Entscheidungsstichwort (Thema)
Belehrungspflicht des Notars bei Umwandlung von Gesellschafterdarlehn in Stammkapital
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Beurkundung einer Erhöhung des Stammkapitals einer GmbH durch Umwandlung von Gesellschafterdarlehn in Stammkapital hat der Notar besondere Belehrungspflichten.
2. Er darf sich nicht darauf verlassen, dass die erforderlichen Belehrungen von dritter Seite erfolgt sind, sondern hat zu prüfen, ob die Gesellschafter solche Belehrungen auch richtig verstanden haben.
Normenkette
BeurkG § 17; BNotO § 19
Verfahrensgang
LG Kiel (Urteil vom 23.12.2005; Aktenzeichen 2 O 156/02) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 23.12.2005 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Kiel wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Feststellungsausspruch folgende Fassung erhält:
Es wird festgestellt, dass der Beklagte auch den weiteren Schaden zu ersetzen hat, der den Gesellschaftern A., B. und C. wegen der unterbliebenen Belehrung in der Verhandlung am 10.7.1996 (Urkunde Nr. 290 der UR des Jahres 1996) entstanden ist.
Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrags abzuwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 293.977,13 EUR.
Gründe
I. Der Kläger ist Konkursverwalter über das Vermögen der Fa.A. & Partner GmbH. Er nimmt den beklagten Notar auf Schadensersatz aus abgetretenem Recht in Anspruch. Nach den in der Akte befindlichen Abtretungsvereinbarungen (Bl. 39-44 d.A.) haben die Gesellschafter A., B. und C. ihre Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten wegen einer fehlerhaften Umwandlung von Gesellschafterdarlehen in Stammkapital der GmbH abgetreten. Den entsprechenden Kapitalerhöhungs- und Umwandlungsbeschluss der Gesellschafter beurkundete der Beklagte am 10.7.1996 und meldete die Kapitalerhöhung zum Handelsregister an, so dass die entsprechende Eintragung am 22.7.1996 erfolgte. Wegen der Unterkapitalisierung der GmbH sehen die Gesellschafter sich einer Nachschusspflicht ausgesetzt, die nach ihrer Auffassung bei ordnungsgemäßer Belehrung durch den beklagten Notar nicht entstanden wäre, weil der Kapitalerhöhungsbeschluss dann unterblieben wäre.
Der Kläger begehrt weiterhin die Freistellung von Kosten, die in dem gegen den Steuerberater D. geführten Vorprozess entstanden sind. Zusätzlich nimmt der Kläger den Beklagten auf Feststellung der Pflicht zum Ersatz des weitergehenden Schadens in Anspruch.
Das LG hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Es ist zur Auffassung gelangt, dem Beklagten sei ein Verstoß gegen die notarielle Aufklärungspflicht anzulasten. Die vom Beklagten behauptete Vorkenntnis der Gesellschafter über die Tragweite ihres Kapitalerhöhungsbeschlusses sei nicht bewiesen worden. Die fehlende Belehrung der Gesellschafter habe den ihnen entstandenen Schaden verursacht. Den Gesellschaftern stehe weder eine anderweitige Ersatzmöglichkeit zur Verfügung noch sei ihnen der Vorwurf des Mitverschuldens zu machen. Sie hätten die Einlegung eines Rechtsbehelfs nicht versäumt, weil eine Anfechtung des Kapitalerhöhungsbeschlusses nicht möglich gewesen sei. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das vom Beklagten mit der Berufung angefochtene Urteil des LG verwiesen.
Der Beklagte vertritt mit der Berufung weiterhin die Auffassung, eine Aufklärung der Gesellschafter durch ihn sei anlässlich des Kapitalerhöhungsbeschlusses nicht notwendig gewesen, weil die Gesellschafter aufgrund der Beratung durch die beteiligten Banken, den Steuerberater D. und den Rechtsanwalt E. ausreichende Kenntnis über die Auswirkungen eines Kapitalerhöhungsbeschlusses unter Verrechnung von Gesellschafterdarlehen mit der gezeichneten erhöhten Stammeinlage gehabt hätten. Die Gesellschafter hätten ihn trotz Kenntnis der finanziellen Situation der GmbH über diese nicht unterrichtet. Vielmehr hätten sie ihm gegenüber unrichtige Erklärungen über die finanzielle Situation der GmbH abgegeben. Eine etwaige Pflichtverletzung habe sich auf den fraglichen Schaden nicht ursächlich ausgewirkt, weil die Gesellschafter eine positive Entwicklung der GmbH erwartet hätten und Kaufinteressenten für GmbH-Anteile vorhanden gewesen seien, so dass die Kapitalerhöhung auf jeden Fall beurkundet worden wäre. Insoweit habe er lediglich den von den Beteiligten ernsthaft gewollten Willen beurkundet. Den Gesellschaftern hätten die im ersten Rechtszug behaupteten anderweitigen Ersatzmöglichkeiten zugestanden. Ihnen sei weiterhin ein Mitverschulden vorzuwerfen. Der Feststellungsausspruch sei zu weit gefasst. Wegen der nicht bezifferten Ansprüche sei die Einrede der Verjährung erhoben worden.
Der Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage ab...