Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung für fehlerhaftes Sachverständigengutachten. Haftung des Sachverständigen. haftungsausfüllende Kausalität

 

Leitsatz (amtlich)

Zu den Anforderungen an die haftungsausfüllende Kausalität bei Inanspruchnahme eines Sachverständigen durch den Grundstücksersteigerer auf Schadensersatzleistung wegen eines grob fahrlässig fehlerhaft erstatteten Verkehrswertgutachtens.

 

Normenkette

BGB § 839a

 

Verfahrensgang

LG Lübeck (Entscheidung vom 30.12.2009; Aktenzeichen 14 O 4/09)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin vom 08.02.2012 gegen das Urteil des Landgerichts Lübeck vom 30.12.2009 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsrechtszugs trägt die Klägerin.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages oder Hinterlegung abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 125.634,53 € festgesetzt.

 

Gründe

I. Hinsichtlich der erstinstanzlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zwar habe der Beklagte grob fahrlässig ein fehlerhaftes Gutachten erstattet, die Klägerin sei aber hinsichtlich eines kausalen Schadens beweisfällig geblieben. Hätte die Klägerin das Grundstück auch im Falle eines richtigen bzw. zu einem vertretbaren Ergebnis kommenden Gutachtens des Beklagten zum gleichen Preis erstanden, wären die geltend gemachten Schäden bzw. die dahinterstehenden Aufwendungen ebenso angefallen. Zwar würden Willensentschlüsse des Verletzten den Kausalzusammenhang nicht unbedingt unterbrechen, dass die Klägerin bzw. deren Geschäftsführer aber allein aufgrund des tatsächlich zu hoch angenommenen Verkehrswertes des Grundstücks dasselbe ersteigert und dieses nicht etwa auch bei einem niedriger festgesetzten Verkehrswert von etwa 189.000,-- € bzw. 199.000,-- € getan hätte, habe die Beklagte nur insoweit dargelegt, als es für sie ein großer Reiz gewesen sei, das Grundstück zu erwerben, da der Ersteigerungsaufwand deutlich unter dem angenommenen Verkehrswert gelegen habe. Dieses wäre aber auch bei Zugrundelegung des von dem gerichtlich eingesetzten Sachverständigen, der den Verkehrswert mit etwa 189.000,-- € beziffert habe, der Fall gewesen. Die Klägerin habe auch nicht dargelegt, inwieweit etwa Mitbieter andere Angebote bzw. niedrigere Angebote gemacht hätten und dann ggf. die Klägerin das Grundstück für einen niedrigeren Preis im Falle eines niedrigeren Verkehrswertes nach dem Beklagtengutachten hätte erstehen können. Die bloße Behauptung, dass dieses der Fall gewesen wäre, bzw. die Klägerin sogar nur zu dem späteren Verkaufspreis in Höhe von 115.000,-- € das Grundstück hätte erstehen können, sei nicht hinreichend substantiiert und schon gar nicht unter Beweis gestellt worden.

Die Klägerin greift dieses Urteil an und verfolgt ihren bereits erstinstanzlich gestellten Antrag weiter. Das Landgericht habe in seiner Entscheidung die vom Bundesgerichtshof im Urteil vom 09.03.2006 (Az. III ZR 143/05) aufgestellten Grundsätze zum Schutzzweck der hier maßgeblichen Norm des § 839 a BGB nicht hinreichend berücksichtigt. Es habe ferner nicht hinreichend zwischen der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität unterschieden und die Klage insgesamt abgewiesen, weil es rechtsirrig davon ausgegangen sei, dass es an der Kausalität zwischen dem falschen Gutachten und dem Zuschlagsbeschluss als schadensstiftende gerichtliche Entscheidung fehle.

Die Feststellung des Landgerichts, für einen Ursachenzusammenhang sei Voraussetzung, dass die Klägerin das Grundstück für den Fall der Erstattung eines richtigen Gutachtens nicht ersteigert hätte, greife nicht. Nach den von dem Bundesgerichtshof in der zitierten Entscheidung aufgestellten Grundsätzen sei allein entscheidend, dass das Gutachten auf die Motivation des Klägers, ein Gebot abzugeben, eingewirkt habe. Dies habe die Klägerin hinreichend dargelegt, indem sie ausgeführt habe, dass die erhebliche Differenz zwischen den vom Beklagten ermittelten Verkehrswert in Höhe von 260.000,-- € und dem Gebot von 153.000,-- €, zu dem der Zuschlag erteilt worden sei, die Motivation für das Gebot gewesen sei. Die Klägerin habe davon ausgehen dürfen, eine Immobilie für rund 59 % des vom Beklagten ermittelten Verkehrswertes zu erstehen. Dass das Gebot auf einer eigenen Erwerbsentscheidung der Klägerin beruht habe, unterbreche die haftungsbegründende Kausalität nicht.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs komme es auf den vom Landgericht geforderten Nachweis, dass die Klägerin das Grundstück auch bei richtig festgestelltem Verkehrswert ersteigert hätte, nicht an. Insoweit trage sie keine Beweislast. Überdies sei die Entscheidung des Landgerichts unzutreffend, weil es di...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge