Entscheidungsstichwort (Thema)

Überprüfung unstreitiger Steuertatsachen im Berufungsverfahren; Auszahlungsvoraussetzungen bei Gewinnmitteilung nach § 661a BGB

 

Verfahrensgang

LG Lübeck (Urteil vom 20.12.2002; Aktenzeichen 12 O 35/01)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 20.12.2002 verkündete Urteil des Einzelrichters der 12. Zivilkammer des LG Lübeck unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels geändert:

Die Beklagte wird verurteilt an die Klägerin 2.556,46 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 4.2.2002 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des ersten Rechtszugs tragen die Klägerin 85,7 % und die Beklagte 14,3 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Das LG hat der Klägerin den Zahlungsanspruch i.H.v. insgesamt 17.895,22 Euro nebst Rechtshängigkeitszinsen aus drei aufeinander folgenden Gewinnmitteilungen der Beklagten i.S.v. § 661a BGB unter Abweisung der weiteren Zinsforderung zuerkannt. Wegen des Sach- und Streitstands sowie wegen der Begründung wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihre Rüge der internationalen Zuständigkeit weiter. Hilfsweise macht sie geltend, § 661a BGB sei verfassungswidrig, jedenfalls eng auszulegen. Sie bestreitet, dass die Klägerin die in den Werbesendungen bezeichneten Einlösungs- bzw. Auszahlungsunterlagen zurückgesandt habe, und behauptet, die Klägerin habe den Mangel der Ernstlichkeit etwaiger Gewinnversprechen nicht verkannt. Nach den allen Werbeaussendungen beigefügten Spielregeln stehe die Höhe der Gewinne in ihrem, der Beklagten, Ermessen und sei von weiteren Faktoren abhängig.

Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen; hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Klägerin vertritt den Standpunkt, die Geltendmachung von Ansprüchen nach § 661a BGB sei von der Rücksendung der "Auszahlungsunterlagen" usw. nicht abhängig. Sie behauptet, hinsichtlich der ersten Gewinnmitteilung vom Juli 2000 habe sie den Gewinn-Einlöse-Scheck (zugleich mit einer Warenbestellung) am Tage des Zugangs der Mitteilung zurückgeschickt. Hinsichtlich der beiden späteren Mitteilungen genüge die mit Anwaltsschreiben vom 7.12.2000 nachgeholte Anforderung.

Wegen der Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 3.4.2003 sowie auf die Schriftsätze der Klägerin vom 4.6.2003 und 4.5.2004 Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung hat teilweise Erfolg.

1. Die von der Beklagten weiter aufbereiteten Fragen zur internationalen Zuständigkeit, zur Verfassungsmäßigkeit des § 661a BGB und zu seinem Regelungsgehalt sind durch das Urteil des BGH vom 16.10.2003 (BGH, Urt. v. 16.10.2003 - III ZR 106/03, BGHReport 2004, 44 ff. = MDR 2004, 83) abschließend geklärt. Darauf wird Bezug genommen.

2. Mit ihrem jedenfalls in den Einzelheiten neuen tatsächlichen Vorbringen ist die Beklagte, soweit es sich nicht um unstreitige Tatsachen handelt, gem. § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO ausgeschlossen. Ebenso wie im Berufungsverfahren hätte sich die Beklagte schon im ersten Rechtszug ohne Verlust ihrer Rüge der internationalen Zuständigkeit hilfsweise auf die Sache einlassen können (Zöller/Geimer, 24. Aufl., Art. 24 EuGVVO Rz. 3, m.w.N.). Warum das nicht geschehen ist, hat die Beklagte nicht erläutert.

Zu berücksichtigen ist daher nur das Bestreiten der Beklagten in Bezug auf die Rücksendung des "Einlöse-Schecks" nebst "Gewinn-Siegel" betreffend die Gewinnmitteilung über 15.000 DM aus der Ziehung vom 28.8.2000 bzw. des "Auszahlung-Scheins" betreffend die Gewinnmitteilung über 15.000 DM vom September 2000. Eine Rücksendung dieser Unterlagen, die die Beklagte auf beiden Mitteilungen mehrfach und in ebenso hervorgehobener Weise wie die Gewinnmitteilung selbst als Voraussetzung einer Auszahlung angeführt hatte (im Fall der Ziehung vom 28.8. noch bekräftigt durch ein handschriftliches Schreiben eines vorgeblichen Lagerarbeiters u.a. mit der Wendung: "Wenn Sie es [das Geld] nicht anfordern, ist es verloren"), behauptet die Klägerin selbst nicht, insb. auch nicht mit dem späteren Anwaltsschreiben vom 7.12.2000. Nach dem Wortlaut des § 531 Abs. 2 ZPO wäre zwar die Beklagte auch mit diesem erstmaligen Bestreiten im Berufungsverfahren ausgeschlossen. Der Senat hält die Neuregelung des Prozessrechts aber nicht für so weit gehend, dass unter Inkaufnahme einer materiell unrichtigen Entscheidung die Verfälschung der wahren, sich aus dem unstreitigen Parteivortrag ergebenden Tatsachengrundlage lediglich aus Präklusionsgründen statthaft sein soll (vgl. zum Meinungsstand BGH v. 22.1.2004 - V ZR 187/03, BGHReport 2004, 614 = MDR 2004, 700 = NJW 2004, 1458 ff., m.w.N.).

3. Mangels Rücksendung der genannten Auszahlungsunterlagen kann die Klägerin aus den beiden letzten Gewinnmitteilungen keine Ansprüche herleiten. Auch wenn nach der Ko...

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