Oftmals wird eine Umverteilung der Zuständigkeiten auch im Wege der Beschlussfassung versucht.

2.3.1 Möglichkeit genereller Regelungen durch Beschluss

Da jetzt im Rahmen des § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG Beschlusskompetenz über die Regelung der Kostentragung nicht nur im Einzelfall besteht, sind Beschlüsse über die Verteilung von Erhaltungskosten möglich. Der Anwendungsbereich des § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG ist denkbar weit gefasst, da der Beschlusskompetenz (nahezu) alle Kostenarten unterfallen, auch die Kosten für die Erhaltung des Gemeinschaftseigentums. Die Beschlusskompetenz besteht auch grundsätzlich unabhängig davon, ob der gesetzliche Kostenverteilerschlüssel gem. § 16 Abs. 2 Satz 1 WEG (Miteigentumsanteile), ein vormals beschlossener oder ein in der Gemeinschaftsordnung vereinbarter Umlageschlüssel geändert werden soll.

Ein ordnungsmäßiger Beschluss über die Abänderung des Kostenverteilungsschlüssels nach § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG muss dem Gleichbehandlungsgebot entsprechen, so dass vergleichbare in Zukunft auftretende Fälle gleich zu behandeln sind.[1]

[1] LG Frankfurt a. M., Urteil v. 30.3.2023, 2-13 S 15/22.

2.3.2 Konkreter Verteilerschlüssel

  • Ausdrückliche Bezeichnung

    Die konkreten Kostenverteilerschlüssel müssen im Beschluss selbst genannt werden. Wenn unklar bleibt, welche Schlüssel ab wann geändert werden sollen, ist der Beschluss zu unbestimmt.[1]

  • Keine erstmalige Belastung/erstmalige Befreiung

    Nach § 16 Abs. 3 WEG a. F. sollte die erstmalige Belastung und erstmalige Befreiung bei der Kostentragung ausscheiden.[2] Die erstmalige Begründung einer Kostentragungspflicht unter Aufhebung einer vereinbarten Kostenbefreiung stellt – auch nach dem WEMoG – keine Veränderung eines Umlageschlüssels dar, sondern eine Erweiterung des Kreises der Kostenschuldner. Es ist nicht erkennbar, dass § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG hieran etwas ändern sollte.[3]

  • Keine generelle Änderung eines Kostenverteilerschlüssels

    Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG können die Eigentümer eine abweichende Verteilung nur für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten beschließen, nicht eine generelle Veränderung i. S. e. allgemeinen Verteilerschlüssels. Ein solcher Beschluss wäre mangels Beschlusskompetenz nichtig.[4]

    Die Gegenmeinung verweist u. a. auf die Formulierung "von einer Vereinbarung abweichenden" Verteilung und erlaubt die erstmalige Belastung mit Kosten.[5] Es handelt sich um eine umfassende gesetzliche Öffnungsklausel.[6] Ein "sachlicher Grund" für die Änderung der Kostenverteilung ist nicht erforderlich.[7]

    Auch die früher nichtigen sog. "Fensterbeschlüsse" sind jetzt möglich.[8] Teilweise auch eine Delegation im Einzelfall.

  • Keine Einführung neuer/individueller Kostenlast

    § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG enthält keine Kompetenz, zu Lasten einzelner Wohnungseigentümer neue Anspruchsgrundlagen zu schaffen. Ein Beschluss über die Begründung individueller Leistungspflichten[9] wie die Erhebung von Vertragsstrafen oder pauschalierten Schadensersatzansprüchen (auch die Erhebung einer "Umzugskostenpauschale", da § 21 Abs. 7 WEG a. F. gestrichen wurde) ist außerhalb der gesetzlichen Möglichkeiten des § 28 Abs. 1, 2 und 3 WEG mangels Beschlusskompetenz nichtig.[10]

  • Verteilung von Erhaltungskosten

    § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG erfasst auch Erhaltungskosten, allein mit Ausnahme der Kosten baulicher Veränderungen nach § 20 WEG. Die Gemeinschaft kann deshalb etwa durch Mehrheitsbeschluss (nur) den (Teil-)Eigentümern der Doppelparker unter Befreiung der übrigen (Wohnungs-)Eigentümer die gesamten Erhaltungskosten aufbürden.[11]

    Zwar unterliegt die Änderung des Verteilerschlüssels für die Aufbringung der Erhaltungskosten, isoliert gesehen, der Beschlusskompetenz des § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG, allerdings treten hierdurch praktisch kaum lösbare Probleme bei der Finanzierung späterer Erhaltungsmaßnahmen durch Entnahme aus den Mitteln der Erhaltungsrücklage auf. Wird eine Änderung des Kostenverteilerschlüssels für Erhaltungsmaßnahmen mit Wirkung für die Zukunft beschlossen, so scheidet eine Entnahme von Mitteln aus der Erhaltungsrücklage nach diesem Umlageschlüssel wegen einer Inkongruenz mit dem Zuführungsschlüssel aus. Es müsste entweder eine neue Rücklage gebildet oder Erhaltungsmaßnahmen nur noch im Wege der Erhebung von Sonderumlagen finanziert werden.[12] Nach strengster Ansicht bedarf die dauerhafte Änderung des Umlageschlüssels zur Erhaltungsrücklage sogar einer Vereinbarung.[13]

  • Verteilung der Kosten einer baulichen Veränderung

    Für einen Beschluss nach § 21 Abs. 5 Satz 1 WEG, der Eigentümer zur (erstmaligen) Kostentragung verpflichtet, die laut Gemeinschaftsordnung von diesen Kosten freigestellt sind, besteht Beschlusskompetenz, er ist ordnungswidrig (Zitterbeschluss), aber eben nicht nichtig.[14]

  • Abänderung vereinbarter Miteigentumsanteile/Wohn- bzw. Nutzflächen

    Dagegen ist die Abänderung vereinbarter Miteigentumsanteile oder Wohn- bzw. Nutzflächen der Beschlusskompetenz des § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG entzogen.[15] Der Kostenverteilung anderer Wohn-/Nutzflächen als die in der Teilungserklärung aufgeführten zugrunde zu legen, ist indes zulässig, wenn ...

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