Rz. 300
Die einstweilige Verfügung ist im Mietverhältnis bisher nur dann zulässig, wenn zu besorgen ist, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts einer Mietvertragspartei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 935 ZPO), oder wenn die einstweilige Verfügung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint (§ 940 ZPO). Besonderheiten ergeben sich aus § 940 a ZPO.
Rz. 301
Typischer Fall im Rahmen der Wohnraum- und Geschäftsraummiete ist insoweit die nicht durch einen gerichtlichen Titel gedeckte eigenmächtige Inbesitznahme von Räumlichkeiten und deren eigenmächtiges Ausräumen durch den Vermieter (vgl. dazu OLG Dresden, Urteil v. 14.6.2017, 5 U 1426,16, ZMR 2018, 501) oder die Anbringung eines neuen Türschlosses gegen den Willen des abwesenden Allein- oder Mitmieters nach Beendigung des Mietverhältnisses (vgl. dazu AG München, Urteil v. 27.6.2017, 461 C 9942/17, ZMR 2018, 515). Eine durch Auswechslung des Schlosses begangene verbotene Eigenmacht kann der Vermieter auch nicht mit der Ausübung des Vermieterpfandrechts entschuldigen (OLG Rostock, Urteil. v. 8.6.2017, 3 U 70/13, GE 2019, 798). Der Wohnungsmieter kann vom Vermieter im Wege der einstweiligen Verfügung auch Zugang zu dem Gebäude, in dem sich die Mietwohnung befindet, verlangen (LG Heidelberg, Urteil v. 9.3.2023, 5 S 46/22, BeckRS 2023, 670). Der Mieter kann gegen diese verbotene Eigenmacht Wiedereinräumung des Besitzes im Wege der einstweiligen Verfügung verlangen, ohne dass es auf die Wirksamkeit der vom Vermieter ausgesprochenen Kündigung ankommt (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 3.7.2008, I-24 W 49/08, GE 2009, 325; AG München, Urteil v. 13.6.2017, 461 C 9942/17). Denn der Vermieter kann gegenüber dem possessorischen Besitzanspruch des Mieters nicht einwenden (§ 863), dass er gegen den Mieter einen materiell-rechtlichen Räumungsanspruch (§ 546) hat. Der Vollstreckungsantrag des Mieters ist dann darauf zu richten, dass er ermächtigt wird, auf Kosten des Vermieters die Wohnungstür öffnen zu lassen (§§ 887 Abs. 1 ZPO a. E. i. V. m. § 885 ZPO). Gleichwohl ist der Antrag des Mieters auf Wiedereinräumung des Besitzes zurückzuweisen, wenn der Vermieter seinen Anspruch auf Herausgabe ebenfalls im Verfahren der einstweiligen Verfügung geltend macht (LG Berlin, Urteil v. 6.12.2004, 12 O 633/04, GE 2005, 238).
Der Anspruch auf Wiedereinräumung des Besitzes (vgl. dazu Ostermann, WuM 1992, 342, 346) des nach unwirksamer Eigenbedarfskündigung des Vermieters oder trotz des – dem Mieter nicht bekannten – Wegfalls des Eigenbedarfs bis zum Ablauf der Kündigung ausgezogenen Wohnraummieters kann durch ein im Wege der einstweiligen Verfügung zu erlassendes Verbot der Weitervermietung gesichert werden (LG Hamburg, Urteil v. 7.6.2007, 307 S 34/07, WuM 2008, 92; Hinz, NZM 2005, 841). Insoweit reicht die Glaubhaftmachung aus, dass der Besitz der vormals berechtigten Mieters durch verbotene Eigenmacht entzogen worden war, sowie dass der Besitz der Verfügungsbeklagten ihm gegenüber fehlerhaft ist; insoweit obläge es demgegenüber den Verfügungsbeklagten darzutun, dass sie den Besitz an der Wohnung i.S.d. § 858 Abs. 2 gutgläubig erworben hätten; dazu müssten sie vortragen, wer ihnen die Wohnung wann zu welchen Konditionen überlassen haben soll, auf welche Rechte an der Wohnung sich diese Personen beriefen und von wem diese ein Recht zum Besitz der Wohnung abgeleitet haben sollen. Waren die Verfügungsbeklagten selbst gar nicht in der Lage, eine wirksame Entscheidung über ihren Einzug in die Wohnung zu treffen und die Rechtmäßigkeit ihrer Inbesitznahme der Wohnung zu beurteilen, dürfte es außerdem auch darauf ankommen, ob diejenigen Personen, die die Verfügungsbeklagten in die Wohnung verbrachten und sie dort quasi als ihre Besitzmittler installierten, ihrerseits der Verfügungsklägerin gegenüber fehlerfreien Besitz an der Wohnung erworben hatten; auch dies wäre von den Verfügungsbeklagten darzutun (LG Berlin, Beschluss v. 30.3.2023, 64 S 331/22, GE 2023,898). Will der Vermieter die geräumte Wohnung weiter veräußern, kommt ein einstweiliges Veräußerungsverbot in Betracht, um den Anspruch des ausgezogenen Mieters auf Wiedereinräumung, der sich nur gegen den kündigenden Vermieter richten kann, zu sichern (LG Bonn, WuM 1988, 402; Ostermann, a. a. O.). Bei der Entziehung und Störung des Mitbesitzes des Mieters an einem Kellerraum und einer Gemeinschaftswaschküche bedarf es im einstweiligen Verfügungserfahren i.d.R. keines besonderen Verfügungsgrundes (AG Brühl, Urteil v. 10.3.2010, 24 C 572/09, WuM 2012, 152).
Rz. 302
Der Mieter kann während des Mietverhältnisses den Anspruch auf ordnungsgemäße vertragsgemäße Versorgung der Räume mit Wärme, Energie und Wasser im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzen (OLG Köln, Beschluss v. 13.4.1994, 2 W 50/9, ZMR 1994, 325). Das gilt für die Versorgung mit Warmwasser auch bei warmen Außentemperaturen (LG Fulda, Beschluss v. 5.1...