Normenkette
ThürJKG § 6 Abs. 1, § 3; GKG § 2 Abs. 4
Verfahrensgang
LG Gera (Aktenzeichen 6 O 913/99) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 2) vom 1.2.2001 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Gera vom 17.1.2001 wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte zu 2).
3. Der Beschwerdewert wird auf 356,63 Euro festgesetzt.
Gründe
Die fristgemäße sofortige Beschwerde vom 4.3.2002 richtet sich dem äußeren Anschein nach gegen den Abänderungsbeschluss vom 14.2.2002 zum Kostenfestsetzungsbeschluss vom 17.1.2001, gegen den vorher schon am 1.2.2001 von den Beklagten zu 1) und 2) fristgemäß sofortige Beschwerde eingereicht worden und aufgrund derer es zu dem Abänderungsbeschluss gekommen war.
In dem Abänderungsbeschluss wurde der Beklagte zu 1), ein Landkreis, von den Gerichtsgebühren freigestellt, da er nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 ThürJKG von Gerichtsgebühren befreit ist; die Beklagte zu 2), die bei ihm als Hebamme angestellt war, wurde allerdings weiterhin mit 356,63 Euro Gerichtskosten belastet.
Das LG hätte insoweit eigentlich die sofortige Beschwerde vom 1.2.2001 dem Thüringer OLG vorlegen müssen, da hinsichtlich der Beklagten zu 2) gerade keine Abhilfe erfolgt war. Die erneute „sofortige Beschwerde” vom 4.3.2002 ist daher lediglich eine unselbstständige Wiederholung der ersten und bisher unerledigten Beschwerde vom 1.2.2001, die nunmehr mit Beschluss des LG vom 22.4.2002 dem Beschwerdegericht vorgelegt worden ist.
Aus diesem Grunde hatte der Senat noch in voller Besetzung und nicht durch den Einzelrichter nach § 568 Abs. 1 S. 1 ZPO n.F. zu entscheiden.
In der Sache geht es um die Frage, ob die Beklagte zu 2) über § 6 Abs. 3 ThürJKG an der Gerichtskostenfreiheit des Beklagten zu 1) teilhaben kann.
Die Kostengrundentscheidung stellt der Beschluss der 6. Zivilkammer des LG Gera vom 31.8.2000 dar (Bd. II Bl. 88), in dem nach einem vorangegangenen Vergleich die Beklagten zu 1) und 2) zur Tragung der Gerichtskosten als Gesamtschuldner verpflichtet wurden. Der Beschluss stellt fest, dass die Beklagte zu 2) schwere Fehler bei der Geburtshilfe des mittlerweile verstorbenen Sohnes der Kläger begangen hatte und der Beklagte zu 1) als Anstellungskörperschaft und Arbeitgeber haftete.
Die Beklagte zu 2) beruft sich auf die Ausgleichungspflicht des Beklagten zu 1), wohl ausweislich der Zitate in der Beschwerdeschrift vom 4.3.2002 (Bd. II Bl. 134) auf die arbeitsrechtlichen Grundsätze der Haftungsfreistellung bei gefahrgeneigter Arbeit (vgl. den Überblick bei Palandt/Putzo, BGB, 60. Aufl., § 611 Rz. 152 ff.). Sie meint, daraus ergebe sich eine völlige Freistellungspflicht des Beklagten zu 1), die sich über § 6 Abs. 3 ThürJKG und § 2 Abs. 4 GKG zu ihren Gunsten auswirken müsse.
Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
Das Gericht verkennt nicht, dass es eine umfangreiche und kontroverse Rechtsprechung zu der Problematik der Erstreckung der Gerichtskostenfreiheit eines von mehreren zusammen beklagten Gesamtschuldnern gibt, die überwiegend eine Erstreckung bejahen will (vgl. BGHZ 12, 270; LG Heidelberg RPfleger 1972, 266; LG Essen JurBüro 1974, 214; OLG Köln JurBüro 1978, 888; OLG Schleswig JurBüro 1981, 403; OLG Düsseldorf v. 29.9.1982 – 10 W 59/82, MDR 1983, 138 = RPfleger 1983, 39; LG Bayreuth JurBüro 1986, 413; OLG Oldenburg JurBüro 1993, 482; OLG Schleswig v. 18.3.1994 – 7 B 4/94, AnwBl 1994, 570). Ähnlich ist das Bild in der Literatur (vgl. Oestreich u.a. (Hrsg.), GKG-Kommentar, Stand Juli 2001, § 2 GKG Rz. 24; Markl/Mayer, Gerichtskostengesetz, 4. Aufl., § 2 GKG Rz. 29; Hartmann/Albers, Kostengesetze, 31. Aufl., § 2 GKG Rz. 22).
Der Senat kann sich aus mehreren Erwägungen der Ansicht der wohl h.M. nicht anschließen.
Die Gebührenbefreiung gilt nach dem ThürJKG nach Ansicht des Senats richtigerweise nur für Aktivprozesse der gebührenbefreiten Partei. Obsiegt die gebührenbefreite Partei, werden nach § 6 Abs. 4, 2. Halbs. ThürJKG die Gerichtsgebühren von dem in die Kosten verurteilten Gegner erhoben; unterliegt sie im Aktivprozess, bleibt es bei der Befreiung, soweit sie selbst betroffen ist. Die Meinung, auch in Passivprozessen der befreiten Partei führe die Befreiung bei einer Kostengrundentscheidung gegen die befreite Partei zu einer Nichterstattung der Gebühren an den in Vorlage getretenen Kläger, führt nach Meinung des Senats zu untragbaren Ergebnissen, insb. wenn durch eine Verbindung mit § 2 Abs. 4 GKG auch noch weitere Beklagte von der Gebührenfreiheit profitieren sollen. Dabei sei dahingestellt, ob die Gebührenerhebung nach § 6 Abs. 4, 2. Halbs. ThürJKG bei dem in die Kosten verurteilten Gegner als Ausnahme von § 6 Abs. 3 ThürJKG im Vergleich zu der Nichterstattung bei der in die Kosten verurteilten befreiten Partei vor dem Hintergrund des Art. 3 Abs. 1 GG Bestand haben kann. Auch kann dahingestellt bleiben, dass es nach § 6 Abs. 4, 1. Halbs. ThürJKG keinem Zweifel unterliegen dürfte, dass die befreite Partei in diesem Falle sich nicht auf die Befreiung berufen könnte, wenn die Kost...