Verfahrensgang
LG Flensburg (Aktenzeichen 4 O 302/14) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Flensburg vom 19. Dezember 2014 unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen abgeändert.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin hinsichtlich des gesamten Schwammbefalls des versicherten Objektes ... Straße 27 a, ... F. (und nicht nur hinsichtlich der innerhalb der Vertragslaufzeit im Rahmen der Erstuntersuchung nachgewiesenen Befallstellen in dem Objekt) Versicherungsschutz im Rahmen der Schwamm- und Hausbockkäfer-Versicherung zur Versicherungsschein-Nr. ... zu gewähren hat, soweit die Schäden auf Befall mit echtem Hausschwamm, Kellerschwamm, Porenschwamm, Blättling und/oder Hausbockkäfer zurückzuführen sind; im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen die Beklagte 95% und die Klägerin 5%.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien dürfen die Zwangsvollstreckung des jeweiligen Gegners wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Hinsichtlich der Frage, ob sich der Anwendungsbereich des § 215 VVG auch auf juristische Personen erstreckt, wird die Revision zugelassen.
Gründe
Die Parteien streiten um den Umfang der Einstandspflicht der Beklagten aus einer Schwamm- und Hausbockkäfer-Versicherung.
Die Klägerin, eine Beteiligungsgesellschaft, hatte ein mehrgeschossiges Mietobjekt in F. erworben, für das bei der Beklagten eine gleitende Neuwertversicherung gegen Schäden durch Schwamm und Hausbockkäfer unter Einschluss der SchHB 79 (Anlage K 2, Bl. 14) bestand. Diese Versicherung gewährt
Schutz gegen Schäden, die durch holzzerstörende Pilze (Schwamm), nämlich echten Hausschwamm (merullus lacrimans)
Kellerschwamm (coniophora cerebella)
Porenschwamm (poria vaporaria)
Blättling (lenzites abielins et sepiaria) und Hausbockkäfer (hylotrupes bajulus)
an versicherten Sachen verursacht werden.
Nach § 4 Nr. 3 SchHB 79 beginnt der Versicherungsfall, sobald der Versicherungsnehmer von dem Schadensereignis (Befall) Kenntnis erlangt, spätestens mit der Feststellung des Schadens durch den Versicherer; er endet mit der Beseitigung des Schadens.
Diese Versicherung kündigte die Klägerin zum 7. Februar 2013.
Unter dem 8. Januar 2013 (Anlage K 4, Bl. 21) meldete ihre Hausverwaltung der Beklagten "einen erheblichen Schwammbefall. Die Beklagte verlangte (mit ihrem Schreiben vom 9. Januar 2013, Anlage K 5, Bl. 22) umgehend "genaue Angaben und Nachweise, z. B. durch aussagekräftige Gutachten oder die Analyse eines sachkundigen Labors", aus der sich der Befall mit einer versicherten Schwammart ergebe. Sie wies dabei daraufhin, dass "der Nachweis innerhalb der Vertragslaufzeit zu führen" sei.
Die nachfolgende Anregung der Klägerin, ein gemeinsames Sachverständigenverfahren durchzuführen, lehnte die Beklagte vorerst - solange ihr nicht innerhalb der Vertragslaufzeit Nachweise zu versichertem Befall zugingen - ab (Schreiben vom 30. Januar 2013, Anlage K 7, Bl. 26). Daraufhin schaltete die Klägerin den Sachverständigen S. und das dänische Labor G. ein; nach deren ersten Begutachtungen (Anlage K 8, Bl. 27ff., 54ff.) ergaben sich aus der Menge der entnommenen 36 Proben in den 24 der G. übersandten Proben Bauholzpilze, zumeist brauner Kellerschwamm (coniophora puteana), daneben marmorierter Kellerschwamm (coniophora marmorata), Vertreter aus der Gruppe der weißen Porenschwämme (antrodia sp/vaillantii) sowie gemeiner Nagekäfer und Trotzkopf. Daraufhin bestätigte die Beklagte am 11. Februar 2013 (Anlage K10, Bl. 64) ihre Einstandspflicht dem Grunde nach, wozu sie zwei Tage später (Anlage K 12, Bl. 66) noch darauf hinwies, dass Schäden, die nicht in dem Gutachten festgestellt seien oder mit diesen im Zusammenhang stünden, als neue nicht angezeigte Befall Bereiche nicht (mehr) versichert seien; Befallbereiche, von denen der Versicherungsnehmer keine Kenntnis habe und die auch nicht mit bekannten Bereichen in Verbindung stünden, seien, wie sie im April 2013 (Anlage K 14, Bl. 68), noch ausführte, neue Schadensfälle und lägen daher außerhalb der Vertragslaufzeit.
Bei den nachfolgenden Rückbauarbeiten wurde ein weiterer großer Befall durch Hausschwamm im Dachgeschoss festgestellt.
Mit der vor dem Landgericht Flensburg erhobenen Klage hat die Klägerin die Feststellung begehrt, dass die Beklagte ihr Versicherungsschutz an dem versicherten Objekt hinsichtlich des gesamten Schwammbefalls zu gewähren habe. Sie hat gemeint, aus § 4 Nr. 3 SchHB 79 ergebe sich eine Beschränkung des Versicherungsschutzes in zeitlicher Hinsicht nicht, jedenfalls nicht hinreichend klar. Weiter hat sie darauf hingewiesen, dass ihr Gutachter S. dargelegt hatte, dass innerhalb der Vertragslaufzeit noch nicht alle Räumlichkeiten hätten freigelegt und beprobt werden können, weil sie vermi...