Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschränkte zivilrechtliche Überprüfung des vorzeitigen Pensionierungsbescheides eines Landesbeamten wegen unfallbedingter Personenschäden

 

Normenkette

BG SH § 52; BGB §§ 242, 254; StVG § 7; VVG § 115

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 17.05.2018 verkündete Urteil des Einzelrichters der 12. Zivilkammer des Landgerichts Kiel wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die Klägerin gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Das klagende Land (im Folgenden: Klägerin) nimmt die Beklagte aus übergegangenem Recht (§ 52 LBG SH) auf Schadenersatz in Anspruch.

Dem zugrunde liegt ein schwerer Verkehrsunfall der Zeugin K., einer ehemals im Dienste der Klägerin stehenden beamteten Lehrerin, vom 10.12.2009.

Am Unfalltag gegen 14.30 Uhr befuhr die Zeugin auf dem Weg zu einer Schulveranstaltung die L. Chaussee zwischen A. und L.. Die Zeugin war Beifahrerin in einem von ihrem damaligen Lebensgefährten geführten Fahrzeug; weiter befand sich in dem Fahrzeug die seinerzeit elfjährige Tochter des Lebensgefährten der Zeugin K.. Es kam zu einer Frontalkollision mit einem bei der Beklagten gegen Haftpflichtschäden versicherten Fahrzeug. Die volle Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist unstreitig.

Die Zeugin K., die kurz zuvor - mit Wirkung vom 1. August 2009 - zur Konrektorin an der Grund- und Regionalschule Neukirchen ernannt worden war, erlitt durch den Unfall eine Sternumfraktur, eine Rippenserienfraktur, einen Milzriss, einen Kreuzbandschaden im linken Knie sowie diverse Prellungen und Schürfwunden, insbesondere linksseitig. Auch ihr damaliger Lebensgefährte erlitt schwere Verletzungen; lediglich dessen Tochter kam mit leichteren Verletzungen davon.

Nach rund vierwöchigem stationärem Krankenhausaufenthalt (davon zwei Wochen auf der Intensivstation) - unter anderem verbunden mit einer Milzentfernung - und anschließender Rehabilitation war die Zeugin K. fortdauernd dienstunfähig krankgeschrieben.

Der zuständige Amtsarzt des Kreises Nordfriesland kam unter dem 9. Mai 2011 (Bl. 149/150 d. A.) zu dem Ergebnis, dass die Zeugin unfallbedingt dauernd dienstunfähig sei, dies aufgrund physischer und psychischer Beeinträchtigungen. Die Klägerin zog daraus in der Folgezeit die beamtenrechtliche Konsequenz. Die Zeugin K. wurde mit Wirkung vom 31. Juli 2011 (Bl. 163 d. A.) in den vorzeitigen Ruhestand versetzt.

Die Klägerin hat die Beklagte vorgerichtlich vergeblich zur Zahlung unfallbedingt erstatteter Heilbehandlungskosten aufgefordert. Weiterhin macht sie einen Verdienstausfallschaden für den Zeitraum vom 15.03.2010 bis 31.07.2011 sowie Versorgungsbezüge vom 01.08.2011 bis einschließlich 31.12.2014 geltend, wobei die Höhe der geltend gemachten Forderungen unstreitig ist.

Die Klägerin hat behauptet, die vorzeitige Pensionierung der Zeugin sei alleinige Folge des Unfalls gewesen. Neben fortbestehenden körperlichen Beschwerden leide die Zeugin K. unfallbedingt insbesondere auch unter einer posttraumatischen Belastungsstörung, die zudem fortlaufend behandlungsbedürftig sei. Die Beklagte sei daher zum Ersatz der im Einzelnen näher bezifferten Heilbehandlungskosten und Versorgungsbezüge verpflichtet, auch das Feststellungsbegehren sei begründet.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 314.101,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 16.06.2010 auf 3.488,42 EUR, seit dem 16.07.2010 auf 9.308,74 EUR, seit dem 26.08.2010 auf 9.567,60 EUR, seit dem 28.09.2010 auf 15.599,92 EUR, seit dem 06.03.2011 auf 35.120,12 EUR, seit dem 14.12.2013 auf 92.007,44 EUR, seit dem 03.06.2014 auf 982,74 EUR, seit dem 25.03.2015 auf 3.034,80 EUR, seit dem 09.04.2015 auf 64.747,77 EUR, seit dem 01.07.2015 auf 725,49 EUR, seit dem 16.09.2015 auf 805,54 EUR, seit dem 08.04.2017 auf 68.335,04 EUR, seit dem 20.04.2017 auf 2.279,56 EUR sowie im Übrigen seit dem 19.05.2017 zu zahlen;

sowie festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr sämtlichen weiteren Schaden im Zusammenhang mit der Verletzung der Landesbediensteten K. aus dem Verkehrsunfallereignis vom 10.12.2009 gegen 14.30 Uhr auf der Landstraße zwischen A. und L. zu erstatten.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat - unter Vorlage einer "Beratungsärztlichen Stellungnahme" vom 21.06.2017 des Privatgutachters Prof. Dr. A. S. (Medizinisches Begutachtungsinstitut T., Bl. 43 ff d.A.) - bestritten, dass die Zeugin unfallbedingt psychische Beeinträchtigungen, insbesondere eine posttraumatische Belastungsstörung, davongetragen habe. Es habe sich um einen "ganz normalen" Unfall gehandelt.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf das angefochtene Urteil nebst darin...

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