1 Leitsatz

Besteht kein Anhalt für eine zur Zeit der Verwalterbestellung bereits vorliegende "werdende Eigentümergemeinschaft", kann der teilende Eigentümer den Verwalter bestellen.

2 Normenkette

§ 12 Abs. 1 WEG

3 Das Problem

Die Gemeinschaftsordnung enthält eine Veräußerungsbeschränkung. Die Wohnungseigentümer B1 und B2 wollen ihr Wohnungseigentum auf ihre Kinder B3 und B4 übertragen. Ihrem Antrag fügen sie eine notariell beglaubigte Erklärung einer Verwalterzustimmung des V vom 16.1.2020 bei. Das Grundbuchamt meint, die Zustimmung des V reiche nicht. V sei seit Ende November 2019 nämlich nicht mehr der Verwalter gewesen. B1 bis B4 sehen das anders. Der Bauträger T habe V erst am 28.9.2017 zum Verwalter für 3 Jahre bestellt. Das Grundbuchamt hält dem entgegen, dass V dazu nicht mehr berechtigt gewesen sei. Denn die Wohnungsgrundbücher seien bereits am 28.11.2016 angelegt worden. Dagegen richtet sich die Beschwerde.

4 Die Entscheidung

Mit Erfolg! Es gebe kein Eintragungshindernis. In der Gemeinschaftsordnung heiße es wie folgt: "Zum ersten Verwalter der Wohnanlage soll V vom teilenden Eigentümer auf die Dauer von 3 Jahren nach Begründung des Wohnungseigentums bestellt werden". Diese Bestellung habe T erst am 28.9.2017 vorgenommen. Wenn das Grundbuchamt meine, die Bestellung habe bereits am 18.11.2016 begonnen, sei dem nicht zu folgen. Denn der Wortlaut in der Gemeinschaftsordnung laute "soll bestellt werden". Dies zeige eindeutig, dass ein zusätzlicher Bestellungsakt zu einem vom teilenden Eigentümer zu wählendem Zeitpunkt vorgesehen gewesen sei. Etwas anderes könnte nur gelten, wenn Erwerbern der Besitz an ihrer Wohnung bereits vor Bestellung des Verwalters übergeben worden wäre. Dies sei aber nicht der Fall.

Hinweis

  1. Im Fall geht es darum, wann die Wohnungseigentümergemeinschaft entsteht und ob und bis wann der Bauträger (nicht) mehr berechtigt ist, eine Person zum Verwalter zu bestimmen. Die erste Frage regelt im aktuellen Recht in Bezug auf die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer § 9a Abs. 1 Satz 2 WEG. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer entsteht danach bereits mit Anlegung der Wohnungsgrundbücher – auch bei einer Teilungserklärung. Würde der Fall im "Jetzt" spielen, hätte das Grundbuchamt also Recht gehabt. Vor dem 1.12.2020 war es aber anders. Dort nahm man an, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer erst dann entsteht, wenn neben den Bauträger ein wenigstens werdender Wohnungseigentümer tritt. Dies war aber im Fall erst im Jahr 2018 der Fall. Der Bauträger war daher nach damals h. M. berechtigt, eine Person zum Verwalter zu bestimmen. Diese Person war indes erst i. S. d. Gesetzes "Verwalter", als neben den Bauträger ein wenigstens werdender Wohnungseigentümer trat. Die Bestellung des V begann daher im Fall nicht – wie es das OLG meint – im September 2017, sondern als es neben B einen werdenden Wohnungseigentümer gab.
  2. Die Antwort auf die 2. Frage hat sich im neuen Recht gegebenenfalls auch verändert. Bislang nahm die h. M. nämlich an, der Bauträger könne den ersten Verwalter in der Gemeinschaftsordnung bestimmen. Man wollte darin einen schriftlichen Beschluss sehen, der wirksam wird, wenn eine Wohnungseigentümergemeinschaft entsteht. Es mag sein, dass es die h. M. dabei belässt. Der Bauträger kann jetzt aber ab Anlegung der Wohnungsgrundbuchblätter auch jederzeit eine "Ein-Personen-Versammlung" abhalten. Er muss sich also nicht bereits bei der Beurkundung der Gemeinschaftsordnung entscheiden, wer Verwalter sein soll.
  3. Man hätte annehmen können, dass § 9a Abs. 1 Satz 2 WEG das "Konstrukt" des werdenden Wohnungseigentümers überflüssig macht. So ist es aber nicht. Welche Voraussetzungen vorliegen müssen, um von einem werdenden Wohnungseigentümer zu sprechen, regelt jetzt sogar das Gesetz. In § 8 Abs. 3 WEG heißt es dazu wie folgt: "Wer einen Anspruch auf Übertragung von Wohnungseigentum gegen den teilenden Eigentümer hat, der durch Vormerkung im Grundbuch gesichert ist, gilt gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und den anderen Wohnungseigentümern anstelle des teilenden Eigentümers als Wohnungseigentümer, sobald ihm der Besitz an den zum Sondereigentum gehörenden Räumen übergeben wurde." Diese Anforderungen sind altbekannt, nicht aber die Rechtsfolge. Denn der Erwerber gilt nach § 8 Abs. 3 WEG nur gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und den anderen Wohnungseigentümern als Wohnungseigentümer, nicht aber Dritten gegenüber. Danach kann der werdende Wohnungseigentümer zwar nach § 43 Abs. 2 WEG klagen und an Versammlungen teilnehmen, er haftet aber nicht mehr Dritten nach § 9a Abs. 4 Satz 1 WEG.

5 Entscheidung

OLG Düsseldorf, Beschluss v. 25.8.2020, 3 Wx 109/20

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