Alexander C. Blankenstein
3.1 Vor- und Nachteile für die WEG
Als weitere Finanzierungsform neben der Erhebung einer Sonderumlage (siehe Kap. C.II.1.1) oder eines Zugriffs auf die Erhaltungsrücklage (siehe Kap. C.II.1.2.3.3), kann auch eine Darlehensaufnahme infrage kommen. Im Unterschied zu den beiden vorgenannten Finanzierungsarten stellt im Rahmen einer Darlehensaufnahme ein Dritter die erforderlichen finanziellen Mittel.
Vorteile bietet die Darlehensaufnahme insbesondere im Bereich der energetischen Sanierung, weil viele staatliche Förderprogramme an eine Darlehensaufnahme geknüpft sind. Unabhängig davon, ist eine Darlehensaufnahme stets in solchen Wohnanlagen von Vorteil, in denen wegen Überalterung mehrere kostenintensive Erhaltungsmaßnahmen erforderlich sind, sodass ein Teil der Maßnahmen über die Erhaltungsrücklage, ein weiterer durch Erhebung einer Sonderumlage und schließlich ein dritter Teil durch Darlehensaufnahme finanziert werden kann.
Nachteilig ist die Darlehensaufnahme wegen der mit ihr verbundenen Kosten, insbesondere in Form der neben den Tilgungsbeiträgen zu leistenden Zinszahlungen. Nachteile können mit einer Darlehensaufnahme auch stets für zahlungskräftige Wohnungseigentümer verbunden sein, weil für sie eine Darlehensaufnahme nicht nur mit dem Haftungsrisiko des § 9a Abs. 4 WEG verbunden ist, sondern sie im Extremfall auch eine im Innenverhältnis zur GdWE theoretisch unbegrenzte Nachschusspflicht treffen kann, wenn sie der Kreditgeber nicht aus dieser Haftung entlässt.
3.2 Grundsätze
Der BGH hat bereits vor einigen Jahren bestätigt, dass eine Beschlusskompetenz besteht und die Aufnahme eines Darlehens unter bestimmten Voraussetzungen durchaus ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen kann. Seit Inkrafttreten des WEMoG wird die Darlehensaufnahme auch ausdrücklich in § 9b Abs. 1 Satz 1 WEG erwähnt. Hiernach ist der Verwalter zwar außergerichtlicher und gerichtlicher Vertreter der GdWE, allerdings mit Ausnahme des Abschlusses von Grundstückskauf- und Darlehensverträgen. Insoweit muss der Verwalter durch Beschluss der Wohnungseigentümer entsprechend ermächtigt werden. Bei der Frage, ob eine Darlehensaufnahme den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, sind stets die Maßgaben des konkreten Einzelfalls entscheidend.
Da den Wohnungseigentümern Beschlusskompetenz hinsichtlich einer Darlehensaufnahme zukommt, wird die Frage, ob ein entsprechender Beschluss den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, lediglich im Fall der Erhebung einer Anfechtungsklage gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 WEG überprüft. Nach Ablauf der einmonatigen Anfechtungsfrist des § 45 Satz 1 WEG erwächst der Beschluss über die Darlehensaufnahme also in Bestandskraft. Allerdings kann der Beschluss mangels inhaltlicher Bestimmtheit auch nichtig sein. Dies wird dann anzunehmen sein, wenn wesentliche Eckpunkte der Darlehensaufnahme nicht geregelt sind.
Im Hinblick auf eine Kreditaufnahme ist stets zu differenzieren:
- Handelt es sich lediglich um eine kurzzeitige Kreditaufnahme, etwa in Form eines Kontokorrentkredits zur Überbrückung kurzfristiger Liquiditätsengpässe, oder
- handelt es sich um eine langfristige Kreditaufnahme zur Finanzierung von Erhaltungsmaßnahmen oder Maßnahmen der baulichen Veränderung?
Unerheblich, ob es sich um eine kurzzeitige oder langfristige Kreditaufnahme handelt, ist der Verwalter aus eigenem Recht nicht zur Kreditaufnahme ermächtigt. Stets bedarf es eines entsprechenden Ermächtigungsbeschlusses der Wohnungseigentümer, was sich bereits aus § 9b Abs. 1 Satz 1 WEG ergibt.
3.3 Kurzzeitige Darlehensaufnahme
3.3.1 Keine Eigenmacht des Verwalters
Gemäß § 9b Abs. 1 WEG vertritt der Verwalter die GdWE sowohl außergerichtlich als auch gerichtlich. Dies gilt allerdings nicht für den Abschluss von Grundstückskauf- und Darlehensverträgen. Von erheblicher praktischer Bedeutung ist dabei, dass bereits eine Überziehung des gemeinschaftlichen Girokontos eine Darlehensaufnahme darstellt. Auch der Abschluss eines Girovertrags mit eingeräumtem Kontokorrentkredit bedarf der ausdrücklichen Ermächtigung der Wohnungseigentümer durch Beschluss.
3.3.2 Ermächtigungsbeschluss
Ordnungsmäßiger Verwaltung kann ein Mehrheitsbeschluss entsprechen, der kurzfristige Liquiditätsengpässe vermeiden soll. Folgende Voraussetzungen sind zu beachten:
Voraussetzungen für eine Darlehensaufnahme wegen Liquiditätsengpasses
- Der Kreditbetrag ist auf eine Summe beschränkt, die das 3-fache der monatlichen Hausgeldzahlungen der Gesamtgemeinschaft beträgt.
- Die Beschlussfassung entspricht nur dann ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn tatsächlich ein Liquiditätsengpass besteht.
- Eine Beschlussfassung über eine generelle Kreditaufnahme bzw. Kontenüberziehung übersteigt die Beschlusskompetenz der Gemeinschaft, weil eine Kreditaufnahme oder Kontenüberziehung stets mit einer Zinsbelastung und der persönlichen Teilhaftung der einzelnen Wohnungseigentümer gemäß § 9a Abs. 4 WEG hinsichtlich der Rückzahlung verbunden ist.
Bezogen auf die konk...