Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen für eine Vergütungsanpassung bei einem Kalkulationsirrtum des Werkunternehmers

 

Verfahrensgang

LG Meiningen (Aktenzeichen 2 O 735/99)

 

Tenor

1. Das Urteil des LG Meiningen v. 1.12.1999 – Az. 2 O 735/99 – wird auf die Berufung des Klägers wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird unter Klageabweisung i.Ü. verurteilt, an den Kläger 22.867,86 DM nebst 5,5 % Zinsen hieraus seit dem 18.5.1999 zu zahlen. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die Kosten zu ersetzen, die dadurch entstanden sind, dass die zunächst i.H.v. 179.879,27 DM erhobene Klage i.H.v. 68.710,01 DM unbegründet ist.

Die weitergehende Berufung des Klägers und die der Beklagten werden zurückgewiesen.

2. Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens fallen dem Kläger 79 %, der Beklagten 21 % zur Last.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Kläger 94 %, der Beklagten 6 % zur Last.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 5.000 DM abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 40.000 DM abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Sicherheitsleistung kann auch durch Vorlage einer selbstschuldnerischen, unwiderruflichen, unbefristeten Bürgschaft eines als Zoll- oder Steuerbürgen in der EU anerkannten Kreditinstitutes erbracht werden.

4. Die Beschwer des Klägers beträgt 91.170,53 DM, die der Beklagten 6.285,47 DM.

 

Tatbestand

Der Kläger macht mit der vorliegenden Klage Restlohnwerkansprüche für Stahlbau-, Dach- und Fassadenarbeiten aus einem zwischen den Parteien am 11.9.1998 geschlossenen schriftlichen Bauvertrag (Anlage K 1, Anlagenheftung Kläger, Blatt 1–5) geltend.

Auf diesen sollten nach den vertraglichen Vereinbarungen die Vorschriften der VOB/B ergänzend angewendet werden.

Der vereinbarte Leistungsumfang und der auf der Basis von Einheitspreisen auf vorläufig 430.417,31 DM netto bzw. 499.284,08 DM brutto bezifferte Vergütungsanspruch bestimmten sich nach Angebot des Klägers vom 18.8.1998 (Anlage K 2, Anlageheftung Kläger, Blatt 6–12), das auf dem Leistungsverzeichnis der Beklagten v. 9.7.1998 (Anlage K 3 Anlagenheftung, Kläger Blatt 13–24) basierte.

Nach Abnahme der Leistung durch die Beklagte stellte der Kläger unter dem 7.4.1999 die Schlussrechnung (Anlagenheftung Kläger, Blatt 26 ff.), die die Beklagte mit Prüfbericht ihres Architekten, Herrn M., vom 28.4.1999 (Anlagenheftung Kläger, Blatt 25, Anlage K 4) zurücksandte. Ausweislich dieses Berichtes erkannte die Beklagte einen Betrag i.H.v. 432.019,19 netto bzw. 501.142,26 DM brutto an. Hierauf bezahlte die Beklagte zunächst 426.600 DM.

Eine weitere Zahlung i.H.v. 68.710,01 DM erbrachte die Beklagte am 28.5.1999.

Der Kläger hat im Wesentlichen vorgetragen:

Bei Erteilung seines Angebots vom 18.8.1998 sei ihm ein gravierender Kalkulationsfehler hinsichtlich der Einheitspreise für die als Fremdgewerk mit auszuführenden Außenwände – Positionen 1.3.20, 1.3.21, 1.3.23, 1.3.24, 1.3.25, 1.3.26 des Leistungsverzeichnisses – unterlaufen, indem er es verabsäumt habe, mit einzubauende Fensterelemente, Türen und Rolltore mit einzukalkulieren. Der Irrtum stelle sich wie folgt dar:

LV-Position EP des Klägers „Objektiver Wert” Wertdifferenz der Pos.

Pos. 1.3.20  7.361,17 DM 29.461,78 DM 22.100,61 DM

Pos. 1.3.21 12.965,40 DM 23.266,86 DM 10.301,46 DM

Pos. 1.3.23 15.087,49 DM 24.058,89 DM  8.971,40 DM

Pos. 1.3.24 10.679,26 DM 21.919,68 DM 11.240,42 DM

Pos. 1.3.25  3.423,92 DM  9.799,12 DM  6.375,20 DM

Pos. 1.3.26  1.993,44 DM 20.564,24 DM 18.870,80 DM

Summen: 51.210,68 DM (netto) 129.070,57 DM (netto) 77.859,89 DM (netto)

Diese offensichtlichen Differenzen könnten der Beklagten bzw. ihrem Architekten nicht verborgen geblieben sein. Die Beklagte habe eigene Vorstellungen von den Preisen wesentlicher Bauteile gehabt haben müssen. Spätestens nach Vergleich mit den Angeboten konkurrierender Bieter habe die Beklagte nicht mehr die Augen davor verschließen können, dass dem Kläger bei der Angebotserstellung die vorstehend aufgezählten gravierenden Fehler unterlaufen seien. Aufgrund des vorvertraglichen Vertrauensverhältnisses sei es die Pflicht der Beklagten gewesen, den Kläger auf den erkannten Kalkulationsirrtum hinzuweisen. Diese Pflicht habe die Beklagte verletzt, so dass ein Schadensersatzanspruch in entsprechender Höhe bestehe.

Die Beklagte verweigere darüber hinaus zu Unrecht die Vergütung von Mehrkosten, unter anderem 390 DM (netto) für Abdeckkappen als seitliche Abschlüsse für Fensterbänke, die auf Weisung des Architekten montiert worden seien, obwohl sie im Leistungsverzeichnis nicht ausgeschrieben und auch nicht im Angebot des Klägers enthalten gewesen seien sowie 720 DM (netto) für Nacharbeiten an dem von einer anderen Firma errichteten Betonsockel der Lagerhalle, die dadurch entstanden seien, d...

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