Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachträgliche Ratenzahlungsanordnung im Verfahrenskostenhilfe-Überprüfungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
Einer nachträglichen Ratenzahlungsanordnung im Verfahrenskostenhilfe-Überprüfungsverfahren steht es entgegen, wenn über das Vermögen des Beteiligten das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist und die Forderung der Staatskasse gegen den Beteiligten auf Erstattung der angefallenen Gerichtskosten und der entstandenen Rechtsanwaltskosten bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden ist. In diesem Falle handelt es sich bei der Forderung der Staatskasse um eine Insolvenzforderung, die nur im Rahmen des Insolvenzverfahrens geltend gemacht werden kann (vgl. BGH, FamRZ 2019, 1944).
Normenkette
FamFG § 76 Abs. 1; InsO §§ 38, 87; ZPO §§ 120a, 122 Abs. 1
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 12. November 2019 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Meldorf vom 5. November 2019 aufgehoben.
Gründe
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 12. November 2019 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Meldorf vom 5. November 2019 ist gem. §§ 76 Abs. 2 FamFG, 127 Abs. 2 bis 4, 567 ff. ZPO zulässig, insbesondere fristgerecht binnen eines Monats nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses erhoben.
Die sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
1.) Gem. §§ 76 Abs. 1 FamFG, 120a Abs. 1 ZPO soll das Gericht die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Verfahrenskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich verändert haben. Dies ist vorliegend der Fall. Nach der vom Antragsteller am 4. September 2019 eingereichten Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse unter Berücksichtigung der weiteren, vom Antragsteller im Beschwerdeverfahren eingereichten Unterlagen und Erklärungen stellen sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers aktuell wie folgt dar:
Verbleibendes einzusetzendes Einkommen: 115,47 EUR
Monatsraten gemäß § 115 ZPO 57,00 EUR
2.) Einer nachträglichen Ratenzahlungsanordnung nach §§ 76 Abs. 1 FamFG, 120a ZPO steht vorliegend jedoch entgegen, dass die Forderungen der Staatskasse gegen den Antragsteller auf Erstattung der angefallenen Gerichtskosten und der entstandenen Rechtsanwaltskosten bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Antragstellers entstanden sind und es sich daher um eine Insolvenzforderung handelt, welche nur im Rahmen des Insolvenzverfahrens, nicht jedoch im Wege einer verfahrenskostenhilferechtlichen Zahlungsanordnung geltend gemacht werden kann (vgl. BGH, FamRZ 2019, 1944).
Bei der Verfahrenskostenhilfe handelt es sich um eine spezialgesetzlich geregelte Form der Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege (vgl. BGH, FamRZ 2009, 1994). Die Staatskasse tritt für den Bedürftigen, der die zur Durchsetzung seines Rechts erforderlichen Kosten nicht oder nicht vollständig aus seinem Einkommen und/ oder Vermögen aufbringen kann, in finanzielle Vorlage. Gemäß §§ 76 Abs. 1 FamFG, 122 Abs. 1 ZPO bewirkt die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe unter anderem, dass die Staatskasse die rückständigen und die entstehenden Gerichtskosten sowie die auf sie nach § 59 Abs. 1 Satz 1 RVG übergegangenen Ansprüche des beigeordneten Rechtsanwalts nur nach den vom Gericht getroffenen Bestimmungen gegen den Beteiligten geltend machen kann. Der beigeordnete Rechtsanwalt wiederum kann seine Vergütungsansprüche nicht gegen den Beteiligten geltend machen. Mithin führt die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe wie eine Stundung dazu, dass die Ansprüche der Staatskasse zwar existent sind, ihre Durchsetzbarkeit aber gehemmt wird (BGH, a.a.O.).
Der Anspruch der Staatskasse gegen den Antragsteller auf Zahlung der im Scheidungsverbundverfahren angefallenen Gerichtskosten und der auf die Staatskasse übergegangene Anspruch des beigeordneten Rechtsanwalts sind vorliegend bereits im Jahre 2017 entstanden. Aufgrund der dem Antragsteller bewilligten Verfahrenskostenhilfe ist lediglich die Durchsetzbarkeit dieser Ansprüche gegen den Antragsteller gehemmt.
Am 14. August 2019 ist durch Beschluss des Amtsgerichts Meldorf über das Vermögen des Antragstellers das Insolvenzverfahren eröffnet worden (Az. 60 IK 69/19).
Nach § 38 InsO dient die Insolvenzmasse zur Befriedigung der persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (Insolvenzgläubiger). Die Insolvenzgläubiger können gemäß § 87 InsO ihre Forderungen nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen. Zu den von dieser Durchsetzungssperre erfassten Insolvenzgläubigern gehört auch die Staatskasse, soweit ihre Ansprüche gegen den Insolvenzschuldner vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind. Für diejenigen Gerichtskosten, die bereits bei Insolvenzeröffnung angefallen sind, ist die Staatskasse mithin Insolvenzgläubigerin. Gleiches gilt für die Recht...