Das Gericht ist der Ansicht, es sei für die Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit einer beschlossenen oder nicht beschlossenen Verwaltungsmaßnahme auf die im Zeitpunkt der Beschlussfassung zugrunde liegenden Verhältnisse abzustellen. Maßgebend sei der Kenntnisstand, den ein besonnener Wohnungseigentümer unter Ausschöpfung aller zu diesem Zeitpunkt zugänglichen Erkenntnisquellen ermittelt haben kann (Hinweis auf LG Itzehoe, Urteil v. 20.5.2016, 11 S 78/15, ZMR 2016 S. 728). Soweit die Gegenansicht (Hinweis auf AG Hamburg, Urteil v. 15.2.2011, 102D C 79/10, ZMR 2011 S. 758) auf den Schluss der mündlichen Verhandlung im Anfechtungsprozess abstellen wolle, sei dies in der Begründung jedenfalls verfehlt. Man wolle aus der Existenz des § 91a ZPO ableiten, dass es nicht auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Beschlussfassung, sondern auf den Schluss der mündlichen Verhandlung deshalb ankäme, weil sonst keine Erledigung in der Hauptsache eintreten könne. Dies überzeuge schon deshalb nicht, weil etwa auch die Bestimmung des § 93 ZPO im Verfahren der Beschlussanfechtung schlicht keinen Anwendungsbereich habe. Ebenso könne es der Regelung des § 91a ZPO ergehen.
Hinweis
Bei der Prüfung der Ordnungsmäßigkeit ist nach h. M. auf den Kenntnisstand der beschließenden Wohnungseigentümer – also in der Regel auf den in der Versammlung – abzustellen. Nach a. A. kommt es, wie vom Gericht berichtet, auf den Kenntnisstand zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung oder auf den Kenntnisstand an, den ein besonnener Wohnungseigentümer unter Ausschöpfung aller zu diesem Zeitpunkt zugänglichen Erkenntnisquellen ermittelt haben kann. Zu folgen ist meines Erachtens der h. M. Spätere Erkenntnisse über die Angemessenheit der Verwaltungsmaßnahme können weder eine ursprünglich ordnungsmäßige Maßnahme als ordnungswidrig erscheinen lassen noch umgekehrt eine zunächst ordnungswidrig erscheinende Maßnahme angesichts der weiteren tatsächlichen Entwicklung ordnungsgemäß werden lassen. Ändern sich die für die Beschlussfassung maßgeblichen Umstände, müssen sich zunächst die Wohnungseigentümer mit dem neuen Sachverhalt befassen (Grundsatz der Vorbefassung). Etwas anderes gilt hingegen natürlich, wenn der Kenntnisstand der Wohnungseigentümer fehlerhaft unvollkommen war. Denn dann war der Beschluss ermessensfehlerhaft und mithin von Anfang an nicht ordnungsmäßig.
Ermessen
Das Gericht führt in der Entscheidung u. a. auch wie folgt aus. "Die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit eines Beschlusses sind der gerichtlichen Nachprüfung weitgehend entzogen. … Das Gericht hat vielmehr einen gewissen Beurteilungs- beziehungsweise Ermessensspielraum der Eigentümer zu akzeptieren … Das Gericht hat im Ergebnis nicht die Stellung eines Vormunds, sondern hat lediglich als Kontrollinstanz zu überprüfen, ob die Mehrheit eine vertretbare Entscheidung aus damaliger Sicht getroffen hat. Eine Verpflichtung, die wirtschaftlich sinnvollste oder gar optimale Entscheidung zu finden, obliegt weder der Eigentümermehrheit noch dem Gericht." Das stimmt und ruft dazu auf, kurz an die "Eckdaten" des Ermessens zu erinnern. Das WEG bedient sich sowohl des Begriffs der "ordnungsmäßigen Verwaltung" als auch des Begriffs des Ermessens. Diese Rechtstechnik hat ihren Grund. Sie dient der Vielgestaltigkeit und Dynamik von Lebenssachverhalten. Um diesen gerecht zu werden, räumt der Gesetzgeber bei der Verwaltung und beim Gebrauch Handlungsspielräume ein. Während das WEG auf der Tatbestandsseite "Ordnungsmäßigkeit" einfordert, besteht auf der Rechtsfolgenseite nach § 15 Abs. 3, § 21 Abs. 4 WEG eben ein Ermessen. Die Einräumung von Ermessen bezweckt etwas Gutes: Vor allem die Wohnungseigentümer erhalten dadurch Bewegungsfreiheit, nämlich Wahlfreiheit auf der Rechtsfolgenseite – sofern mehrere rechtmäßige Alternativen bestehen. Das meint: Freiheit von staatlichen Regelungen und die Möglichkeit, selbst zu bestimmen, wie ein Problem gelöst, welche (vertretbare) Entscheidung zu treffen ist. Vertretbare Entscheidungen können dazu von außen nicht verändert werden.
Die Ratio, Entfaltungsmöglichkeiten zuzuweisen, liegt also darin, Dritten ein Selbstorganisations-, ein Selbstbestimmungsrecht einzuräumen. Wer wüsste besser als die Eigentümer, was für sie richtig ist. Kommen im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung mehrere Maßnahmen in Betracht, ist es allein Sache der Wohnungseigentümer, durch Beschlussfassung eine sachgerechte Auswahl zu treffen. Die Wohnungseigentümer besitzen zusammenfassend das Recht, für sich zu bestimmen, welche von mehreren möglichen Entscheidungen in ihrem Zusammenleben "gerecht", "richtig" und damit "wahr" sein soll.
Im Übrigen bindet das Gesetz auch den Verwalter in vielen Bereichen nicht. Das WEG legt vor allem Entscheidungen im Zusammenhang mit Vorbereitung und Durchführung der Eigentümerversammlung in die Hände des – nach dem Leitbild des Gesetzes und der Ausprägung, die es durch die Rechtsprechung erhalten hat – professionellen Verwalters. Das Ermessen des Verwalters ist aller...