Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Flensburg vom 14.09.2021, Az. 4 O 162/20, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 74.279,80 EUR EUR nebst Jahreszinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über Basiszinssatz auf 19.420,80 EUR seit dem 06.04.2020, auf weitere 22.848,00 EUR seit dem 6.05.2020, auf weitere 9.163,00 EUR seit dem 06.02.2021 sowie auf weitere 22.848,00 EUR seit dem 4.03.2021 zu zahlen.
Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.
Die Anschlussberufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten der I. Instanz trägt die Klägerin zu 8 %, die Beklagte zu 92 %. Die Kosten der II. Instanz trägt die Klägerin zu 10 %, die Beklagte zu 90 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht diese Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Beschluss
Der Gegenstandswert wird für das Berufungsverfahren auf 149.757,65 EUR festgesetzt.
Der Gegenstandswert wird für die erste Instanz von Amts wegen auf 180.523,00 EUR abgeändert.
Gründe
I. Die Parteien sind verbunden durch einen Gewerberaummietvertrag aus dem April 2012 nebst Nachtrag aus dem Dezember 2013. Die monatliche Miete beläuft sich ausweislich des Mietvertrags auf 17.300,00 EUR zuzügl. Betriebskosten von 1.900,00 EUR zuzügl. USt., insgesamt auf 22.848,00 EUR.
Die vermieteten Geschäftsräume befinden sich im X Weg ... in Y, Vermieterin ist die Klägerin, Mieterin ist die Beklagte. Die vermietete Fläche von ca. 1.100 qm besteht aus Ladenfläche, Nebenräumen, Lagerflächen, Büros u.ä.
In der "Landesverordnung über Maßnahmen zur Bekämpfung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 in Schleswig-Holstein" ordnete die Landesregierung Schleswig-Holstein die Schließung sämtlicher Verkaufsstellen des Einzelhandels ab dem 19.03.2020 an, sog. Lockdown I. Das Geschäft der Beklagten fiel in keine der dort genannten Ausnahmekategorien, sodass die Beklagte von der angeordneten Schließung betroffen war und ihr Geschäft dementsprechend schloss. Zum 20.04.2020 wurde eine Anpassung der Regelungen beschlossen. Danach durften Geschäfte mit einer Verkaufsfläche von bis zu 800 m2 unter Auflagen wieder öffnen, Geschäfte wie das der Beklagten, die über eine größere Verkaufsfläche verfügten, durften wieder öffnen, wenn sie ihre Verkaufsfläche auf maximal 800 m2 reduzierten. Die Geschäftsräume der Beklagten waren vom 19.03.2020 bis einschl. 03.05.2020 gänzlich geschlossen. Am 04.05.2020 fand eine Teileröffnung (800 qm) statt und am 11.05.2020 die vollständige Wiedereröffnung. Ab dem 16.12.2020 erfolgte die erneute Schließung des Einzelhandels mit Beginn des Lockdowns II; dieser dauerte in Schleswig-Holstein für den Einzelhandel bis einschließlich 07.03.2021.
Die Mieten für die Monate April und Mai 2020 sowie März 2021 zahlte die Beklagte nicht. Für Februar 2021 zahlte sie nur die Vorauszahlung auf die Betriebskosten (brutto).
Hinsichtlich des weiteren Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils.
Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben.
Die Klägerin habe gegen die Beklagte aus § 535 Abs. 2 BGB einen Anspruch auf Mietzahlung. Dieser Anspruch sei aufgrund des pandemiebedingten Lockdowns und (Teil-) Schließung der Filiale der Beklagten wegen Störung der Geschäftsgrundlage gekürzt. Im Übrigen greife die Hilfsaufrechnung der Beklagten im Hinblick auf die Mieten März und Juni 2020 durch. Die Hilfsaufrechnung bezüglich der Mieten Dezember 2020 und Januar 2021 habe die Kammer nicht berücksichtigt. Im Einzelnen:
Die Miete sei für die Zeit der behördlich angeordneten Schließung der Geschäftsräume nicht nach § 536 Abs. 1 BGB gemindert (wird ausgeführt). Die Verpflichtung zur Zahlung der Miete sei für den Zeitraum der behördlich angeordneten Schließung auch nicht wegen Unmöglichkeit der Nutzung der Mietsache gemäß § 326 Abs. 1 Satz 1 BGB weggefallen (wird ausgeführt).
Dagegen komme eine Vertragsanpassung unter dem Gesichtspunkt der Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB in Betracht. Die Miete sei für die behördlich angeordnete Störung des Geschäftsbetriebs um die Hälfte reduziert gewesen.
Das Festhalten an der vertraglichen Verpflichtung zur Leistung der ungekürzten Miete sei der Beklagten unter Abwägung der Parteiinteressen, insbesondere der von der Beklagten im Schriftsatz vom 10.03.2021 ab Seite 6 unbestritten vorgetragenen Umstände nicht zumutbar. Eine einvernehmliche Vertragsanpassung liege nicht vor. Da keine der Vertragsparteien eine Ursache für die Störung der Geschäftsgrundlage gelegt habe oder sie vorhergesehen habe, erscheine es angemessen, dass die Parteien den Eintritt des Wirtschaftssystemrisikos zur Hälfte trügen.
Die infolge der Pandemie vom Gesetzgeber eingeführten Regelungen der Art. 240 § 2 und § 7 EGBGB stünden dem nicht entgegen (wird ausgeführt).
Die V...