Verfahrensgang

AG Itzehoe (Urteil vom 23.12.2004; Aktenzeichen 76 F 695/04)

 

Tenor

Der Beklagten wird die für die beabsichtigte Berufung gegen das am 23.12.2004 verkündete Urteil des AG Itzehoe - FamG - nachgesuchte Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht versagt.

 

Gründe

Die beabsichtigte Berufung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, § 114 ZPO.

Das FamG hat mit zutreffenden Gründen festgestellt, dass der Kläger derzeit nicht verpflichtet ist, Kindesunterhalt an die Beklagte zu zahlen.

Das vom Beklagten seit dem 1.8.2004 nur aus Leistungen der Sozialhilfe erzielte Einkommen ist so gering, dass er davon Kindesunterhalt nicht zahlen kann. Der Beklagte absolviert seit dem 1.8.2004 eine Umschulung zum Veranstaltungskaufmann, die aus Sozialhilfemitteln finanziert wird. Die Umschulung ist noch nicht abgeschlossen. Erst nach Beendigung der Umschulungsmaßnahme besteht für die Beklagte wieder die Aussicht, Unterhaltszahlungen vom Kläger bekommen zu können.

Dem Beklagten kann Einkommen auch nicht fiktiv zugerechnet werden. Voraussetzung für die Fiktion unterhaltsrechtlich erheblicher Einkünfte ist ein schweres Verschulden des Unterhaltsschuldners, das ein verantwortungsloses, zumindest leichtfertiges unterhaltsbezogenes Fehlverhalten umfasst (BGH v. 26.9.1984 - IVb ZR 17/83, MDR 1985, 303 = FamRZ 1985, 158 [160]; v. 12.4.2000 - XII ZR 79/98, MDR 2000, 835 = FamRZ 2000, 815 ff.). Vorliegend kann dem Beklagten kein Verhalten vorgeworfen werden, das sich als Verletzung seiner Unterhaltspflicht darstellt (BGH v. 9.6.1982 - IVb ZR 704/80, MDR 1983, 41 = FamRZ 1982, 913 [914]).

Der Beklagten ist allerdings darin zuzustimmen, dass sich ein Fehlverhalten des Klägers feststellen lässt, indem er in der verlängerten Probezeit als Brandmeister z. A. eine erneute Straftat beging, nachdem die Probezeit für seine Beamtung bereits aufgrund einer Trunkenheit im Verkehr verlängert worden war. Die zweite Straftat führte sodann zum 30.6.2003 zur Entlassung bei der Berufsfeuerwehr und damit zum Verlust seines Arbeitsplatzes, der ihm hinreichendes Einkommen für sich selbst und den Unterhalt der Beklagten sichergestellt hatte und weiterhin hätte sicherstellen können.

Es lässt sich jedoch nicht feststellen, dass dem Kläger ein unterhaltsbezogen verantwortungsloses, zumindest leichtfertiges Verhalten vorgeworfen werden kann. Selbst eine schwere Straftat, die wegen nachfolgender Untersuchungs- und Strafhaft zu einem Verlust des unterhaltsrelevanten Einkommens führt, entbindet den Unterhaltsschuldner regelmäßig von der Unterhaltspflicht, weil grundsätzlich auch selbst verschuldete Leistungsunfähigkeit gem. § 1603 BGB beachtlich ist. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Berufung auf die Leistungsunfähigkeit gegen Treu und Glauben verstieße, eben weil die Straftat unterhaltsbezogenen Charakter hat (BGH v. 21.4.1982 - IVb ZR 696/80, MDR 1982, 1003 = FamRZ 1982, 792 [793]; v. 9.7.2003 - XII ZR 83/00, BGHReport 2003, 1207 = MDR 2003, 1182 = FamRZ 2003, 1471 [1473]). Von einer fiktiv fortdauernden Leistungsfähigkeit ist demnach z.B. dann auszugehen, wenn die Straftat dazu geführt hat, dass der Unterhaltsberechtigte durch Schädigung seines Vermögens oder durch die Verletzung eines vorrangig Unterhaltsverpflichteten bedürftig geworden ist (BGH v. 21.4.1982 - IVb ZR 696/80, MDR 1982, 1003 = FamRZ 1982, 792 [793]; v. 9.7.2003 - XII ZR 83/00, BGHReport 2003, 1207 = MDR 2003, 1182 = FamRZ 2003, 1471 [1473]).

Der Unterhaltspflichtige kann sich auf seine Leistungsunfähigkeit auch dann nicht berufen, wenn sich seine Vorstellungen und Antriebe bei der Straftat gerade auf die Verminderung seiner unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit als Folge der Straftat erstreckt haben. Erforderlich ist eine unterhaltsbezogene Mutwilligkeit (BGH v. 20.2.2002 - XII ZR 104/00, BGHReport 2002, 587 = MDR 2002, 825 = FamRZ 2002, 813 [814]). Dafür reicht entgegen der Auffassung der Beklagten nicht die bloße Vorhersehbarkeit des Arbeitsplatzverlustes, auch nicht allein die Schwere der Straftat, die zu einem Verlust der Beamtenstellung führt. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob der Kläger aufgrund seiner intellektuellen Fähigkeiten und Kenntnisse hätte erkennen können und müssen, dass er die Beamtenstellung verlieren und keine adäquat bezahlte neue Anstellung finden würde, als er den Tatentschluss zu der erneuten Straftat, der sexuellen Nötigung, fasste.

Die unterhaltsbezogene Mutwilligkeit wird nach herrschender Rechtsprechung nicht einmal bei Sexualstraftaten bejaht, die sich gegen die oder den Unterhaltsberechtigten oder dessen gesetzlichen Vertreter richten (BGH v. 20.2.2002 - XII ZR 104/00, BGHReport 2002, 587 = MDR 2002, 825 = FamRZ 2002, 813). Vorliegend richtete sich die sexuelle Nötigung des Klägers gegen eine Frau, die mit der unterhaltsbedürftigen Beklagten weder verwandt noch in der anderer Weise verbunden war.

Unterhaltsbezogene Mutwilligkeit ist anzunehmen, wenn der Pflichtige in Bezug auf seine Unterhaltspflicht leichtfertig handelte, wobei leichtfertig gewöh...

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