Entscheidungsstichwort (Thema)
Verwalterbestellung durch die Wohnungseigentümerversammlung
Leitsatz (amtlich)
1. Ist in der Einberufung einer Wohnungseigentümerversammlung der Beschlussgegenstand mit "Neuwahl eines Verwalters" bezeichnet, so ist für jeden Wohnungseigentümer erkennbar, dass nicht nur die Bestellung eines Verwalters beschlossen werden soll, sondern auch die wesentlichen Bedingungen des Verwaltervertrages.
2. Wird in einer Wohnungseigentümerversammlung "die Fortsetzung des Verwaltervertrages" beschlossen, so ist der Beschluss dahin auszulegen, dass er auch die Neubestellung des Verwalters umfasst.
3. Bei der Wiederwahl des Verwalters bedarf es grundsätzlich nicht der Unterbreitung von Alternativangeboten.
4. Ein Verwalter ist in Ausübung gebundener Vollmachten nicht anwesender Wohnungseigentümer nicht gehindert, an der eigenen Wahl mitzuwirken.
5. Sieht die Teilungserklärung bei mehreren Wohnblöcken vor, dass für die Verwaltungseinheit, die das gemeinschaftliche Eigentum umfasst, soweit nicht das Sonder- und Teileigentum der übrigen Verwaltungseinheiten betroffen ist, die Beschlussfassung im Wege des schriftlichen Verfahrens durch schriftliche Stimmabgabe innerhalb der für die übrigen Verwaltungseinheiten einberufenen Versammlungen erfolgt, und zur Gültigkeit des Beschlusses ausreicht, dass die zustimmenden Wohnungseigentümer mehr als die Hälfte sämtlicher Miteigentumsanteile der Verwaltungseinheiten vertreten, so verletzt dieses Verfahren nicht das Gebot des Minderheitenschutzes.
Normenkette
WEG § 23 Abs. 2-3, § 26
Verfahrensgang
LG Lübeck (Beschluss vom 25.01.2005; Aktenzeichen 3 T 99/04) |
AG Oldenburg i.H. (Aktenzeichen 7 (18) II 9/02) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird geändert.
Die Anträge der Beteiligten zu 1)-3) auf Ungültigkeitserklärung der Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung vom 27.4.2002 unter TOP 9, 11a und 12 des Protokolls werden zurückgewiesen.
Hinsichtlich der Tragung der gerichtlichen Kosten gilt folgendes:
1. Instanz: Beteiligte zu 1)-3) 55 %, Beteiligte zu 4) 45 %.
2. und 3. Instanz: Beteiligte zu 1)-3) allein.
Außergerichtliche Kosten sind in allen Instanzen nicht zu erstatten.
Der Geschäftswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde beträgt 205.000 EUR.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1)-3) haben die Ungültigerklärung einiger Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung vom 27.4.2002 beantragt.
Nach Teil III § 9 Abs. 1 der Teilungserklärung vom 16.5.1973 (TE) besteht die Anlage aus 5 Verwaltungseinheiten. Die Verwaltungseinheit V umfasst das gemeinschaftliche Eigentum, soweit nicht das Sonder- und Teileigentum der übrigen Verwaltungseinheiten berührt ist. Für Angelegenheiten, die nur das zur Verwaltungseinheit V gehörende Gemeinschaftseigentum betreffen, sind alle Wohnungseigentümer stimmberechtigt. Nach Teil III § 13 Abs. 3 TE obliegt die Instandhaltung und Instandsetzung des zur Verwaltungseinheit V gehörenden gemeinschaftlichen Eigentums der Gemeinschaft aller Wohnungseigentümer. Nach Teil III § 18 Abs. 1 TE werden Angelegenheiten, über welche die Wohnungseigentümer entscheiden können, für die Verwaltungseinheiten I bis IV durch Beschlussfassung in einer Versammlung der zu der jeweiligen Verwaltungseinheit gehörenden Wohnungseigentümer und für die Verwaltungseinheit V durch Beschlussfassung im schriftlichen Verfahren geordnet. Jeder Miteigentumsanteil gewährt dem jeweiligen Wohnungseigentümer eine Stimme.
§ 18 Abs. 9 TE bestimmt:
"Für die Verwaltungseinheit V erfolgt die Beschlussfassung ohne Wohnungseigentümerversammlung im Wege des schriftlichen Verfahrens durch schriftliche Stimmabgabe innerhalb der für die Verwaltungseinheiten I-IV einberufenen Versammlungen. Zur Gültigkeit eines schriftlichen Beschlusses ist es erforderlich, dass die Wohnungseigentümer, von denen schriftliche Zustimmungserklärungen vorliegen, mehr als die Hälfte sämtlicher Miteigentumsanteile der Verwaltungseinheiten I-IV vertreten. Die in der Versammlung der jeweiligen Verwaltungseinheit abgegebenen Ja- und Nein-Stimmen werden für die Gesamtheit der Verwaltungseinheiten I-IV zusammengezählt. Ergibt die Auszählung der abgegebenen Ja-Stimmen nicht die erforderliche Mehrheit, obliegt es dem Verwalter, diejenigen Wohnungseigentümer, die bei der jeweils abgehaltenen Wohnungseigentümerversammlung nicht anwesend bzw. vertreten gewesen sind, durch Einschreiben zur schriftlichen Stimmabgabe binnen 14 Tagen aufzufordern. Wird auch auf diesem Wege nicht die erforderliche Mehrheit erreicht, gilt der zur schriftlichen Beschlussfassung gestellte Antrag als abgelehnt ... Der Verwalter ist verpflichtet, den Wohnungseigentümern das Ergebnis im schriftlichen Verfahren gefasster oder abgelehnter Beschlüsse innerhalb eins Monats schriftlich mitzuteilen."
Mit Schreiben vom 10.4.2002 lud die Beteiligte zu 5) die Wohnungseigentümer zur Versammlung am 27.4.2002 ein. In der Tagesordnung war u.a. unter TOP 9 die "Verwalterneuwahl" angekündigt. Zur Erläuterung wies die Beteiligte zu 5) darauf hin, dass ihr Verwaltervertrag ...