Normenkette

BGB § 1603 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Ilmenau (Aktenzeichen F 300/00)

 

Tenor

Der Klägerin wird Prozesskostenhilfe für die Berufungsinstanz unter Beiordnung von Rechtsanwalt G., bewilligt, soweit sie beantragt, den Beklagten zu verurteilen, in Abänderung des Urteils des AG – FamG – Ilmenau vom 30.5.2001 (AG Ilmenau v. 30.3.2001 – F 300/00) an sie zu Händen der Kindesmutter einen monatlichen Kindesunterhalt i.H.v. 291 DM ab dem 1.12.2000 sowie i.H.v. 264 DM ab dem 1.7.2001 zu zahlen, zahlbar monatlich im Voraus.

Der weitergehende Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die beabsichtigte Berufung bietet nach dem Vorbringen der Klägerin in dem Schriftsatz vom 10.7.2001 nur teilweise Aussicht auf Erfolg.

Der Beklagte ist nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand aufgrund der bestehenden vier Unterhaltsverpflichtungen nur im Rahmen der bewilligten Prozesskostenhilfe als leistungsfähig anzusehen.

Die Kindeseltern sind seit dem 26.5.1999 rechtskräftig geschiedene Eheleute. Die Klägerin lebt bei der Kindesmutter und hat bis zum 27.11.2000 Unterhaltsvorauszahlungen erhalten. Der Beklagte ist neben der Klägerin drei weiteren Kindern ggü. unterhaltsverpflichtet: R.M., geboren am 2.8.1985, B.Ch., geboren am 5.7.1990 und M.Ch., geboren am 4.5.2000.

Das durchschnittliche Nettoeinkommen des Beklagten als Fahrlehrer betrug bis zum 31.12.2000 1.783,50 DM. Das Arbeitsverhältnis endete durch Kündigung. Seit dem 15.2.2001 arbeitet der Beklagte, der bereits von 1994 bis 1997 als Kraftfahrer beschäftigt war und im Umgang mit verschiedenen Ladetechniken (Radlader, Bagger) vertraut ist, als Kraftfahrer und verdient ausweislich der vorgelegten Lohnabrechnung März 2001 2314,42 DM. In dem Nettoeinkommen ist eine steuerfreie Position Übernachtungskosten i.H.v. 780 DM enthalten.

Das AG hat der Klägerin – unter Zugrundelegung eines monatlichen Nettoeinkommens i.H.v. 2.000 DM – einen monatlichen Kindesunterhalt im Mangelfall i.H.v. 177,98 DM zugesprochen.

Im Rahmen der Prozesskostenhilfebewilligung ist davon auszugehen, dass der Beklagte ggü. der Klägerin zumindestens i.H.v. 291 DM bzw. 264 DM Kindesunterhalt monatlich sowohl für die Zeit der Arbeitslosigkeit als auch für die Zeit ab Arbeitsaufnahme leistungsfähig ist (§ 1603 Abs. 1, 2 BGB).

Zwar richtet sich der Unterhaltsbedarf minderjähriger unverheirateter Kinder nach den Lebensverhältnissen des unterhaltsverpflichteten Elternteils und die behaupteten Einkünfte des Beklagten aus Arbeitsverdienst für Dezember 2000 und ab dem 15.2.2001 reichen ohne Abzug der Übernachtungskosten nicht aus, um daraus unter Berücksichtigung sämtlicher Unterhaltsverpflichtungen weder den Mindestunterhalt noch einen monatlichen Unterhalt i.H.v. 291 DM bzw. 264 DM für die Klägerin zu zahlen.

Ob der Beklagte seiner Darlegungslast durch Vorlage der Verdienstabrechnung für den Monat März 2001 genügt hat, kann dahinstehen. Nach der Rechtsprechung des Senats hätte es dem Beklagten oblegen, zusammenhängende Lohnabrechnungen ab Arbeitsaufnahme vorzulegen.

Die für den Unterhaltsanspruch in § 1603 Abs. 1 BGB vorausgesetzte Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen wird aber nicht allein durch sein tatsächlich vorhandenes Einkommen bestimmt, sondern auch durch seine Erwerbsfähigkeit (BGH v. 22.10.1997 – XII ZR 278/95, FamRZ 1998, 357 [359]; v. 15.12.1993 – XII ZR 172/92, MDR 1994, 483 = FamRZ 1994, 372 ff.). Reichen seine Einkünfte nicht aus, so trifft ihn unterhaltsrechtlich die Obliegenheit, die ihm zumutbaren Einkünfte zu erzielen, insbesondere seine Arbeitsfähigkeit so gut wie möglich einzusetzen und eine ihm mögliche Erwerbstätigkeit auszuüben (BGH v. 26.9.1984 – IVb ZR 17/83, MDR 1985, 303 = FamRZ 1985, 158 [159] m.w.N.). Dabei legt ihm die sich aus § 1603 Abs. 2 BGB ergebende verstärkte Unterhaltspflicht ggü. minderjährigen Kindern eine erhöhte Arbeitspflicht unter gesteigerter Ausnutzung seiner Arbeitskraft auf. Er ist unter Umständen auch verpflichtet, in zumutbaren Grenzen einen Orts- oder Berufswechsel vorzunehmen, wenn er nur auf diese Weise seine Unterhaltspflicht erfüllen kann (BGH v. 16.6.1993 – XII ZR 49/92, FamRZ 1993, 1304ff; v. 9.7.1980 – IVb ZR 529/80, FamRZ 1980, 1113 [1114]). Insbesondere im Rahmen der gesteigerten Erwerbsobliegenheit ggü. minderjährigen Kindern ist es dem Unterhaltspflichtigen auch zuzumuten, in Ermangelung anderer Arbeiten Gelegenheits- und Aushilfstätigkeiten zu suchen (BGH v. 15.12.1993 – XII ZR 172/92, MDR 1994, 483 = FamRZ 1994, 372 ff., OLG Hamburg v. 4.11.1983 – 16 WF 78/83, FamRZ 1984, 924), und ist es ihm im Falle unzureichender Erwerbseinkünfte anzusinnen, eine unrentable Tätigkeit aufzugeben und eine höhere Einkünfte versprechende anderweitige volle Erwerbstätigkeit aufzunehmen (BGH v. 22.10.1997 – XII ZR 278/95, FamRZ 1998, 357 [359] m.w.N.). Es reicht nicht aus, sich auf unzureichendes Arbeitseinkommen zu berufen; ggf. ist ein Unterhaltspflichtiger vielmehr gehalten, schnellstmöglich eine seinem Alter, seiner Vorbildung und seinem ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge