Verfahrensgang

LG Mühlhausen (Beschluss vom 17.10.2002; Aktenzeichen 3 O 997/02)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 28.11.2005; Aktenzeichen II ZB 27/04)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde der Kläger wird der Beschluss des LG Mühlhausen vom 17.10.2002 aufgehoben. Es wird dem LG Mühlhausen übertragen, für die Beklagte - zur Vertretung neben den Liquidatoren - einen Prozesspfleger gem. § 57 Abs. 1 ZPO zu bestellen.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte.

III. Wert der Beschwer: 2.700 Euro.

IV. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

1. Die Kläger haben unter dem 7.8.2002 Klage gegen die beklagte LPG i.L. erhoben und gleichzeitig beantragt, für einen noch nicht bestellten Aufsichtsrat der Beklagten einen Prozesspfleger nach § 57 ZPO zu bestellen.

Die Klage wurde am 7.9.2002 durch Niederlegung an die Liquidatoren der LPG i.L. zugestellt. Die beklagte LPG i.L. hat mit Schriftsatz vom 12.9.2002 Verteidigungsbereitschaft angezeigt und mit Schriftsatz vom 20.9.2002 in der Sache Stellung genommen.

Mit Beschluss vom 17.10.2002 hat das LG Mühlhausen den Antrag nach § 57 ZPO mit der Begründung zurückgewiesen, die LPG i.L. würde gem. § 42 Abs. 1 LwAnpassG i.V.m. § 88 GenG durch die Liquidatoren vertreten.

Gegen den ihnen am 12.11.2002 zugestellten Beschluss haben die Kläger mit Schriftsatz vom 20.11.2002, bei Gericht eingegangen am 22.11.2002, sofortige Beschwerde eingelegt. Zur Begründung berufen sie sich darauf, dass auch die LPG i.L. einen Aufsichtsrat haben müsse, wie sich aus § 89 GenG ergäbe. Die Vorschrift des § 51 Abs. 3 S. 2 GenG stelle ggü. § 88 S. 1 GenG eine Spezialvorschrift dar, so dass auch die LPG i.L. im Anfechtungsrechtsstreit durch die Liquidatoren (entsprechend dem Vorstand) und den Aufsichtsrat vertreten werden müsste. Die Klage könne daher wirksam nur den Liquidatoren und dem Aufsichtsrat zugestellt werden. Da unstreitig ein Aufsichtsrat nicht bestellt ist, müsse für diesen ein Prozesspfleger bestellt werden.

Durch Beschluss vom 18.12.2002 hat das LG der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.

2. Die gem. §§ 567 Abs. 1 Nr. 2, 569 Abs. 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist auch begründet.

Das LG Mühlhausen hat zu Unrecht die Bestellung eines Prozesspflegers gem. § 57 Abs. 1 ZPO abgelehnt, da die Klage wirksam nicht allein an die Liquidatoren zugestellt werden konnte.

Wie das LG zutreffend angenommen hat, wird eine LPG i.L. gem. § 42 LwAnpG i.V.m. § 88 GenG in der Regel durch die Liquidatoren vertreten.

Im Falle der Anfechtung von Beschlüssen der Generalversammlung gilt aber (ausnahmsweise) gem. § 51 Abs. 3 GenG etwas anderes. Entgegen der Ansicht des LG ist diese Vorschrift auch auf die LPG i.L. anzuwenden.

Zwar verweist § 87 GenG auf die Vorschriften des II. und II. Abschnitts nur "soweit sich aus den Vorschriften des gegenwärtigen (VI. Abschnitts) Abschnitts und dem Wesen der Liquidation nichts anderes ergibt", jedoch geht das LG fehl in der Annahme, dass damit im Hinblick auf § 88 GenG davon auszugehen sei, dass die LPG i.L. in jedem Fall allein durch die Liquidatoren vertreten werde.

Aus § 89 GenG ergibt sich nämlich, dass die Liquidatoren nur die sich u.a. aus § 51 GenG ergebenden Rechte und Pflichten haben. Dieser ausdrückliche Verweis auf die Geltung von § 51 GenG auch im Falle der Liquidation hat aber in dem hier vorliegenden Fall einer Anfechtungsklage von Beschlüssen der Generalversammlung zur Folge, dass nach § 51 Abs. 3 S. 2 GenG i.V.m. § 88, 89 GenG die Genossenschaft durch den Vorstand, d.h. die Liquidatoren, und den Aufsichtsrat vertreten wird.

Dies bedeutet aber, dass die Klage wirksam auch nur an beide Vertreter zugestellt werden kann (vgl. BGH MDR 1978, 909 f.; Müller, GenG, 2. Aufl. 2000, Bd. 4, § 89 Rz. 9).

Daran ändert auch die Vorschrift des § 170 Abs. 3 ZPO nichts, da diese nur den Fall betrifft, dass der gesetzliche Vertreter als solcher aus mehreren Personen besteht. Sofern eine juristische Person zwingend durch zwei mehrgliedrige Organe - wie hier durch Liquidatoren und Aufsichtsrat - gesetzlich vertreten wird, gilt § 170 Abs. 3 ZPO nicht, da ansonsten der Zweck der Doppelvertretung vereitelt würde (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 23. Aufl., § 170 Rz. 6 m.w.N.).

Da die Beklagte unstreitig bislang nicht über einen Aufsichtsrat verfügt, ist diese derzeit nicht prozessfähig. Der Beklagten und nicht "dem Aufsichtsrat" ist - zur Vertretung neben den Liquidatoren - ein Prozesspfleger gem. § 57 Abs. 1 ZPO zu bestellen. Insoweit war der Antrag der Kläger in der Klageschrift auszulegen. Da nur der nicht prozessfähigen Partei und nicht dem gesetzlichen Vertretergremium oder Teilen davon ein Prozesspfleger nach § 57 Abs. 1 ZPO zu bestellen ist, ist lediglich bei der Bestellung darauf hinzuweisen, dass die Vertretung der Beklagten neben den im Übrigen wirksam bestellten Liquidatoren erfolgt.

Angesichts der Tatsache, dass das LG vor Ort über bessere Kenntnisse verfügt, wer als Prozesspfleger vorliegend geeignet erscheint und der Senat ...

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