1 Leitsatz
Ein Wohnungseigentümer, der selbst Verwalter ist, kann nach § 25 Abs. 5 WEG nicht mitstimmen, wenn das Verwalterhonorar erhöht werden soll.
2 Normenkette
WEG § 21 Abs. 4, § 25 Abs. 5
3 Sachverhalt
Es gibt nur 2 Wohnungseigentümer. K, dem 1 Wohnungseigentum gehört und B, der Eigentümer von 2 Wohnungseigentumsrechten und zugleich Verwalter ist. Es gilt das Wertstimmrecht. Mit den Stimmen des B beschließen die Wohnungseigentümer, die Kosten von Rechtsanwalt R zu übernehmen. Dieser war von B beauftragt worden, von der Voreigentümerin des K, einer C, eine Forderung einzutreiben. Ferner wird mit den Stimmen des B beschlossen, sein Honorar auf 60 EUR/Einheit zu erhöhen. Gegen diese Beschlüsse geht K vor. B habe gegen C andere als mit der Verwaltung zusammenhängende Ansprüche verfolgt. Beim anderen Beschluss habe für B ein Stimmrechtsausübungsverbot nach § 25 Abs. 5 WEG vorgelegen.
4 Entscheidung
Die Klage hat Erfolg! Der Kostenübernahmebeschluss sei zu unbestimmt, denn er lasse nicht erkennen, welche Kosten für welche Tätigkeit des R von ihm erfasst sein sollen. Auch sei nicht erkennbar, welche Gebühren abzurechnen waren und ob nicht bereits bestimmte Angelegenheiten zuvor durch entsprechende Honorarnoten des R abgerechnet worden seien. Der Beschluss über die Erhöhung des Verwalterentgelts sei für ungültig zu erklären. Denn B sei nach § 25 Abs. 5 WEG nicht stimmberechtigt gewesen.
Hinweis
Soweit das Gericht meint, der Kostenübernahmebeschluss sei zu unbestimmt, ist die Entscheidung dem Verwalter eine Warnung, bei entsprechenden Beschlüssen im Beschlusstext selbst oder durch eine Verweisung keine Zweifel aufkommen zu lassen, welche Forderung mit welchen Mitteln erfüllt werden soll. Bei Rechtsanwaltskosten ist es insoweit leicht: Der Rechtsanwalt kann nach § 10 RVG die Vergütung nur aufgrund einer von ihm unterzeichneten und dem Auftraggeber mitgeteilten Berechnung einfordern. Diese Berechnung ist im Beschluss zu nennen oder es ist auf sie zu verweisen.
Soweit das Gericht den B vom Stimmrecht als ausgeschlossen ansieht, stellt dies eine typische Fallgestaltung des § 25 Abs. 5 Fall 1 WEG auf. Danach ist ein Wohnungseigentümer nicht stimmberechtigt, wenn die Beschlussfassung die Vornahme eines auf die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums bezüglichen Rechtsgeschäfts mit ihm betrifft. So war es offensichtlich im Fall. Bei der Vornahme von Rechtsgeschäften, auf denen ein Wohnungseigentümer auf beiden Seiten steht, ist danach zu differenzieren, ob vorrangig "mitgliedschaftliche Rechte und Interessen" maßgeblich sind oder private Sonderinteressen überwiegen. Ersteres kann angenommen werden, wenn die bloße Verwalterbestellung beschlussgegenständlich ist. Private Sonderinteressen spielen jedoch bereits dann eine Rolle, wenn über die Verwalterbestellung hinaus ein Verwaltervertrag geschlossen, geändert oder beendet werden soll. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Verwaltervergütung oder deren Änderung betroffen ist, da bei deren Höhe die privaten Sonderinteressen vorrangig sind. Denn hierbei geht es um die Abgeltung des Einsatzes der persönlichen Arbeitskraft. Insbesondere bei der Verwaltervergütung ist der Interessenkonflikt evident, weil der Betroffene als Verwalter ein natürliches Interesse an einer möglichst hohen Vergütung hat, während die Rolle als Wohnungseigentümer die Orientierung an einer möglichst sparsamen Mittelverwendung gebietet.
Achtung: Beschlussfähigkeit
Im Fall konnte man auch untersuchen (und wurde auch untersucht), ob die Versammlung überhaupt beschlussfähig war. Dies ist nach § 25 Abs. 3 WEG nur der Fall, wenn die erschienenen stimmberechtigten Wohnungseigentümer mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile, berechnet nach der im Grundbuch eingetragenen Größe dieser Anteile, vertreten. Danach war die Versammlung – bezogen auf die Erhöhung der Verwaltervergütung – nicht beschlussfähig. Dennoch bedurfte es keiner Zweitversammlung. Ist nämlich mindestens die Hälfte der Miteigentumsanteile von der Ausübung des Stimmrechts ausgeschlossen, ist ausnahmsweise auch eine Versammlung, in der die erschienenen stimmberechtigten Wohnungseigentümer nicht mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile vertreten, beschlussfähig. Sonst könnte eine Versammlung der Eigentümer in solch einem Fall selbst dann, wenn alle nicht vom Stimmrecht ausgeschlossenen Wohnungseigentümer anwesend wären, niemals beschlussfähig sein. Die Einberufung einer Erstversammlung diente dann als bloße "Förmelei" nur der Feststellung der Beschlussunfähigkeit als Voraussetzung für die Einberufung einer Zweitversammlung. Um diese teleologische Reduzierung zu rechtfertigen, muss allerdings sichergestellt sein, dass die nicht Stimmberechtigten ihr Stimmrecht dauerhaft nicht ausüben dürfen. Wenn ihre Stimmrechte nur ruhen und bis zu einer Zweitversammlung wiederaufleben können, muss diese einberufen werden. Entsprechendes gilt, wenn ein (noch) nicht ausreichend bevollmächtigter Vertreter des Mehrheitseigentümers erscheint.
5 Link zur Entscheidung
AG Kassel, Urteil v. 24.10.2019, 800 C 2006/19