Wenn Sie Imker sind oder einen Imker zum Nachbarn haben, dann kann es durchaus Probleme geben. Nach der Rechtsprechung werden Bienen einer Imkerei, die auf Nachbargrundstücke einfliegen, zwar im allgemeinen denjenigen Grundstückseinwirkungen zugerechnet, die hingenommen werden müssen, weil sie die Grundstücksnutzung nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigen.

Der Grundstücksnachbar kann sich gegenüber dem Imker aber dann mit der Nachbarklage zur Wehr setzen, wenn der Bienenflug einen Aufenthalt in seinem Garten oder auf der Terrasse praktisch unmöglich macht und eine Bienenhaltung in dem betreffenden Gebiet auch nicht ortsüblich ist. Die Ortsüblichkeit der Bienenhaltung wird von der Rechtsprechung für ländliche Gemeinden im allgemeinen bejaht. Demgegenüber wird eine Bienenhaltung in städtischen Wohngebieten als unüblich mit der Folge gewertet, dass sie vom Gericht untersagt werden kann.[1]

 
Hinweis

Zur Duldungspflicht der Bienenhaltung auf Nachbargrundstück

Das OLG Hamm hat in seiner Entscheidung vom 25.6.2020[2] die Grundsätze einer Duldungspflicht des Nachbarn bezüglich der Bienenhaltung auf dem Nachbargrundstück auf den Punkt gebracht:

  1. Bienenhaltung ist eine nach § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB entsprechende Einwirkung

    Bei einer von der Bienenhaltung auf einem anderen Grundstück ausgehenden Beeinträchtigung auf ein Grundstück handelt es sich um eine den in § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB aufgezählten Einwirkungen ähnliche, von einem Grundstück ausgehende Einwirkung, die unter den in der Vorschrift genannten Voraussetzungen zu dulden ist.[3]

  2. Wesentlichkeit der Beeinträchtigung hängt vom Empfinden eine verständigen Durchschnittsmenschen und den örtlichen Begebenheiten inkl. Naturschutz ab

    Bei der Bewertung, ob eine durch Bienenhaltung auf dem Nachbargrundstück ausgehende Beeinträchtigung im Sinne von § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB wesentlich ist oder nicht, ist auf das Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen abzustellen sowie darauf, was ihm unter Würdigung anderer öffentlicher und privater Belange zuzumuten ist. Nicht entscheidend ist danach eine besondere individuelle Empfindsamkeit des betroffenen Grundstückseigentümers; ebenfalls nicht entscheidend ist das Empfinden eines Hobby-Imkers, dem die unmittelbare Nähe von Bienen in erheblicher Anzahl nichts ausmacht. Zu berücksichtigen sind aber die örtlichen Begebenheiten, insbesondere der Gebietscharakter der Grundstücke, sowie schützenswerte öffentliche und private Gegeninteressen. Dabei ist beachtlich, dass die Bienenhaltung im Allgemeinen aus Naturschutzgründen wünschenswert und wegen der von Bienen erbrachten Bestäubungsleistung für die Agrarwirtschaft notwendig ist.

    • Von einem verständigen Durchschnittsmenschen ist Bienenflug als natürlicher Vorgang in zumutbarem Umfang auf dem eigenen Grundstück und auf der eigenen Loggia zu dulden, auch wenn es gelegentlich zu Bienenstichen oder zu Aufenthalten von Bienen in der Wohnung kommen mag. Kommt es indes zu einer auch für einen durchschnittlichen, besonnen abwägenden Menschen in deutlicher Weise unangenehmen und störenden Beeinträchtigung, ist die Bienenhaltung nicht gemäß § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB zu dulden.
    • Eine Bienenhaltung in nicht mehr zumutbarem Umfang liegt jedenfalls dann vor, wenn auf einer in unmittelbarer Nähe zur Nachbarloggia gelegenen Loggia sechs Bienenbeuten gehalten werden, die zu einem erheblichen, die natürlichen Verhältnisse deutlich übersteigenden Bienenflug auf dem betroffenen Grundstück und der betroffenen Loggia führen.
  3. Bienenhaltung ist im Allgemeinen bundesweit gemäß § 906 Abs. 2 Satz 1 BGB ortsüblich. Eine andere Bewertung kann sich aber aus der konkreten Art und Weise der Bienenhaltung – hier: in erheblichem Umfang auf einer Loggia – ergeben.

Bienengiftallergie und Bienenphobie

Eine Bienenallergie bzw. -phobie ist unbeachtlich. Bei der Einschätzung einer Beeinträchtigung ist auf das Empfinden eines verständigen durchschnittlichen Benutzers des Grundstücks abzustellen. Besondere Empfindlichkeiten, wie z. B. Allergien oder Phobien, sind dabei nicht zu bewerten.[4]

Bienenschwarm

Handelt es sich um einen Bienenschwarm, der sich selbstständig gemacht hat, ist für diesen der Imker nicht verantwortlich, wenn er ihn nicht unverzüglich verfolgt oder die Verfolgung aufgibt (§ 961 BGB).

Einfliegende Bienen dürfen nur getötet werden, um Angriffe durch sie abzuwehren (§ 228 BGB). Bei der Behandlung von Pflanzen im eigenen Garten ist die Bienenschutzverordnung[5] zu beachten, nach der es verboten ist, blühende Bäume, Sträucher und Pflanzen mit bienenschädlichen Mitteln zu behandeln.

[1] Vgl. LG Bonn, Urteil v. 16.1.2013, 7 O 181/12; LG Oldenburg v. 16.1.2003, 1 O 1939/00; AG Brandenburg, Urteil v. 28.11.2017, 34 C 146/16; AG Wolfenbüttel, Urteil v. 26.2.2016, 19 C 109/14LG Memmingen, Urteil v. 25.2.1987, 1 S 550/86, MDR 1988, 54; OLG Hamm, Urteil v. 3.7.1989, 22 U 204/88, MDR 1989, 993; BGH, Urteil v. 24.1.1992, V ZR 274/90, NJW 1992, 1389
[3] Anschluss an BGH, Urteil v. 24...

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