb des Pflichtenkreises der Bank.

4. Am Vorliegen eines institutionalisierten Zusammenwirkens fehlt es, wenn ein Kreditinstitut lediglich von Zeit zu Zeit auf Initiative des Verkäufers Finanzierungswünsche geprüft und Finanzierungen übernommen hat. Die Voraussetzungen sind auch dann nicht erfüllt, wenn die Bank auf Ersuchen die von ihr vorbereiteten und unterschriebenen Darlehensformulare an den Vermittler zur Unterzeichnung an den Darlehensnehmer weiterreicht.

 

Normenkette

BGB §§ 166, 241 Abs. 2, §§ 278, 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Kiel (Aktenzeichen 6 O 339/08)

 

Tenor

I. Die Kläger werden gem. § 522 Abs. 2 ZPO darauf hingewiesen, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg bietet, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil nicht erfordert und deshalb beabsichtigt ist, sie aus den nachfolgenden Gründen ohne mündliche Verhandlung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

II. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen, wenn die Berufung nicht aus Kostengründen innerhalb der genannten Frist zurückgenommen werden sollte.

III. Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für den zweiten Rechtszug auf 151.497,64 EUR festzusetzen.

 

Gründe

Die Berufung hat i.S.v. § 522 Abs. 2 ZPO keine Aussicht auf Erfolg. Auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung wird vollumfänglich Bezug genommen. Die Ausführungen der Kläger aus der Berufungsbegründung vom 28.1.2010 rechtfertigen keine andere Entscheidung.

Den Klägern stehen keine Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte wegen Verletzung von Aufklärungspflichten gem. §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB zu.

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH (BGH WM 2000, 1685 ff.; WM 2005, 375, 377; WM 2006, 1194, 1199; WM 2007 1651, 1652; WM 2007 1831, 1832) ist eine Bank grundsätzlich nicht verpflichtet, den Darlehensnehmer vor einem für ihn ungünstigen Vertragsschluss zu warnen und ihn über die Gefahren und Risiken der Darlehensverwendung aufzuklären. Insbesondere muss die Bank nicht auf Bedenken gegen die Zweckmäßigkeit der Kreditaufnahme hinweisen; das Verwendungsrisiko trägt vielmehr - selbst bei riskantem Geschäft - grundsätzlich allein der Kunde. Dementsprechend trifft die Bank in der Regel auch keine Pflicht, den Kreditnehmer über etwaige Bedenken gegen die Werthaltigkeit oder Rentabilität der Anlage oder die einzelnen Bestandteile des Verkaufspreises des Objekts aufzuklären (BGH v. 22.1.2008 - XI ZR 3/06, veröffentlicht in juris). Die kreditgebende Bank darf vielmehr grundsätzlich davon ausgehen, dass die Kunden entweder selbst über die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen verfügen oder sich jedenfalls der Hilfe von Fachleuten bedient haben.

Nur ausnahmsweise können sich Aufklärungs- und Hinweispflichten aus den besonderen Umständen des Einzelfalls ergeben. Dies kann der Fall sein, wenn die Bank im Zusammenhang mit der Planung der Durchführung oder dem Vertrieb des Projekts über ihre Rolle als Kreditgeberin hinausgeht, wenn sie einen zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken hinzutretenden besonderen Gefährdungstatbestand für den Kunden schafft oder dessen Entstehung begünstigt, wenn sie sich im Zusammenhang mit der Kreditgewährung sowohl an den Immobilienverkäufer/Bauträger als auch an die einzelnen Erwerber in schwerwiegende Interessenkonflikte verwickelt oder wenn sie in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann (ständige Rechtsprechung des BGH, u.a. WM 2004, 417, 418; WM 20...

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