Verfahrensgang
LG Itzehoe (Entscheidung vom 29.12.2009; Aktenzeichen 5 O 123/09) |
Tenor
Das Urteil der Kammer für Handelssachen I des Landgerichts Itzehoe vom 29. Dezember 2009 wird unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise geändert und wie folgt insgesamt neu gefasst:
Dem Beklagten wird aufgegeben, seine gebundenen Versicherungsvertreter aufzufordern,
es in Bezug auf nicht zur I. V-gruppe. gehörende Versicherungsunternehmen (sog. Kooperationspartner) zukünftig zu unterlassen,
einzelnen Interessenten gleichzeitig solche Versicherungsprodukte anzubieten, die aus dem Angebot verschiedener Kooperationspartner stammen und untereinander in Konkurrenz stehen.
Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.
Die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens in beiden Rechtszügen tragen die Klägerin zu 7/8 und der Beklagte zu 1/8.
Gründe
I. Die Verfügungsklägerin (im Folgenden: Klägerin) hält bestimmte geschäftliche Verfahrensweisen des Verfügungsbeklagten für unzulässig und begehrt im Wege der einstweiligen Verfügung den Erlass verschiedener Verhaltensge- und -verbote für den Verfügungsbeklagten (im Folgenden: Beklagter).
Die Verfügungsklägerin ist eine seit 1994 tätige, nach § 34 d Abs. 1 der Gewerbeordnung (GewO) zugelassene und im zuständigen Versicherungsvermittlerregister eingetragene Versicherungsmaklerin. Der Beklagte ist ein Versicherungsunternehmen mit ca. 450 gemäß § 34 d Abs. 4 GewO zugelassenen, "gebundenen" Versicherungsvermittlern, genannt "Vertrauensleute".
In den mit den Vertrauensleuten geschlossenen Agenturverträgen heißt es u. a.:
"1.3 Der/die Vertrauensmann/-frau wird sich bemühen, alle in seinem/ihrem Bezirk nach der Satzung versicherbaren Personen mit den Leistungen der I. und ihrer Kooperationspartner vertraut zu machen und sie unter Beachtung der Wettbewerbsrichtlinien als Versicherungsnehmer zu gewinnen.
...
3. Wettbewerb
3.1 Der/die Vertrauensmann/-frau verpflichtet sich, während der Dauer des Vertragsverhältnisses Versicherungen nur für die I. und ihre Kooperationspartner zu vermitteln, abzuschließen und zu betreuen. Risiken, die die I. oder ihre Kooperationspartner nicht zeichnen oder ablehnen, dürfen nach Einwilligung der I. an andere Versicherungsunternehmen vermittelt werden.
...
3.2 Der/die Vertrauensmann/-frau verpflichtet sich, die für den Wettbewerb geltenden Grundsätze und Vorschriften zu beachten; der/die Vertrauensmann/-frau hat ein Exemplar der Wettbewerbsrichtlinien der Versicherungswirtschaft und der Richtlinien zum Geldwäschegesetz erhalten."
Der Beklagte hat für Versicherungen, die nicht zu seinem Leistungsspektrum gehören, wie etwa Krankenversicherungen, Kooperationsabkommen mit anderen Versicherungsunternehmen geschlossen, u. a. für Krankenversicherungen mit der HM Krankenversicherung AG und der B. Krankenversicherung a.G. Die Vertrauensleute des Beklagten sind angewiesen, solche Versicherungsverträge über die Firma IHM I. HM. Finanz- und Versicherungsvermittlungs GmbH (im Folgenden: Fa. IHM), einer nach § 34 Abs. 1 GewO zugelassenen, "ungebundenen" Versicherungsvermittlerin, an die jeweiligen Versicherungsunternehmen weiterzuleiten. Der Umfang dieser weitergeleiteten Versicherungsverträge beträgt etwa 3 % des Gesamtgeschäftsvolumens des Beklagten.
Die Firma J. M. G. Versicherungsmakler GmbH, mit der die Klägerin zusammenarbeitet und deren Geschäftsführer J. J. dem Geschäftsführer der Klägerin seit Jahren bekannt ist, führte ab Anfang September 2009 bei ca. 50 Vertrauensleuten des Beklagten Testanfragen durch. Erbeten wurden zumeist Angebote für Privathaftpflichtversicherungen, aber auch solche für Krankenversicherungen. Die Vertrauensleute gaben daraufhin Angebote für Haftpflichtversicherungen bei dem Beklagten und Krankenversicherungen - zumeist bei der HM. Krankenversicherung AG - ab. In mindestens einem Fall wurden zwei Angebote für Krankenversicherungen übersandt, nämlich eines der HM. Krankenversicherung AG und eines der B. Krankenversicherung a.G.. Die J. M. G. Versicherungsmakler GmbH nahm die eingegangenen Angebote zum Anlass, zahlreiche Abmahnungs- und einstweilige Verfügungsverfahren gegen die jeweiligen Vertrauensleute zu führen wegen angeblich unzulässiger sog. Ventilgeschäfte nach § 34 d Abs. 4 GewO. Über diese Anfrageaktion informierte der Geschäftsführer J. den Geschäftführer der Klägerin.
Die Klägerin ist der Auffassung, nach Inkrafttreten des § 34 d GewO zum 1. September 2009 sei es den Vertrauensleuten des Beklagten untersagt, im Rahmen der "Ventillösungen" den Abschluss von Versicherungsverträgen bei solchen Unternehmen, die nicht zur Gruppe des Beklagten gehören, anzubieten oder zu vermitteln und mit anderen Versicherungsmaklern zusammen zu arbeiten. Vielmehr müsse nunmehr jedes Versicherungsunternehmen, für das der Versicherungsvermittler Verträge vermittle, diesen zum Register anmelden und für ihn die Haftungsübernahme erklären, was - bezogen auf die Vertrauensleute des Beklagten - unstreitig weder für die HM. Krankenv...