Zu berücksichtigen ist bei einer Bemessung der Erhaltungsrücklage unter Verwendung von Formeln stets, dass Formeln Besonderheiten der Wohnanlage nicht berücksichtigen können. Ausschlaggebend sind jedoch insbesondere der Zustand der Anlage sowie die jeweilige Ausstattung und Einrichtung. Verfügt die Wohnanlage etwa über einen Aufzug, über ein gemeinschaftliches Schwimmbad und/oder eine gemeinschaftliche Sauna und ggf. noch Belüftungsanlagen, dürfte der Erhaltungsbedarf über dem einer vergleichbaren Anlage ohne die genannten Einrichtungen liegen. Völlig vernachlässigt bleibt auch die allgemeine Preissteigerung.

Aus all diesen Gründen haben die Wohnungseigentümer einen weiten Ermessensspielraum, was die tatsächliche Höhe der Erhaltungsrücklage angeht. Allerdings muss diese realistisch sein. Eine Rücklagenhöhe von jährlich 2,50 EUR pro Quadratmeter Wohnfläche ist deutlich zu niedrig.[1] Bei einer 70-qm-Wohnung würde sie bei lediglich 175 EUR im Jahr, mithin bei 14,58 EUR im Monat liegen. Nicht beanstandet wurde eine Rücklagenhöhe von jährlich 9 EUR pro Quadratmeter Wohnfläche.[2] Bei einer 70-qm-Wohnung würde die Rücklagenhöhe bei 63 EUR im Monat liegen. Allerdings dürfte dieser Ansatz heute zu niedrig sein. Werden allerdings die Ansätze nach § 28 Abs. 2 II. BV um mehr als das Doppelte überschritten, entspricht auch dies nicht mehr ordnungsmäßiger Verwaltung.[3]

 

Ansätze der II. BV sind regelmäßig unbedenklich

Die korrekte Bemessung einer angemessenen Höhe der Erhaltungsrücklage ist, weil von vielen Faktoren abhängig, in der Praxis schwierig. Insbesondere dann, wenn sich die Wohnungseigentümer bezüglich der konkreten Rücklagenhöhe nicht einig sind, sollte der Verwalter die Wohnungseigentümer darauf aufmerksam machen, dass sich die Rechtsprechung mit Blick auf eine angemessene Rücklagenhöhe im Zweifel an den Ansätzen von § 28 Abs. 2 II. BV orientiert. Insoweit wurde bereits klargestellt, dass die Höhe einer zu bildenden Erhaltungsrücklage den Ermessensspielraum der Wohnungseigentümer nicht überschreitet, wenn die Sätze des § 28 Abs. 2 II. BV als Anhaltspunkte für die Bemessung herangezogen werden, auch wenn diese je nach Alter und Zustand der Wohnanlage zu gering erscheinen kann.[4] Allerdings sollten die sich unter Berücksichtigung der Anpassung der Pauschalen des § 28 Abs. 2 Satz 1 II. BV an die Entwicklung des Verbraucherpreisindexes in Deutschland zum 1.1.2020 ergebenden Werte in Ansatz gebracht werden (siehe Kap. 2.2.1) und nicht die sich aus dem Text des § 28 Abs. 2 Satz 1 II. BV ergebenden Pauschalen.

[1] AG Neustadt (Rübenberge), Urteil v. 9.2.2015, 20 C 687/114, IMR 2015 S. 243.
[3] AG Stuttgart, Urteil v. 9.2.2018, 67 C 3653/17 WEG, WuM 2018 S. 233.
[4] AG Neustadt (Rübenberge), Urteil v. 9.2.2015, 20 C 687/114, IMR 2015 S. 243.

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