1.8.1 Grundsätze

Der Sonderumlagebeschluss ist wie jeder andere Beschluss anfechtbar, wenn er an formellen oder materiellen Mängeln leidet; mangels ausreichender Bestimmtheit kann er nichtig sein (siehe oben Kap. 1.2).

Teilanfechtung des Sonderumlagebeschlusses

 
Praxis-Beispiel

Teilanfechtung der Höhe nach

Die Wohnungseigentümer beschließen eine Erhaltungsmaßnahme sowie deren Finanzierung mittels einer Sonderumlage. Wohnungseigentümer W ist mit der Höhe der Sonderumlage nicht einverstanden und erhebt entsprechend Anfechtungsklage, mit der er sich auch nur gegen die Höhe wendet.

Eine Anfechtungsklage kann grundsätzlich auf einen abtrennbaren Teil des Beschlusses beschränkt werden. An der Abtrennbarkeit fehlt es aber, wenn eine Sonderumlage um einen bestimmten Betrag reduziert werden soll. Die Anfechtungsklage ist deshalb in unzulässiger Weise beschränkt, weshalb sie im Zweifel als Anfechtung des ganzen Beschlusses auszulegen ist.[1]

Könnte eine Sonderumlage für unwirksam erklärt werden, soweit sie einen bestimmten Betrag übersteigt, würde sich der übrig bleibende Teil des Beschlusses inhaltlich von dem in der Versammlung gefassten Beschluss unterscheiden, da durch eine Reduzierung des Umlagebetrags das Finanzierungskonzept der Erhaltungsmaßnahme verändert würde. Das Gericht ist im Beschlussanfechtungsverfahren aber nicht befugt, die im Beschluss getroffene Regelung inhaltlich zu ändern oder durch geeignet erscheinende andere Maßnahmen zu ergänzen oder zu ersetzen. Vielmehr hat es sich auf die Ungültigerklärung des angefochtenen Beschlusses zu beschränken. Daher darf es eine beschlossene Sonderumlage zur Finanzierung einer Erhaltungsmaßnahme nicht um einen bestimmten Betrag reduzieren.

Etwas anderes soll aber dann gelten, wenn im Rahmen eines Beschlusses über die Erhebung einer Sonderumlage versehentlich eine Position doppelt angesetzt wird. Dann soll nicht der gesamte Finanzierungsbeschluss für ungültig zu erklären sein. Es sei lediglich der Sonderumlagebetrag um den doppelt angesetzten Betrag zu kürzen.[2] Entsprechendes dürfte aber auch dann gelten, wenn die Sonderumlage zur Überbrückung einer Liquiditätslücke dient und deren Höhe die bestehende Liquiditätslücke wesentlich übersteigt.[3]

Unwirksamkeit des Maßnahmebeschlusses schlägt auf Sonderumlagebeschluss durch

Wird im Übrigen der Beschluss über eine bestimmte Maßnahme nach Erhebung einer Anfechtungsklage für unwirksam erklärt, ist auch der damit zusammenhängende Beschluss über eine Sonderumlage zur Finanzierung der Maßnahme auf Anfechtung hin für ungültig zu erklären. Es ist nämlich nicht anzunehmen, dass es dem Willen der Wohnungseigentümer entspricht, den Beschluss über die Sonderumlage aufrechtzuerhalten, wenn der zugrundeliegende Beschluss über die Maßnahme selbst nicht bestandskräftig wird. Vielmehr ist die Tatsachengrundlage für eine Sonderumlage entfallen.[4]

1.8.2 Zahlungspflicht

Ist der Beschluss, mit dem die Sonderumlage geregelt ist, gerichtlich angefochten worden, sind die Beiträge dennoch zu leisten – sowohl vom anfechtenden Wohnungseigentümer als auch von den übrigen Wohnungseigentümern. Eine Beschlussanfechtungsklage hat nämlich auch hinsichtlich der Zahlungspflicht einer Sonderumlage keine aufschiebende Wirkung.[1]

 

Kein Zurückbehaltungsrecht; eingeschränktes Aufrechnungsrecht

Grundsätzlich steht – unabhängig von der Erhebung einer Anfechtungsklage – keinem Wohnungseigentümer hinsichtlich seiner Beitragspflicht zu einer beschlossenen Sonderumlage ein Zurückbehaltungsrecht zu. Dies gilt auch für den Fall, dass ein Wohnungseigentümer etwa einen Anspruch auf Erhaltung gegen die Gemeinschaft hat.[2]

Eine Aufrechnung gegen seine Beitragspflicht kommt lediglich dann in Betracht, wenn der Wohnungseigentümer einen titulierten oder anerkannten Anspruch gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hat[3] oder dieser aus einer Maßnahme der Notgeschäftsführung nach § 18 Abs. 3 WEG resultiert.[4]

Die Zahlungspflicht bleibt bis zum rechtskräftigen Abschluss des Anfechtungsverfahrens bestehen. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Ungültigerklärung des Beschlusses Rückwirkung entfaltet. Für die Zeit, in der die fälligen Forderungen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer vorenthalten wurden, ist der hierdurch entstehende wirtschaftliche Nachteil durch Ersatz des Zins- und anderweitigen Verzugsschadens zu leisten.[5]

Beschluss ist ungültig, Maßnahme wurde noch nicht durchgeführt

Wird der Beschluss über die Sonderumlage rechtskräftig für ungültig erklärt, besteht weder für mittlerweile ausgeschiedene Wohnungseigentümer noch für weiterhin der Gemeinschaft angehörige Wohnungseigentümer ein Rückforderungsanspruch. Ein Ausgleich hat über die Beschlussfassung über die Festsetzung der Nachschüsse bzw. Anpassungsbeträge auf Grundlage der Jahresabrec...

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