Leitsatz (amtlich)

Einen sehr auf Kapitalerhaltung bedachten Kunden, der über kein entsprechendes Fachwissen verfügt, muss der Anlagelageberater auch dann auf einen Risikohinweis im Gerlach-Report aufmerksam machen, wenn er ihm als Geldanlage ein Tagesgeldkonto bei einer erst seit einigen Jahren existierenden "Kleinbank" anbietet und der Gerlach-Report einen Risikohinweis für Sparer gerade hinsichtlich dieser Bank enthält. In einem solchen Fall muss der Anlageberater den Gerlach-Report auch lesen.

 

Verfahrensgang

LG Meiningen (Urteil vom 27.04.2004; Aktenzeichen 2 O 1230/03)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Meiningen v. 27.4.2004, AktZ. 2 O 1230/03, wie folgt abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 50.010 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 18.11.2003 zu zahlen.

II. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt vom Beklagten Schadenersatz aus Haftung wegen falscher Anlagenberatung. Das LG hat die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung.

Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen und des streitigen Sachvortrags der Parteien wird auf das angefochtene Urteil des LG Meiningen (LG Meiningen, Urt. v. 27.4.2004 - 2 O 1230/03), Bezug genommen.

Die Klägerin hat beantragt:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 50.010 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 18.11.2003 (Tag nach Klagezustellung) zu bezahlen.

Der Beklagte hat beantragt:

Die Klage wird abgewiesen.

Das LG hat Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen X, XY, XYZ, XXX, XYX und YYY. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll v. 24.2.2004 Bezug genommen.

Die Parteien haben des Weiteren zugestimmt, dass ein Schreiben des Insolvenzverwalters Rechtsanwalt XXX v. 18.2.2004 zu Beweiszwecken verwertet wird.

Das LG hat die Klage durch Urt. v. 27.4.2004 (LG Meiningen, Urt. v. 27.4.2004 - 2 O 1230/03) abgewiesen.

Hinsichtlich der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen das - ihr am 30.4.2004 zugestellte - Urteil des LG Meiningen (LG Meiningen, Urt. v. 27.4.2004 - 2 O 1230/03) hat die Klägerin mit Schriftsatz v. 18.5.2004, eingegangen am 19.5.2004, Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 14.7.2004 - mit Schriftsatz v. 6.7.2004, eingegangen am 7.7.2004, begründet.

Die Klägerin trägt vor:

Auf Grund fehlender Feststellungen sei nicht nachvollziehbar, wovon sich das LG eine Überzeugung gebildet habe.

Das LG habe zu Unrecht angenommen, dass der Beklagte als Vertreter der Firma Y-Finanz aufgetreten sei. Es habe insoweit auf die Kenntnis von Vorstandsmitgliedern abgestellt, die am Vertragsabschluss gar nicht beteiligt gewesen seien. Maßgeblich sei die Kenntnis der Vorstandsmitglieder XXX und YYY, denen ggü. der Beklagte seine Vertreterstellung nicht offenbart habe. Auch den übrigen Vorstandsmitgliedern sei die Vertreterstellung nicht bekannt gewesen. Der Beklagte habe sich viel mehr als selbständiger Finanzberater ausgewiesen. Die Visitenkarte habe er nicht übergeben.

Der Beklagte habe das Sicherheitsbedürfnis der Klägerin gekannt.

Er habe in erster Instanz nicht bestritten gehabt, die Gerlach-Berichte gekannt zu haben.

Selbst wenn er diese nicht gekannt haben würde, würde er verpflichtet gewesen sein, diese Wissenslücke zu offenbaren. Dies habe er unterlassen.

Die Feststellung, dass sich im Insolvenzverfahren eine "durchaus namhafte Quote" ergebe, sei ungenügend.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des Urteils des LG Meiningen v. 27.4.2004 (LG Meiningen, Urt. v. 27.4.2004 - 2 O 1230/03), den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 50.010 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 18.11.2003 (Tag nach Klagezustellung) zu bezahlen, hilfsweise, den Rechtsstreit an das LG zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte trägt vor:

Das Urteil des LG sei richtig.

Die Zeugen XX und YY hätten als Vertreter des Vorstands der Klägerin gehandelt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die Berufung hat Erfolg.

Sie ist zulässig, insb. form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 511 Abs. 1, 2 Nr. 1, 517, 519, 520 ZPO).

Sie ist auch in der Sache begründet. Denn die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 S. 1 BGB.

Zwischen den Parteien ist ein Anlageberatervertrag zustande gekommen. Denn ausweislich der Zeugenaussagen und der Protokolle über die Vorstand...

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