1 Leitsatz

Verliert ein Dienstleister den Schlüssel einer Wohnungseigentumsanlage, kann sowohl Schadensersatz für den Austausch der Schlüsselanlage als auch für provisorische Sicherungsmaßnahmen verlangt werden, sofern die konkrete Gefahr eines Missbrauchs des verlorenen Schlüssels besteht. Da Schließanlagen einer mechanischen Abnutzung unterliegen, ist dabei ein Abzug "Neu für Alt" vorzunehmen.

2 Normenkette

BGB § 280 Abs. 1

3 Sachverhalt

Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer K schließt mit der B-GmbH einen Dienstleistungsvertrag ab und händigt B zur Erfüllung ihrer Pflichten einen Schlüssel zur Schließanlage aus. B verliert diesen. Da er beschriftet ist und erkennen lässt, um welches Gebäude es sich handelt, wird die Schließanlage ausgetauscht. K verlangt insoweit von B Schadensersatz.

4 Entscheidung

Mit Erfolg! Die B-GmbH sei nach § 280 Abs. 1, § 249 Abs. 2, § 257 BGB zum Schadensersatz verpflichtet, da sie durch die Nichtrückgabe des Schlüssels ihre Obhuts- und Rückgabepflicht aus dem zwischen den Parteien bestehenden Dienstvertrag verletzt habe. Grundsätzlich entstehe ein ersatzfähiger Schaden, wenn sich der Geschädigte aus objektiver Sicht unter den konkret gegebenen Umständen zur Beseitigung einer fortbestehenden Missbrauchsgefahr veranlasst sehen dürfe, die Schließanlage zu ersetzen und diesen Austausch auch tatsächlich vornehme (BGH, Urteil v. 5.3.2014, VIII ZR 205/13 und LG Paderborn, Urteil v. 25.9.2017, 4 O 139/17). Zwar hätten die Wohnungseigentümer keinen Austausch beschlossen. Der Verwalter sei aber gem. § 27 Abs. 1 Nr. 3 WEG, § 675 und § 670 BGB berechtigt gewesen, den unverzüglichen Austausch der Schließanlage zu veranlassen.

Hinweis

Hat ein Wohnungseigentümer oder ein Dritter einen Schlüssel der Schließanlage zur Hauseingangstür verloren, hat er seine Obhutspflicht verletzt. In diesem Fall kommt es in Betracht, dass er wegen Verletzung dieser Pflicht den anderen Wohnungseigentümern – Schließanlage und Schlüssel sind gemeinschaftliches Eigentum – Schadensersatz schuldet. Was insoweit gilt, müssen die Wohnungseigentümer entscheiden. Denn die Entscheidung, ob man den Schlüsselverlust hinnimmt oder etwas unternehmen will ist – außer es besteht Gefahr in Verzug – von den Wohnungseigentümern zu treffen. Die Entscheidung stammt daher von keinem Gericht mit besonderer Expertise. Denn es ist schlicht falsch, dass ein Verwalter bei einem Schlüsselverlust selbst einen Austausch der Schließanlage veranlassen kann. Ob es zu einem Austausch kommen soll, müssen die Wohnungseigentümer beschließen. Das reicht aber nicht. Denn ein Austausch der Schließanlage kann auf Kosten des Verlierers erst beschlossen werden, wenn der Verlust des Schlüssels aus "Sicherheitsgründen" den Austausch der gesamten Schließanlage erforderlich macht (BGH, Urteil v. 5.3.2014, VIII ZR 205/13, Rn. 14). Dies ist dann der Fall, wenn eine missbräuchliche Verwendung des nicht auffindbaren Schlüssels durch Unbefugte zu befürchten ist (BGH, Urteil v. 5.3.2014, VIII ZR 205/13, Rn. 14). Diese Befürchtung war im Fall gegeben. Denn der Schlüssel war beschriftet. Richtig ist im Übrigen, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer einen Schadensersatzanspruch verfolgen muss.

5 Link zur Entscheidung

OLG Dresden, Urteil v. 20.8.2019, 4 U 665/19

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