In erster Linie ist das selbstständige Beweisverfahren im Hinblick auf Mängelansprüche gegen den Bauträger in den Eigentümergemeinschaften von größter Bedeutung. Ein selbstständiges Beweisverfahren kommt weiter auch dann in Betracht, wenn etwa ungeklärt ist, ob ein Feuchtigkeitsschaden seine Ursache im Sondereigentum oder im Gemeinschaftseigentum hat. Als nach § 1041 BGB "zur Erhaltung der Sache" Verpflichteter kann auch der Nießbraucher ein rechtliches Interesse an der Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer haben.[1]

Zeigen sich etwa Feuchtigkeitsschäden im Bereich der dem Nießbrauch unterliegenden Sondereigentumseinheit, hat der Nießbraucher grundsätzlich auch ein rechtlich schützenswertes Eigeninteresse an der Ursachenerforschung, da er nach vorerwähnter Bestimmung zur Bestandserhaltung verpflichtet ist.

Allgemein anerkannt ist zwar, dass der Verwalter als Notmaßnahme i. S. d. § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG zur Hemmung der Verjährung auch ein selbstständiges Beweisverfahren gegen den Bauträger einleiten kann. Dies gilt aber dann nicht, wenn gerade kein Notfall vorliegt, die Wohnungseigentümer vielmehr bereits seit einem längeren Zeitraum diskutieren, ob der Bauträger gerichtlich in Anspruch genommen werden soll. Leitet der Verwalter dennoch ein selbstständiges Beweisverfahren ein, ist er der Wohnungseigentümergemeinschaft zum Ersatz der Verfahrenskosten verpflichtet.[2]

Für den Fall des praktisch bedeutsamen Vorgehens gegen den Bauträger wegen Mängeln am Sonder- oder Gemeinschaftseigentum ist zunächst zu beachten, dass selbstverständlich jeder Wohnungseigentümer für sich und eigenständig ein selbstständiges Beweisverfahren gegen den Bauträger einleiten kann, wenn Mängel im Bereich seines Sondereigentums vorhanden sind. Was Mängel bezüglich des Gemeinschaftseigentums betrifft, ist der Rechtskreis der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer berührt, da dieser nach § 18 Abs. 1 WEG die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums obliegt. Insoweit wird in aller Regel auch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als Antragstellerin in einem selbstständigen Beweisverfahren fungieren, so Mängel am Gemeinschaftseigentum verfahrensgegenständlich sind.

Auch zur Erhaltung der schutzwürdigen Belange des Bauträgers können insbesondere der Anspruch auf den "kleinen" Schadensersatz sowie die Ausübung der Minderung lediglich durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer geltend gemacht werden. Andernfalls wäre es für Bauträger unzumutbar, wenn sie sich uneinheitlich mit einzelnen Eigentümern wegen Minderungsansprüchen in unterschiedlicher Höhe und anderen Eigentümern wegen der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen auseinandersetzen müssten.[3] Soweit es zwar insoweit mit Blick auf die primären Mängelrechte der Erwerber an einer Gemeinschaftsbezogenheit fehlt, also den Ansprüchen auf Nacherfüllung, Selbstvornahme und das Verlangen eines Kostenvorschusses, hat die Rechtsprechung auch insoweit eine Ausübungsbefugnis durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer für erforderlich gehalten.[4] Die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung erfordern in aller Regel, die auf das Gemeinschaftseigentum bezogenen Erfüllungs- und Nacherfüllungsansprüche eine Ausübung durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, da es hierbei einer gemeinschaftlichen Willensbildung bedarf. Nur bei Vorliegen besonderer Gründe kann von einer Rechtsverfolgung durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer abgesehen werden.[5] Insoweit ergibt sich die Ausübungskompetenz der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nach Inkrafttreten des WEMoG zwar nicht aus § 9a Abs. 2 WEG, wohl aber aus §§ 18 Abs. 1, 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG.

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Übt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Mängelrechte der Wohnungseigentümer aus, kommt sie, wie bereits erwähnt, selbstverständlich auch als Antragstellerin eines selbstständigen Beweisverfahrens in Betracht. Da jeder Wohnungseigentümer Anspruch auf ordnungsmäßige Verwaltung hat, muss die Eigentümergemeinschaft das selbstständige Beweisverfahren auch unter Berücksichtigung der Interessen eines jeden einzelnen Wohnungseigentümers führen. Es widerspricht jedenfalls ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die Eigentümergemeinschaft Gewährleistungsansprüche der Wohnungseigentümer gegen den Bauträger geltend macht und sodann ein Beweissicherungsverfahren mit verjährungshemmender Wirkung nur unzureichend durchführt.[7]

 
Praxis-Beispiel

Schallmängel überwiegend in einer Wohnung

In der neu errichteten Wohnanlage beklagen zunächst mehrere Wohnungseigentümer einen mangelhaften Schallschutz und insoweit Geräuschimmissionen aus anderen Wohnungen. Insbesondere im Bereich einer der Wohnungen sind diese besonders erheblich. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer wird beschlussweise ermächtigt, die entsprechenden Mängelrechte der Wohnungseigentümer geltend zu machen. Weiter wird die Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens beschlossen. Als der vom Gericht beauftragte Sachverständige im Hinblick auf die Notwe...

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