rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Heilung von Beitragsbescheiden eines fehlerhaften Zweckverbandes durch dessen Funktionsnachfolger. Verwaltungsprozessrecht. Zweckverband. Entstehung. Bekanntmachung. Verbandssatzung. Amtsblatt. Hoheitsgewalt. Heilung. Beitragsbescheid. Klagegegner. Rechtsnachfolge. Funktionsnachfolge. Beitragsrecht. Beiträgen. Berufung
Leitsatz (amtlich)
1. Der Erlass einer Beitrags- und Gebührensatzung durch einen nachträglich erstmals wirksam entstandenen Zweckverband ist nicht geeignet, einen Beitragsbescheid zu heilen, den nicht dieser Zweckverband erlassen hat, sondern ein vormals fehlerhafter Zweckverband gleichen Namens.
2. Im Thüringer Zweckverbandsrecht ist der Übergang von Rechten und Pflichten eines nicht existent gewordenen, fehlerhaften Zweckverbandes auf einen später wirksam entstandenen Zweckverband im Wege der Funktionsnachfolge zulässig und geboten, wenn der neue Zweckverband für seine Verbandsmitglieder die Aufgaben des fehlerhaften Verbandes in vergleichbarer Weise übernommen hat und dessen Aufgabe und Funktion insoweit fortführt.
3. Allerdings führt die Funktionsnachfolge nicht dazu, dass die vom fehlerhaften Zweckverband erlassenen und mangels hoheitlicher Befugnis rechtswidrigen Verwaltungsakte kraft Funktionsnachfolge als Verwaltungsakte des nunmehr wirksam gegründeten Hoheitsträgers gelten und auf diese Weise geheilt würden.
Normenkette
ThürKGG § 19 Abs. 1 Sätze 1, 3; VwGO § 78 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
VG Weimar (Urteil vom 26.03.2003; Aktenzeichen 6 K 2816/00) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Weimar vom 26. März 2003 – 6 K 2816/00.We – abgeändert, soweit darin die Klage abgewiesen wird, und der Beitragsbescheid des „Wasser- und Abwasserzweckverbandes Gotha und Landkreisgemeinden” vom 09.02.1999 aufgehoben, soweit darin ein Beitrag von mehr als 2.472,66 DM (= 1.264,25 EUR) festgesetzt wird.
Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens trägt der Beklagte 7/10 und die Klägerin 3/10.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte und die Klägerin dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der jeweils festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin ist Eigentümerin eines Grundstücks in Gotha, F., Flur 12, Flurstück a., mit einer Größe von 907 m². Sie wendet sich im Klageverfahren und im zugelassenen Berufungsverfahren gegen die Heranziehung zu Abwasserbeiträgen durch den Beklagten.
Mit Bescheid vom 09.02.1999 setzte der „Wasser- und Abwasserzweckverband Gotha und Landkreisgemeinden” gegenüber der Klägerin für das oben genannte Grundstück einen Beitrag zur Deckung des Investitionsaufwandes für die öffentliche Entwässerungseinrichtung in Höhe von 8.244,63 DM fest. In Anrechnung bereits überwiesener 2.200,–DM wurde in dem Bescheid die Zahlung von noch 6.044,63 DM gefordert. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 04.03.1999 Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden ist. Unter dem 04.01.2000 teilte der „Zweckverband” der Klägerin mit, ihrem Widerspruch nicht abhelfen zu können und legte ihn der Widerspruchsbehörde zur Entscheidung vor.
Der „W asser- und Abwasserzweckverband Gotha und Landkreisgemeinden”, zu dem ausweislich der Verbandssatzung auch die Stadt Gotha gehört, sollte bereits im Jahre 1992 gegründet und zur Entstehung gebracht werden. Nach dem Senatsurteil vom 09.12.2003 – 4 KO 583/03 – ist er im Jahre 1992 mangels wirksamer Bekanntmachung seiner Verbandssatzung und ihrer Genehmigung nicht zur Entstehung gelangt. Auch die Bekanntmachung der Verbandssatzung im Amtsblatt des Landkreises Gotha vom 19.11.1997 konnte obgleich– das Amtsblatt des Landkreises Gotha nunmehr das richtige Verlautbarungsorgan war – nicht zur Entstehung als Zweckverband führen. Entstanden ist der Beklagte danach jedoch als namensgleicher Zweckverband mit der Bekanntmachung seiner Verbandssatzung und ihrer Genehmigung im Amtsblatt des Landkreises Gotha vom 27.03.2002, nämlich am Tag nach dieser Bekanntmachung, mithin am 28.03.2002. In dieser bekannt gemachten Fassung der Verbandssatzung wird die Stadt Gotha ebenfalls als Verbandsmitglied aufgeführt.
Die Klägerin hat am 23.11.2000 beim Verwaltungsgericht Weimar – 6 K 2816/00.We gegen den Abwasserbeitragsbescheid Klage erhoben.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 09.02.1999 (Reg. Nr. 112-01736/1102) aufzuheben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Während des laufenden Klageverfahrens hat der Beklagte am 02.09.2002 die 2. Neufassung der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung – BGS-EWS 2002 – beschlossen und diese am 27.11.2002 im „Amtsblatt des Landkreises Gotha” veröffentlicht. Diese Satzung sollte hinsichtlich der wesentlichen beitragsrechtlichen Regelungen rückwi...