Leitsatz (amtlich)
Wenn das Gericht nach § 278 Abs. 6 S. 2 ZPO das Zustandekommen und denn Inhalt eines Vergleichs durch Beschluss feststellt, fällt eine Gebühr nach § 35 BRAGO nicht an.
Verfahrensgang
LG Lübeck (Aktenzeichen 8 O 136/02) |
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Beschwerde fallen der Klägerin nach einem Beschwerdewert von 978 Euro zur Last.
Gründe
Die nach §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3 S. 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist nicht begründet. Die Voraussetzungen des § 35 BRAGO liegen nicht vor, wenn das Gericht nach dem neuen § 278 Abs. 6 S. 2 ZPO das Zustandekommen und den Inhalt eines nach S. 1 dieser Bestimmung geschlossenen Vergleichs durch Beschluss feststellt.
Nach bisherigem Recht musste ein den Prozess beendender und zur Zwangsvollstreckung berechtigender Prozessvergleich i.S.d. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO vor Gericht abgeschlossen und nach §§ 160 Abs. 3 Nr. 1, 162 ZPO protokolliert werden. Mit der Neuregelung ist der Abschluss eines Vergleichs dadurch erleichtert, dass die Parteien nicht mehr vor Gericht erscheinen müssen, sondern einen schriftlichen Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz annehmen können (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 279 Rz. 24). Der gerichtliche Beschluss nach § 278 Abs. 6 S. 2 ZPO soll damit allein die ansonsten erforderliche Protokollierung eines Vergleichs in der mündlichen Verhandlung ersetzen. Diese Erleichterung bringt für die beteiligten Prozessbevollmächtigten weder eine erhöhte Verantwortung noch eine intensivere Prüfungspflicht (vgl. zu dieser ratio des § 35 BRAGO: VGH München, NVwZ-RR 1996, 365). Sie erspart ihnen lediglich den Weg zu Gericht. Es wäre unsinnig, dass bei Abschluss eines Vergleichs im Termin zur mündlichen Verhandlung vor Erörterung und Antragstellung eine Verhandlungsgebühr nicht anfällt, wohl aber bei Abschluss eines Vergleichs nach § 278 Abs. 6 ZPO ohne eine der Erörterung oder der Verhandlung entsprechenden anwaltlichen Leistung. In der Ablehnung eines schriftlichen gerichtlichen Vergleichsvorschlages nur mit dem Ziel, nach einer an sich sinnlosen, nur dem Anfall einer Gebühr dienenden Erörterung und Verhandlung denselben Vergleich dann doch abzuschließen, liegt keine vertretbare Alternative (so aber Enders, JurBüro 2003, 1 ff. [3] als „Praxistip”), sondern eine anwaltliche Pflichtverletzung.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 97 Abs. 1 ZPO, Nr. 1957 KV GKG.
Fundstellen
Haufe-Index 1109597 |
JurBüro 2003, 301 |
MDR 2003, 956 |
OLGR Düsseldorf 2003, 64 |
OLGR Frankfurt 2003, 64 |
OLGR Hamm 2003, 64 |
OLGR Köln 2003, 64 |
SchlHA 2003, 148 |
AGS 2003, 247 |
KG-Report 2003, 64 |
KammerForum 2003, 409 |
NJOZ 2004, 3172 |
OLGR-BHS 2003, 219 |
OLGR-BHS 2003, 64 |
OLGR-CBO 2003, 64 |
OLGR-KSZ 2003, 64 |
OLGR-KS 2003, 64 |
OLGR-MBN 2003, 64 |
OLGR-NBL 2003, 64 |