Alexander C. Blankenstein
Rückgriff auf die Erhaltungsrücklage
Die Erhebung von Sonderumlagen wird stets bei Liquiditätsengpässen infolge von Hausgeldrückständen einzelner Wohnungseigentümer erforderlich. Ein Zugriff auf die Erhaltungsrücklage verbietet sich ohne entsprechende Ermächtigung der Wohnungseigentümer. Er ist auch lediglich für einen kurzen Zeitraum in begrenzter Höhe möglich. Der Rücklage müssen die entnommenen Gelder auch bis zum Ablauf der Wirtschaftsperiode wieder zugeführt werden. Die Gemeinschaftsordnung kann die Zweckbindung der Erhaltungsrücklage allerdings im Einzelnen festlegen, sodass ggf. aufgrund entsprechender Regelung ein Zugriff auf die Rücklage bereits aufgrund Vereinbarung legitimiert ist.
Zweckbindung der Rücklage
Aus der Zweckgebundenheit der Erhaltungsrücklage folgt jedenfalls grundsätzlich, dass der Verwalter nicht eigenmächtig Beträge aus der Erhaltungsrücklage zum Ausgleich artfremder Forderungen verwenden darf. Anders kann es dann aussehen, wenn ein entsprechender Ermächtigungsbeschluss der Gemeinschaft vorliegt. Jedenfalls ist ein Beschluss, der einen kurzfristigen Zugriff auf die Erhaltungsrücklage zur Liquiditätssicherung legitimiert, inhaltlich ausreichend bestimmt, wenn er
- klar und eindeutig erkennen lässt, welche Beträge für welche offenen und fälligen Kosten verwendet werden können,
- die Pflicht zur kurzfristigen Wiederauffüllung der Erhaltungsrücklage klar definiert ist und
- die Pflicht zur Erhebung einer Sonderumlage für klar definierte Fälle erfasst.
Jedoch entspricht auch ein solcher Ermächtigungsbeschluss nur in sehr engen Grenzen ordnungsmäßiger Verwaltung:
- Der Zugriff auf die Erhaltungsrücklage darf nur für einen kurzen Zeitraum maximal bis zum Ende der jeweiligen Wirtschaftsperiode erfolgen. Das heißt, am Ende der Wirtschaftsperiode muss die Erhaltungsrücklage die ursprünglich beschlossene Höhe aufweisen.
- Des Weiteren muss auch bei nur kurzfristigem Zugriff auf die Erhaltungsrücklage eine "eiserne Reserve" verbleiben.
- Stets ist zu prüfen, welche absehbaren Erhaltungsmaßnahmen in der nächsten Zeit anstehen und welchen Kapitaleinsatz sie erfordern, ferner welche Aussichten vorhanden sind, einerseits die Rückstände noch einzutreiben und andererseits die Rücklage wieder aufzufüllen.
Keine Rücklagenverrechnung
Die Erhaltungsrücklage stellt gemeinschaftliches Vermögen dar, an dem die einzelnen Wohnungseigentümer keinen Anteil haben. Insoweit verbietet sich ein "Verrechnungszugriff" auf die Erhaltungsrücklage dergestalt, dass der Rücklage der "Anteil" des Hausgeldschuldners an der Rücklage entnommen würde.
Beitragsverpflichtet ist auch der Hausgeldschuldner
Grundsätzlich ist in die Zahlungspflicht einer entsprechenden Sonderumlage auch der säumige Hausgeldschuldner einzubeziehen, denn dessen Unvermögen zur Zahlung kann ihn nicht aus seinen Pflichten der Gemeinschaft gegenüber entlassen. Dies gilt im Übrigen auch dann, wenn über das Vermögen des Hausgeldschuldners das Insolvenzverfahren eröffnet ist. Ist die Umlage nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig geworden, richtet sich die entsprechende Forderung gegen den Insolvenzverwalter. Denn auch die durch eine Sonderumlage entstehende Forderung ist eine Masseverbindlichkeit, die den insolventen Wohnungseigentümer trifft und daher vom Insolvenzverwalter auszugleichen ist.
Was ist zu tun, um den Hausgeldausfall eines Hausgeldschuldners zu berücksichtigen?
Um Liquiditätsengpässe durch Zahlungsausfälle der Hausgeldschuldner zu vermeiden, sollte die Sonderumlage so bemessen werden, dass der anteilige auf die zahlungsfähigen Eigentümer entfallende Umlageanteil den Ausfall der zahlungsunfähigen Wohnungseigentümer auffängt.
Beispiel:
Die Eigentümergemeinschaft besteht aus 10 Wohnungseigentümern, die Kostenverteilung erfolgt nach der Gemeinschaftsordnung nach Objekten. Aufgrund von Hausgeldrückständen zweier Wohnungseigentümer besteht aktuell eine Liquiditätslücke von 4.000 EUR. Zur Auffüllung dieser Lücke bedarf es der Erhebung einer Sonderumlage. Auf jeden Wohnungseigentümer würde also ein Betrag von 400 EUR entfallen. Angesichts der finanziellen Schwierigkeiten der beiden Hausgeldschuldner drängt sich allerdings auf, dass diese auch die Sonderumlage nicht entsprechend werden bedienen können. Die Gemeinschaft würde dann auf Grundlage der beschlossenen Sonderumlage in Höhe von 4.000 EUR tatsächlich nur 3.200 EUR an Einnahmen erzielen. Um dieses Ergebnis zu vermeiden, sollte der Betrag von 4.000 EUR durch die Anzahl zahlungsfähiger Wohnungseigentümer geteilt und der sich ergebende Betrag mit der Anzahl der Wohnungseigentümer multipliziert werden. Vorliegend ergäbe sich dabei ein Betrag von 500 EUR je Wohnungseigentümer. Unter Einschluss der zahlungsunfähigen Hausgeldschuldner würde sich eine Gesamtumlage in Höhe von 5.000 EUR ergeben. Selbst wenn dann die beiden zahlungsunfähigen Eigentümer den auf sie entfallenden Beitrag in Höhe von jeweils 500 EUR nicht leisten können, wäre der Liquiditätsengpass beseitigt.
Künftig entstehende...