Verfahrensgang
AG Jena (Aktenzeichen 44 F 573/23) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Jena vom 30.11.2023, Az. 44 F 573/23, wird zurückgewiesen.
2. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
3. Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.
4. Der Antragsgegnerin wird ab Antragstellung und ohne Festsetzung von Zahlungen Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt L. D. bewilligt.
5. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 4.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Das Kind A., geboren am 30.09.2011, ist die gemeinsame Tochter des Antragstellers und der Antragsgegnerin. Die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern und A. sind ukrainische Staatsangehörige. Die Eltern sind nicht verheiratet; sie lebten seit Oktober 2011 in der U. in der Stadt S. mit dem Kind in einer Lebensgemeinschaft. Zwischenzeitlich haben sie sich getrennt.
Am 26.02.2022 erteilte der Antragsteller/Kindesvater sein Einverständnis mit der Ausreise des Kindes zusammen mit der Kindesmutter/Antragsgegnerin aufgrund des russischen Angriffs auf die U..
Die Kindesmutter und das Kind nahmen anschließend zunächst ihren Aufenthalt in P. und dann ab 11.07.2022 in D./A.. Im Februar 2023 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit - nach einem kurzen Besuch von Mutter und Kind in der U. -, dass sie mit A. nicht mehr in die U. zurückkehren wolle. Daraufhin zog dieser am 24.02.2023 seine Zustimmung zur vorübergehenden Ausreise zurück und forderte die unverzügliche Rückführung des Kindes in die U..
Nachdem die Antragsgegnerin seinen Aufforderungen zur Rückkehr mit dem Kind nicht nachkam, beantragte der Antragsteller am 20.10.2023 beim Familiengericht, die Antragsgegnerin zu verpflichten, das Kind innerhalb einer angemessenen Frist in die U. zurückzuführen. Die Region und auch die Stadt S. sei seit dem 03.04.2022 stabil und unter Kontrolle; alle Institutionen, Behörden und Schulen funktionierten normal. Die Grundversorgung sei sichergestellt.
Die Antragsgegnerin beantragte die Abweisung des Rückführungsantrags. In der U. bestehe Lebensgefahr für A.. Das Kind habe sich im Übrigen zwischenzeitlich in Deutschland eingelebt.
Durch das Familiengericht wurde dem Kind eine Verfahrensbeiständin bestellt. Diese befürwortete den Verbleib des Kindes in D., ebenso das zuständige Jugendamt.
Die minderjährige A. erklärte in der Anhörung durch das Familiengericht, dass sie zwar sehr an ihrem Vater hänge, aber derzeit nicht in der U. leben wolle, da sie dort in Gefahr sei. Sie wolle insgesamt lieber in D. bleiben.
Nach mündlicher Erörterung wies das Familiengericht mit Beschluss vom 30.11.2023, auf den verwiesen wird, den Antrag des Antragstellers auf Rückführung des Kindes A. zurück.
Mit seiner dagegen gerichteten Beschwerde will der Antragsteller weiter die Rückführung seiner Tochter in die U. erreichen. Er wiederholt seine erstinstanzlichen Ausführungen. Das Kind könne im übrigen auch in ein anderes Gebiet in der U. zurückgeführt werden. Anhaltspunkte dafür, dass die Gerichte in der U. korrupt seien, und deswegen das Kind durch eine fehlerhafte Sorgeentscheidung in der U. Schaden nehmen könnte, seien nicht belegt. Die Rückführung könne durch den Halbbruder von A., der in T. lebe, durchgeführt werden.
Der Antragsteller beantragt,
den angefochtenen Beschluss abzuändern und die Antrags- und Beschwerdegegnerin zu verpflichten, das Kind A. innerhalb einer angemessenen Frist in die U. zurückzuführen,
sofern die Antrags- und Beschwerdegegnerin dieser Verpflichtung nicht nachkomme, die Herausgabe des Kindes an den Stiefsohn des Antragstellers und Beschwerdeführers zum Zwecke der sofortigen Rückführung in die U. anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verweist auf die aktuellen Berichte in der Presse über den Krieg. S. befinde sich im Übrigen im Luftkorridor zwischen R. und K., im Falle einer Rückführung bestünde Lebensgefahr für das Kind.
Jugendamt und Verfahrensbeiständin wiederholen ihre ursprünglichen Stellungnahmen, in denen sie den Verbleib des Kindes in der Bundesrepublik befürworteten.
II. Die Beschwerde des Antragstellers ist gemäß § 40 Abs. 2 IntFamRVG in Verbindung mit §§ 58 ff. FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgemäß (§ 40 Abs. 2 IntFamRVG) eingelegt und begründet worden.
In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.
1. Grundlage für eine Rückführungsanordnung ist das Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführungen vom 25.10.1980 (nachfolgend HKÜ). Das HKÜ gilt sowohl für die Bundesrepublik Deutschland als auch für die U., beide Staaten sind Mitgliedsländer. Der nach Art. 1 HKÜ erforderliche Auslandsbezug ist gegeben, weil das Kind von einem Vertragsstaat in einen anderen Vertragsstaat verbracht worden ist, der personelle Anwendungsbereich ist eröffnet, weil der gewöhnliche A...