rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Benutzungsgebührenrecht. Wasserversorgung. Zweckverband. Verbandsversammlung. Mitgliedsgemeinde. Beitritt. Wirksamkeit. Verfahrensfehler. Nichtigkeit. Monatsfrist. Anzeige. Bekanntmachung. Ordnungsvorschrift. öffentliche Einrichtung. Anlage. Organisationsermessen. Widmung. Benutzungsgebühr. Grundgebühr. Verbrauchsgebühr. Maßstab. Nenndurchfluss. Wasserzähler. Äquivalenzprinzip. Zählermaßstab. Staffelung. Kalkulation. Nachschiebbarkeit. Gebührensatz. Kostenüberschreitung. Ermessen. Ergebniskontrolle. Gebührenbemessung. degressiv. Verbundzähler. Arbeitsleistung. Gewichtung. Mengenrabatt. Normenkontrollverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Veränderung des Mitgliederbestandes eines kommunalen Zweckverbandes durch den genehmigungspflichtigen Beitritt neuer Mitgliedsgemeinden wird ungeachtet etwaiger Verfahrensfehler regelmäßig am Tag nach der ordnungsgemäßen Bekanntmachung der entsprechenden Änderung der Verbandssatzung und ihrer Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde wirksam.

2. Eine Abgabensatzung, die der Aufsichtsbehörde ordnungsgemäß nach § 2 Abs. 5 Satz 1 ThürKAG angezeigt worden ist, aber vor Ablauf der Monatsfrist des § 2 Abs. 5 Satz 2 ThürKAG bekannt gemacht wird, erlangt nachträglich volle Wirksamkeit zum Zeitpunkt ihres vorgesehenen Inkrafttretens, wenn die Aufsichtsbehörde innerhalb der Monatsfrist keine Einwände gegen die angezeigte Satzung erhebt.

3. Der im ThürKAG verwendete Begriff der (leitungsgebundenen) öffentlichen Einrichtung ist aufgabenbezogen zu verstehen. Die Zusammenfassung technisch getrennter Wasserversorgungsanlagen zu einer öffentlichen Einrichtung im Rechtssinne obliegt dem weiten Organisationsermessen des Aufgabenträgers.

4. Der „Zählermaßstab” ist ein zulässiger Wahrscheinlichkeitsmaßstab für die Bemessung und leistungsgerechte Staffelung von Grundgebühren im Bereich der Wasserversorgung.

5. Der reine Zählermaßstab erfordert eine Staffelung der Grundgebührensätze, die in einer zumindest annähernden Relation zu den jeweiligen Arbeitsleistungen der verwendeten Wasserzähler steht.

6. Die Festsetzung eines Gebührensatzes in einer Abgabensatzung ist nicht schon deshalb rechtswidrig, weil dem Satzungsgeber im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Satzung keine ordnungsgemäße Kalkulation vorgelegen hat. Für die richterliche Kontrolle ist insoweit nach der Thüringer Rechtslage allein entscheidend, dass der Gebührensatz im Ergebnis nicht gegen das Kostenüberschreitungsverbot verstößt und somit nicht zu Lasten der Gebührenpflichtigen überhöht ist. Das kann auch durch eine im gerichtlichen Verfahren nachgeschobene Kalkulation belegt werden.

7. Das Verbot einer degressiven Gebührenbemessung in § 12 Abs. 2 Satz 4 ThürKAG alter Fassung gilt auch für die Bemessung der Grundgebühren im Bereich der Wasserversorgung und nicht nur für die verbrauchsabhängigen Benutzungsgebühren.

 

Normenkette

ThürKO § 21 Abs. 3, § 20 Abs. 2; ThürVorlKO § 5; ThürKGG § 19 Abs. 1, § 22 Abs. 1, § 23 Abs. 1; ThürKAG § 2 Abs. 5, §§ 10, 12 Abs. 1-5

 

Tenor

1. Die gebührenrechtlichen Regelungen in den §§ 1 Nr. 2, 9 – 10, 11 – 13 und 16 Abs. 1 der BGS-WBS des Antragsgegners vom 20.10.1993 werden für nichtig erklärt.

2. Die gebührenrechtlichen Regelungen in den §§ 1 Abs. 3, 10 Abs. 2, 11 – 14 und 21 der BGS-WBS des Antragsgegners vom 29.01.1993 werden für nichtig erklärt.

3. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

4. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Antragsgegner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der jeweils festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Antragstellerinnen jeweils zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Antragstellerinnen wenden sich mit ihren Normenkontrollanträgen gegen die gebührenrechtlichen Regelungen in der Beitrags- und Gebührensatzung des Antragsgegners zur Wasserbenutzungssatzung – BGS-WBS – vom 20.10.1993 sowie gegen den Gebührenteil der zuvor vom Antragsgegner erlassenen BGS-WBS vom 29.01.1993.

Der Antragsgegner ist ein kommunaler Zweckverband, der auf Grund seiner am 16.11.1992 im Thüringer Staatsanzeiger bekannt gemachten Verbandssatzung – VS – und ihrer Genehmigung am 17.11.1992 wirksam entstanden ist (vgl. das rechtskräftige Urteil des Senats vom 18.12.2000 – 4 N 472/00 –). Entsprechend der veröffentlichten Verbandssatzung waren zu diesem Zeitpunkt 49 Ostthüringer Städte und Gemeinden Mitglieder des Zweckverbandes.

Die Zahl der Verbandsmitglieder erhöhte sich in den Jahren 1993 – 1995 durch den Beitritt weiterer Kommunen:

In der Verbandssitzung vom 19.05.1993 beschlossen die anwesenden Verbandsräte die Aufnahme neun weiterer Gemeinden als Verbandsmitglieder (Endschütz, Hermsdorf bei Gera, Hohenölsen, Lederhose, Münchenbernsdorf, Saara, Schömberg, Schwarzbach und Trebnitz). Außerdem wurde die Aufnahme der Gemeinden Steinsdorf und Caaschwitz unter der Voraussetzung beschlossen, dass die Gemeinde Caaschwitz in ihrer nächsten ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge