Verfahrensgang
LG Erfurt (Urteil vom 13.09.2004; Aktenzeichen 9 O 978/03) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Erfurt vom 13.9.2004 (Az.: 9 O 978/03) wie folgt abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Kläger sind Eltern eines am 12.3.2003 im Alter von 19 Jahren verstorbenen Sohnes, der sich in einem abgelegenen Waldstück in seinem Auto selbst verbrannt hat. Dem Freitod waren im Rahmen einer problembehafteten Beziehung zeitnah zwei Suizidversuche seiner Freundin vorausgegangen.
Die Kläger nehmen die Beklagte im Zusammenhang mit einem in der "B.T." veröffentlichten Artikel über den Suizid ihres Sohnes auf Geldentschädigung in Anspruch. Die Beklagte hatte als Verlegerin der "B.T." in der Ausgabe vom 14.3.2002 einen Textbericht über den Suizid veröffentlicht, dem ohne Einwilligung der Kläger ein ungeschwärztes großformatiges Foto beigefügt war, das ihren Sohn zu Lebzeiten in einer Feuerwehruniform abbildet. In dem Zeitungsbericht wurde der Verstorbene als 19 Jahre alter "Elektriker-Azubi" bezeichnet. Zudem war der vollständige Vorname, der erste Buchstabe des Nachnamens und der Wohnort des Klägersohnes genannt. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung stand jedoch noch nicht zweifelsfrei fest, dass es sich bei dem Toten um den Sohn der Kläger handelt. Gewissheit hierüber ergab erst ein offizielles Todesermittlungsverfahren, in dessen Rahmen die Leiche am 20.3.2002 obduziert und der Sektionsbefund mit DNA-Material aus einer Zahnbürste des Klägersohnes verglichen wurde.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Von einer Darstellung des Sach- und Streitstands des Berufungsverfahrens wird im Hinblick auf §§ 540 Abs. 2, 3131a Abs. 1 S. 1 ZPO i.V.m. §§ 544 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.
II. Die zulässige Berufung der Beklagten führt in der Sache zum Erfolg.
Den Klägern steht im Zusammenhang mit der - allein noch streitbefangenen - Veröffentlichung vom 14.3.2002 keine Geldentschädigung wegen einer schwerwiegenden, nicht anders auszugleichenden Persönlichkeitsverletzung zu, so dass die Klage im Ergebnis der Abweisung unterliegt.
Nach der in Einklang mit der Rechtsprechung des BVerfG (vgl. die grundlegende "Soraya-Entscheidung" aus dem Jahr 1973, BVerfGE 34, 269) stehenden ständigen Rechtsprechung des BGH (BGH v. 15.11.1994 - VI ZR 56/94, MDR 1995, 804 = NJW 1995, 861; v. 5.12.1995 - VI ZR 332/94, MDR 1996, 366 = NJW 1996, 984; v. 1.12.1999 - I ZR 49/97, MDR 2000, 1147 = NJW 2000, 2195; v. 5.10.2004 - VI ZR 255/03, MDR 2005, 393 = BGHReport 2005, 450 = NJW 2005, 215) steht dem Opfer einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ein aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 und 2 Abs. 1 GG herzuleitender Anspruch auf eine Geldentschädigung zu, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann. Dieser dem Gedanken verpflichteten höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass ohne die Zubilligung einer Geldentschädigung schwere Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen mit der Folge einer Verkümmerung des Persönlichkeitsrechtsschutzes häufig sanktionslos blieben, folgen zu Recht auch die OLG einhellig (OLG Brandenburg v. 15.2.1995 - 1 U 23/94, OLGReport Brandenburg 1995, 29 = NJW 1995, 886; OLG Celle v. 17.7.1996 - 13 U 34/96, OLGReport Celle 1997, 44 = AfP 1997, 819; OLG Frankfurt v. 11.9.1986 - 6 U 171/85, AfP 1987, 526; OLG Hamburg v. 1.6.1995 - 3 U 148/94, NJW-RR 1996, 90; OLG Hamm v. 1.6.1992 - 3 U 25/92, NJW-RR 1993, 735; OLG Karlsruhe v. 8.12.1992 - 3 U 37/92, NJW-RR 1993, 732; OLG München v. 10.5.1996 - 21 U 4468/95, OLGReport München 1996, 275 = NJW 1997, 62).
Zutreffend hat das LG einen solchen Geldentschädigungsanspruch der Kläger unter dem Aspekt einer Verletzung des postmortalen Persönlichkeitsrechts ihres Sohnes verneint. Ob in Abweichung von der Rechtsprechung des BGH (BGH NJW 1974, 1371 - "Fiete Schulze"; NJW 2000, 2195 - "Marlene Dietrich") eine die Würde und Achtung des Verstorbenen tangierende Presseveröffentlichung einen Geldentschädigungsanspruch der hinterbliebenen Angehörigen zu rechtfertigen vermag, bedarf im Entscheidungsfall keiner Stellungnahme. Ein Anspruch der Kläger auf Zahlung einer Geldentschädigung wegen Verletzung des ideellen postmortalen Persönlichkeitsrechts ihres Sohnes scheitert jedenfalls daran, dass die Beklagte mit dem Zeitungsbericht vom 14.3.2002 die fortdauernde Ehre und Menschenwürde des verstorbenen Klägersohnes nicht schwerwiegend beeinträchtigt hat. Weder das veröffentlichte Foto noch der Begleittext waren geeignet, sein Andenken herabzusetzen oder seine Person herabzuwürdigen. Auf die in diesem Kontext erfolgten, sachlich nicht zu beanstandenden Darlegungen des LG auf S. 5 des angefochtenen Urteils (Bl. 97 d.A.) wird Bezug genommen.
Ob Presseveröffentlichungen, die aus Anlass eines Todesfalls erf...