Leitsatz (amtlich)
Die Vorauszahlung von Mietzins wird auch dann von § 110 InsO erfasst, wenn und soweit der geleistete Betrag vereinbarungsgemäß zur Schaffung oder Instandsetzung des Mietobjekts verwendet worden ist. Die Rechtsprechung des BGH zu § 21 II, III KO bei Baukostenzuschüssen im Wohnraummietrecht findet jedenfalls im Gewerberaummietrecht keine Anwendung.
Orientierungssatz
Keine Insolvenzfestigkeit einer Mietvorauszahlung im gewerblichen Mietrecht.
Normenkette
InsO § 110 Abs. 1, 3
Beteiligte
Rechtsanwalt Dr. von Borzeszkowski |
Rechtsanwälte Dr. Tischler, Dr. Carstensen, Dr. Schulz und Dr. Punke |
Verfahrensgang
LG Kiel (Aktenzeichen 3 O 69/99) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 26. Januar 2000 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des Landgerichts Kiel wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 60.000,00 DM abzuwenden, es sei denn, die Klägerin leistet zuvor Sicherheit in gleicher Höhe.
Der Wert der Beschwer der Beklagten beträgt mehr als 60.000,00 DM.
Tatbestand
Der Kläger ist durch Beschluß des Amtsgerichts Neumünster vom 09. April 1999 zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma V im folgenden Gemeinschuldnerin genannt, bestimmt worden. Er begehrt aus einem gewerblichen Mietvertrag Zahlung der monatlichen Mietzinsen für Mai und Juni 1999 sowie die Feststellung, daß durch seine fristlose Kündigung vom 01. Juli 1999 das Mietverhältnis zwischen der Beklagten und der Gemeinschuldnerin beendet worden sei.
Die Gemeinschuldnerin, die früher unter firmierte, ist Eigentümerin des Wohn- und Geschäftshauses in Kiel. Mit Mietvertrag vom 09. Dezember 1997 vermietete sie das gesamte Objekt an die Beklagte zu einem monatlichen Mietzins in Höhe von 15.000,00 DM. Laut Mietvertrag sollte die monatlich fällig werdende Miete jeweils mit entsprechenden Teilbeträgen eines Darlehens in Höhe von 2.319.813,24 DM verrechnet werden, welches die Beklagte der Gemeinschuldnerin ausweislich des Vertrages 30. September 1994 gewährt haben will. Die Miete sollte zunächst mit den fälligen Zinsen und dann mit dem Kapital verrechnet werden. Auf den Inhalt des Mietvertrages wird Bezug genommen (Bl. 6 d. A.).
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte könne sich nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf die im Mietvertrag getroffene Verrechnungsabrede ab Mai 1999 nicht mehr berufen. Trotz entsprechender Aufforderung habe sie indes – unstreitig – den vereinbarten Mietzins nicht gezahlt, so daß er zur fristlosen Kündigung berechtigt gewesen sei. Der Kläger hat bestritten, daß die Beklagte der Gemeinschuldnerin am 30. September 1994 ein Darlehen über 2.319.813,34 DM gewährt habe.
Der Kläger hat beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn 30.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 15. Oktober 1999 zu zahlen,
- festzustellen, daß das Mietverhältnis zwischen der Beklagten und der gesellschaft über das Objekt Kiel vom 09. Dezember 1997 durch die fristlose Kündigung des Klägers vom 01. Juli 1999 beendet worden ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, aufgrund der im Mietvertrag getroffenen Abrede auch weiterhin zur Aufrechnung berechtigt zu sein.
Wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Kläger stehe als Insolvenzverwalter aufgrund des zwischen der Beklagten und der Gemeinschuldnerin geschlossenen Mietvertrages für die Monate Mai und Juni 1999 ein Mietzinsanspruch gem. § 535 S. 2 BGB in Höhe von 30.000,00 DM zu. Die Beklagte könne sich nicht auf die im Mietvertrag getroffene Aufrechnungsvereinbarung berufen. Bei dieser Abrede handele es sich um einen sogenannten antizipierten Aufrechnungsvertrag, der beinhalte, daß bestimmte künftig unter den Parteien entstehende Forderungen aufgrund eines vorweg geschlossenen Vertrages ohne weiteres gegeneinander aufgerechnet werden sollen, ohne daß es dafür noch einer besonderen Aufrechnungserklärung bedürfe. Ein solcher antizipierter Aufrechnungsvertrag sei als Vorausverfügung zu qualifizieren. Derartige Vorausverfügungen seien gem. § 110 Abs. 1 InsO nur wirksam, soweit sie sich auf den Mietzins für den zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens laufenden Kalendermonat bezögen. Nur wenn die Eröffnung nach dem 15. Tag des Monats erfolge, sei auch die Verfügung für den folgenden Kalendermonat wirksam. Demgemäß könne der Mieter gem. § 110 Abs. 3 InsO auch nur für den vorgenannten Zeitraum gegen die Mietzinsforderung aufrechnen. Im vorliegenden Fall indes sei das Insolvenzverfahren am 09. April 1999 eröffnet worden, so daß eine Aufrechnung gegenüber den Mietzinsforderungen für Mai und Juni nicht zulässig sei.
Das Landgericht hat ferner ausgeführt, die Klage sei auch begründet, soweit der Kläger die Fe...