Verfahrensgang
AG Jena (Entscheidung vom 23.10.2017; Aktenzeichen 308 Js 11476/17 12 OWi) |
Tenor
1. Auf die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Gera wird das Urteil des Amtsgerichts Jena vom 23.10.2017 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Jena zurückverwiesen.
Gründe
I.
Mit Bußgeldbescheid der Stadt J_/Bußgeldstelle vom 16.01.2016 war gegen den Betroffenen wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerorts um 33 km/h ein Bußgeld von 160,- € festgesetzt und ein Fahrverbot von einem Monat Dauer ausgesprochen worden.
Nach fristgerechtem Einspruch des Betroffenen hat das Amtsgericht Jena gegen ihn mit Urteil vom 23.10.2017 wegen fahrlässiger Überschreitung der festgesetzten Höchstgeschwindigkeit innerorts um 18 km/h eine Geldbuße von 35,- € verhängt.
Hiergegen hat die Staatsanwaltschaft Gera am 11.12.2017 Rechtsbeschwerde eingelegt, die auf die Sachrüge gestützt ist und sich gegen die Annahme einer Geschwindigkeitsüberschreitung von nur 18 km/h sowie den erkannten Rechtsfolgenausspruch wendet.
Die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft ist dem Rechtsmittel mit Stellungnahme vom 04.01.2018 beigetreten und hat beantragt, das angefochtene Urteil mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache zu neuer Prüfung und Entscheidung an das Amtsgericht Jena zurückzuverweisen.
II.
1. Die statthafte und auch sonst nach § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Die erhobene Sachrüge der Verletzung materiellen Rechts greift aus den in der Beschwerdebegründung vom 11.12.2017 und der Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft vom 04.01.2018 ausgeführten Gründen durch.
Ergänzend hierzu, auch mit Blick auf die Gegenerklärung des Betroffenen vom 30.04.2018, bemerkt der Senat:
a) Das Amtsgericht Jena stützt seine "Zweifel" daran, ob das zum Einsatz gekommene Messgerät 'PoliScan Speed' der Firma V_ den von der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen an ein standardisiertes Messverfahren entspreche, auf die Entscheidung des Amtsgerichts Mannheim vom 29.11.2016 im dortigen Verfahren 21 OWi 509 Js 35740/15 (zitiert nach juris). Dabei erschöpft sich seine Argumentation im angefochtenen Urteil darin, dass die Eichung des Geschwindigkeitsüberwachungsgeräts nicht ordnungsgemäß erfolgt sei, weil zumindest abstrakt nicht auszuschließen sei, dass entgegen der Vorgabe des in der Bauartzulassung definierten Messbereichs von 20 Metern bis 50 Metern auch Messpunkte außerhalb dieses Bereichs im Einzelfall in das Messergebnis einfließen könnten.
Das Amtsgericht Jena hat mit dieser Betrachtungsweise die gesamte seit der Entscheidung des Amtsgerichts Mannheim vom 29.11.2016 - unter ausdrücklicher Distanzierung von dessen Judikat - ergangene einhellige Rechtsprechung der Oberlandesgerichte ausgeblendet (vgl. OLG Koblenz, Beschl. vom 14.02.2018 - 1 OWi 6 SsRs 7/18; OLG Saarbrücken, Beschl. vom 25.10.2017 - SsRs 17/2017 (30/17 OWi); OLG Frankfurt, Beschl. vom 08.09.2017 - 2 Ss-OWi 919/17; OLG Hamm, Beschl. vom 18.08.2017 - 1 RBs 47/17; OLG Bamberg, Beschl. vom 24.07.2017 - 3 Ss OWi 976/17; KG Berlin, Beschl. vom 21.06.2017 - 3 Ws (B) 156/17, 162 Ss 90/17; OLG Braunschweig, Beschl. vom 14.06.2017 - 1 Ss (OWi) 115/17; OLG Karlsruhe, Beschl. vom 26.05.2017 - 2 Rb 8 Ss 246/17; OLG Zweibrücken, Beschl. vom 27.01.2017 - 1 OWi 1 Ss Bs 53/16 [zitiert jeweils nach juris]). Danach handelt es sich bei Geschwindigkeitsmessungen mit dem Gerät 'PoliScan Speed' um ein standardisiertes Messverfahren. Die Einstufung eines Messverfahrens als standardisiert trägt dem Umstand Rechnung, dass das Bußgeldverfahren nicht der Ahndung kriminellen Unrechts, sondern der verwaltungsrechtlichen Pflichtenmahnung dient (vgl. BVerfGE 27, 18, 28f.; 45, 272, 288f.) und es schon im Hinblick auf seine vorrangige Bedeutung für die Massenverfahren des täglichen Lebens auf eine Vereinfachung des Verfahrensganges ausgerichtet ist (vgl. BGHSt 39, 291), die auch - wie etwa die in § 77 OWiG getroffenen Regelungen belegen - der gesetzgeberischen Intention entspricht (vgl. OLG Karlsruhe a.a.O.).
b) Dem schließt der Senat sich an.
Entgegen der (mit keiner näheren technisch-physikalischen Begründung untermauerten) Argumentation des Amtsgerichts Jena wird durch die im Einzelfall nicht ausschließbare bauartbedingte Berücksichtigung von Messpunkten und die hierdurch bedingte Generierung von Rohmessdaten mit außerhalb des Messbereichs liegenden Ortskoordinaten bei Messungen mit dem Geschwindigkeitsüberwachungsgerät die (unveränderte) Gültigkeit der innerstaatlichen Bauartzulassung zur Eichung und damit die Einordnung des vorgenannten Laserscanner nicht in Frage gestellt. Dies folgt bereits aus der diesbezüglichen technischen Bewertung der für die Erteilung der innerstaatlichen Bauartzulassung zuständigen Behörde selbst, nämlich der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB): Zum einen bezieht sich danach der im Zulassungs...