Verfahrensgang
LG Itzehoe (Urteil vom 18.10.2005; Aktenzeichen 3 O 269/03) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten gegen das am 18.10.2005 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des LG Itzehoe werden zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt 86 %, die Beklagte 14 % der Kosten des Berufungsrechtszuges.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Krankentagegeld-Ansprüche der Klägerin und die Frage der Wirksamkeit von Vertragskündigungen, die die Beklagte erklärt hat. In erster Linie geht es um die Frage, ob die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum bedingungsgemäß arbeitsunfähig war.
Die seit November 2004 in einer gesetzlichen Krankenkasse versicherte Klägerin (geb. 1956) war bei der Beklagten mit ihren beiden Töchtern nach Maßgabe des Versicherungsscheins vom 26.2.2002 (Anl. K1) bis zum 30.11.2004 kranken- und sie selbst außerdem krankentagegeldversichert. Der monatliche Gesamtbeitrag für die Versicherungen belief sich im Jahr 2003 auf 992,76 EUR. Sie war seit 1999 selbständige Werbekauffrau und unterhält in W. unter dem Namen "B.M. Werbemittel" einen Beschaffungsservice für Werbemittel aller Art mit mehreren Angestellten. Sie war fast ausschließlich im Außendienst tätig.
Am 2.2.2002 hatte sie einen Unfall (Treppensturz) und leidet seitdem an Beschwerden/Schmerzen der rechten Schulter, vor allem beim Tragen und Anheben von "schwereren" Sachen. Erst anlässlich einer Reha-Maßnahme in der B.-Klinik im März 2003 wurde ein Impingement-Sydrom rechts (Schulterengpass-Syndrom) diagnostiziert.
Die Beklagte zahlte aufgrund ärztlich bescheinigter Arbeitsunfähigkeit das vereinbarte Krankentagegeld von insgesamt 171,28 EUR/Tag nur bis einschließlich 1.12.2002 und stellte dann ihre Zahlungen ohne Begründung ein.
Die Klägerin geriet mehrfach mit der Zahlung der Prämien für die Kranken- und Krankentagegeldversicherung in Rückstand. Die Beklagte verrechnete in ihren Leistungsabrechnungen rückständige Prämien mit Auszahlungsansprüchen der Klägerin (Anlagen K 34 und 35). Anfang 2003 bestand wiederum ein Zahlungsrückstand. Mit Schreiben vom 4.3.2003 (Anl. K3) forderte die Beklagte von der Klägerin Zahlung auf einen erneuten Prämienrückstand "in der Krankenversicherung" i.H.v. 1.925,22 EUR bis zum 20.3.2003 und erklärte unter Hinweis auf die Folgen, wegen dieses Prämienrückstandes den Krankenversicherungsvertrag zu diesem Termin (20.3.2003) vorsorglich zu kündigen. Die Klägerin widersprach der Kündigung mit Schreiben vom 11.3.2003 (Anl. K4) und wies u.a. darauf hin, dass die Beklagte die rückständige Prämienforderung mit ihrem Anspruch auf Zahlung von Krankentagegeld verrechnen könne.
Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte bewilligte der Klägerin medizinische Leistungen zur Rehabilitation in der B. Klinik in Löhne, in der die Klägerin in der Zeit vom 20.3. bis 30.4.2003 stationär behandelt wurde. In dem ärztlichen Entlassungsbericht vom 9.5.2003 (Anl. K 25) wurde bei der Klägerin als Diagnose ein Impingement-Sydrom rechts und ein Lumbal-Syndrom festgestellt und eine fortbestehende Arbeitsunfähigkeit bescheinigt.
Im Juli 2003 beauftragte die Beklagte die E.I. GmbH mit der Recherche, ob die Klägerin während der Arbeitsunfähigkeit einer beruflichen Beschäftigung nachgehe. Die Zeugen B.M. und G.M.-W. nahmen Kontakt zu der Klägerin auf und gaben unter falschem Namen vor, als Kunden bzw. für Kunden Interesse an den von ihr angebotenen und vertriebenen Werbemitteln zu haben. Die Klägerin präsentierte bei drei verabredeten Treffen an verschiedenen Orten im August und September 2003 ihre Werbemittel. Auf den Abschlussbericht der E. vom 9.10.2003 (Anlage im Anlagenhefter B) wird Bezug genommen.
Daraufhin teilte die Beklagte unter Hinweis auf den Inhalt des Abschussberichts der E. vom 9.10.2003 mit Schriftsatz vom 22.10.2003 (Bl. 62 d.A.) und weiterem Schriftsatz vom 27.11.2003 (Bl. 80 d.A.) mit, dass sie hilfsweise die Krankentagegeldversicherung aus wichtigem Grund fristlos kündige, weil die Klägerin trotz gegenteiliger Behauptungen ihrer Tätigkeit weiter nachgegangen sei.
Die Klägerin hat behauptet, sie sei als selbständige Werbekauffrau nicht im Innendienst ihres Gewerbebetriebes tätig gewesen und habe Innendiensttätigkeiten mangels der erforderlichen EDV-Kenntnisse auch nicht verrichten können. Sie sei ausschließlich im Außendienst, hier im Vertrieb, tätig gewesen, d.h. sie habe Kunden mit zwei 25 kg schweren Musterkoffern und einer 15 kg schweren Reisetasche mit Mustern besucht, die Werbemittel präsentiert, zum Kauf angeboten und Bestellungen entgegen genommen. Dazu sei sie aufgrund ihrer Schulterbeschwerden nicht mehr in der Lage, weil sie die Koffer und die Tasche nicht mehr tragen und heben kön...