1 Leitsatz
Eine Gartenfläche, für die ein Sondernutzungsrecht besteht, darf durch die übrigen Wohnungseigentümer nicht benutzt werden. Der Eigentümer des Wohnungseigentums, dem das Sondernutzungsrecht zugeordnet ist, ist aus diesem Grunde berechtigt, die Gartenfläche im üblichen Rahmen zu gestalten bzw. umzugestalten. Die Grenze der mit diesen Gestaltungen verbundenen Änderungen des äußeren Erscheinungsbildes ist überschritten, wenn die Wohnungseigentumsanlage durch die Gestaltungen ein anderes Gepräge bekommt.
2 Normenkette
§§ 10 Abs. 1 Satz 2, 16 Abs. 1 Satz 3, 20 Abs. 1 WEG
3 Das Problem
Wohnungseigentümer B lässt auf einer seinem Wohnungseigentum als Sondernutzungsrecht zugeordneten Gartenfläche Mauern errichten und Sträucher und Büsche abholzen. Außerdem lässt er dort Eiben und Thujen pflanzen, errichtet auf Steinsockeln Kunstgegenstände und lässt eine Fläche zur Vorbereitung für seine Fitnessgeräte und einen Basketballkorb abgraben. B sieht alle diese Maßnahmen als eine zulässige "gärtnerische Gestaltung" an. Dies sieht die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer K anders. Sie geht daher gegen B im Wege der Unterlassung/Beseitigung vor.
4 Die Entscheidung
Mit Erfolg! Der Eigentümer des Wohnungseigentums, dem das Sondernutzungsrecht zugeordnet ist, sei zwar berechtigt, die Gartenfläche im üblichen Rahmen zu gestalten bzw. umzugestalten. Eine übliche Gartenpflege, d. h. eine für den Erhalt der Pflanzen notwendige Bewässerung, der übliche Baumschnitt, das Auslichten von Bäumen, die Erneuerung abgestorbener Pflanzen sowie das Rasenmähen und Heckenschneiden seien ihm erlaubt. Die Grenze der damit verbundenen zulässigen Änderungen des äußeren Erscheinungsbildes sei jedoch überschritten, wenn die Wohnungseigentumsanlage durch Umgestaltungen ein grundsätzlich anderes Gepräge bekomme. Dies sei beispielsweise der Fall, wenn eine Bepflanzung radikal beseitigt und durch die Neuanlage eine nach Charakter, Erscheinungsbild und Funktion völlig andere Gartenanlage geschaffen werde und diese Umgestaltung auch nicht aus anderen Gründen, z. B. zur Gefahrenabwehr, geboten sei. Denn in diesen Fällen liege keine Gartenpflege, sondern eine bauliche Veränderung vor. Eine bauliche Veränderung sei beispielsweise bei dem dauerhaften, deutlichen Rückschnitt einer Hecke bejaht worden. Ebenso dann, wenn ein Beet angelegt oder neu eingefasst wurde, Gartenzwerge (in einem großen Maß) aufgestellt werden, bei der Errichtung einer Gabionenwand, bei der Umwandlung eines bepflanzten Gartens in einen "Marmorgarten", beim (umfangreichen) Aufstellen von Pflanztrögen oder beim Entfernen und anschließenden Teeren einer Rasenfläche.
Im Fall sei die gesamte Außenanlage – mithin auch die zu betrachtende Gartenfläche – früher einheitlich gestaltet gewesen. In den Gärten habe es im Wesentlichen Rasenflächen gegeben und in Richtung des Nachbargrundstücks sei eine dichte Bepflanzung mit Laubbäumen und Laubsträuchern zu beobachten gewesen. Durch die Maßnahmen des B weiche seine Gartenfläche von diesem Bild ab. B habe die gesamte Rasenfläche entfernt und durch "Kunstrasen" ersetzt. Ferner habe B die zuvor einheitliche Bepflanzung zum Nachbargrundstück vollständig entfernt und durch in Höhe und Art abweichende Thujen ersetzt. Gleiches gelte für die Gestaltung mit Lichtelementen, Kunstgegenständen und Töpfen in einem erheblichen Ausmaß. Diese Maßnahmen stellten jeweils eine bauliche Veränderung dar. Zudem habe B die Geländeoberfläche neu modellieren lassen, was allein für eine bauliche Veränderung ausreiche.
5 Hinweis
Problemüberblick
Im Fall verändert ein Wohnungseigentümer eine Fläche, die zwar im gemeinschaftlichen Eigentum steht, an dem seinem Wohnungseigentumsrecht aber nach einer Sondernutzungsrechtsvereinbarung ein Benutzungsrecht eingeräumt ist. Liegt es so, muss man untersuchen, welche Rechte einem Wohnungseigentümer mit der Sondernutzungsrechtsvereinbarung eingeräumt sind.
Gartenpflege
Besteht ein Sondernutzungsrecht an einer Gartenfläche, darf der Sondernutzungsberechtigte nach h. M. dort eine "Gartenpflege" betreiben, also Maßnahmen, die der Pflege, Erhaltung oder Bewahrung der Gartenfläche dienen. Zu den üblichen Garten-Maßnahmen zählen in der Regel folgende Maßnahmen:
- die für den Erhalt der Pflanzen notwendige Bewässerung,
- der übliche Baumschnitt,
- das Auslichten von Bäumen,
- die Erneuerung abgestorbener Pflanzen und
- das Rasenmähen und Heckenschneiden.
Was im Übrigen nicht jeder an einem Gartensondernutzungsrecht Berechtigte weiß, aber jeder wissen sollte: Eingesetzte und angesäte Pflanzen werden grundsätzlich wesentliche Bestandteile des Grundstücks, sodass sie automatisch gemeinschaftliches Eigentum (= Eigentum aller Wohnungseigentümer) werden. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Sondernutzungsberechtigte die Pflanzen nur zu einem vorübergehenden Zweck einsetzt, sodass diese nur ein so genannter "Scheinbestandteil" des Grundstücks werden. Diese Annahme ist bei langlebigen Pflanzen allerdings eher selten. Ein vorübergehender Zweck ist aber beispielsweise dann anzunehmen, wenn es sich um einjährige Nutzpflanzen handelt,...