Verfahrensgang
LG Lübeck (Entscheidung vom 17.06.2010) |
Tenor
1. Die Beschwerde wird als unbegründet verworfen.
2. Mit dieser Entscheidung ist die Anordnung der Aussetzung der Entlassung des Untergebrachten hinfällig.
3. Die Entlassung des Untergebrachten obliegt der Vollstreckungsbehörde.
4. Die Staatskasse hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und dem Untergebrachten die ihm im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.
Gründe
Durch Urteil vom 20. August 1990 hat die VIII. Große Strafkammer des Landgerichts Lübeck den Untergebrachten wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und 6 Monaten verurteilt. Dabei hat die Strafkammer - sachverständig beraten - festgestellt, dass es sich bei dem Untergebrachten um einen gefährlichen Hangtäter handele und hat daher neben der Freiheitsstrafe auch die Maßregel der (erstmaligen) Unterbringung in der Sicherungsverwahrung gemäß § 66 Abs. 1 StGB in der damals geltenden Fassung angeordnet.
Die Strafe aus diesem Urteil aus hat der Untergebrachte bis zum 4. Juni 1993 vollständig verbüßt. Die Sicherungsverwahrung wurde unmittelbar daran anschließend vollstreckt, bis sie durch Beschluss der Strafvollstreckungskammer 5 c. des Landgerichts Lübeck vom 11. Dezember 1996 ab dem 15. Dezember 1996 zur Bewährung ausgesetzt wurde. Wegen einer am 1. Dezember 1997 in Stralsund begangenen Vergewaltigung mit Todesfolge, die am 30. Juli 1998 zu einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren durch das Landgericht Stralsund führte, ist die Bewährung durch Beschluss der Strafvollstreckungskammer 5 c des Landgerichts Lübeck vom 16. Januar 1998 widerrufen worden. Nachdem auch die Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Stralsund am 26. Januar 2002 vollständig verbüßt war, befindet er sich seit dem 27. Januar 2002 wieder in der Sicherungsverwahrung. Zehn Jahre der Sicherungsverwahrung waren am 29. Mai 2007 verbüßt.
Nach Erlass und Bekanntwerden der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zu den sogenannten "Altfällen" der Sicherungsverwahrung vom 17. Dezember 2009 hat die Staatsanwaltschaft bei dem Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht gemäß § 145 Abs. 1 GVG die an sich der örtlich zuständigen Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Lübeck obliegenden Aufgaben als Vollstreckungsbehörde an sich gezogen und hat in der Folgezeit bei der örtlich zuständigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Lübeck beantragt, gemäß § 67 e Abs. 1 StGB - außerhalb der turnusgemäß vorgeschriebenen Fortdauerentscheidungen - eine Entscheidung über die Fortdauer der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung dahingehend zu treffen, dass diese auch im Lichte der genannten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte fortgesetzt werden dürfe.
Diesen Antrag hat die Strafvollstreckungskammer abschlägig beschieden. Sie hat auf Grundlage des § 67 d Abs. 4 Satz 1 und 2 StGB in der zurzeit geltenden Fassung (deklaratorisch) festgestellt, dass die Maßregel erledigt sei, weil die für "Altfälle" weiterhin geltende Höchstfrist von 10 Jahren des § 67 d Abs. 1 StGB a. F. zu beachten und überschritten sei.
Zugleich hat die Strafvollstreckungskammer durch den angefochtenen Beschluss Dauer und Ausgestaltung der von Gesetzes wegen (§ 67 d Abs. 4 Satz 3 StGB) eintretenden Führungsaufsicht geregelt und hat - da die Staatsanwaltschaft für den Fall nicht antragsgemäßer Entscheidung bereits die Einlegung eines Rechtsmittels angekündigt hatte - gestützt auf § 307 Abs. 2 StPO entschieden, dass die Vollziehung des Beschlusses längstens bis zur Entscheidung des Beschwerdegerichts auszusetzen sei.
Gegen diesen Beschluss hat die Staatsanwaltschaft bei dem Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht Beschwerde eingelegt.
Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft ist zulässig. Dabei kann aus Sicht des Senats offen bleiben, ob der Ansatz der Strafvollstreckungskammer zutrifft, dass es sich vorliegend um eine Entscheidung nach § 67 d Abs. 4 StGB handelte - mit der Folge, dass diese mit einer einfachen Beschwerde nach § 304 StPO anfechtbar wäre oder ob es sich tatsächlich um eine Entscheidung gemäß den §§ 463 und 458 Abs. 1 StPO über die Frage der Zulässigkeit der (weiteren) Vollstreckung oder aber - wozu der Senat neigt und wie es die Staatsanwaltschaft beantragt hatte - um eine Fortdauerentscheidung nach § 67 e Abs. 1 StPO handelte, wobei die beiden letztgenannten Entscheidungen mit einer sofortigen Beschwerde anzufechten gewesen wären. Denn auch die Beschwerdefrist des § 311 Abs. 2 StPO wäre im vorliegenden Fall eingehalten; auch bei einer mit der sofortigen Beschwerde anfechtbaren Entscheidung wäre die Strafvollstreckungskammer berechtigt gewesen, gemäß § 307 Abs. 2 StPO die Vollziehung der Entscheidung auszusetzen (Meyer-Goßner, StPO 53. Aufl., § 307, Rn. 2) und der Senat ist in jedem Fall für die Entscheidung über das Rechtsmittel zuständig.
Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft ist unbegründet. Der Untergebrachte ist ...