Unter Nachbarrecht versteht man die Regeln über die Rechtsbeziehungen zwischen Nachbarn an der Grundstücksgrenze. Maßgeblich sind hierfür zunächst die für das gesamte Bundesgebiet geltenden und im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in den §§ 903 bis 924 und 1004 aufgestellten Regeln. Darüber hinaus können die Nachbarrechtsgesetze der Länder Verkehrssicherungspflichten regeln. Nach BGB können folgende Bestimmungen praxisrelevant werden:

  • Die nachbarrechtliche Bestimmung des § 908 BGB verleiht dem Grundstücksnachbarn das Recht, vom Grundstückseigentümer diejenigen Maßnahmen zu verlangen, die von einer Ablösung von Teilen des Gebäudes ausgehen können. Es handelt sich letztlich um vorbeugende Maßnahmen einer Haftung nach § 836 BGB.
  • Nach § 909 BGB darf ein Grundstück zwar nicht in der Weise vertieft werden, dass der Boden des Nachbargrundstücks die erforderliche Stütze verliert. Mangels jeglicher Praxisrelevanz ist die Bestimmung für Eigentümergemeinschaften bedeutungslos.
  • § 910 BGB verleiht dem Eigentümer eines Grundstücks das Recht zum Abschnitt der Wurzeln von Bäumen und Sträuchern, die vom Nachbargrundstück eingedrungen sind. Entsprechendes gilt für herüberragende Zweige, wenn diese nach Ablauf einer angemessenen Frist vom Grundstücksnachbarn nicht entfernt wurden.
  • Praxisrelevant kann der Grenzbaum werden. Er ist in § 923 BGB geregelt. Ein Grenzbaum im Sinne dieser Vorschrift ist ein Baum, wenn sein Stamm dort, wo er aus dem Boden heraustritt, von der Grundstücksgrenze durchschnitten wird. Jeder Grundstückseigentümer ist für den ihm gehörenden Teil eines Grenzbaums in demselben Umfang verkehrssicherungspflichtig, wie für einen vollständig auf seinem Grundstück stehenden Baum. Verletzt jeder Eigentümer die ihm hinsichtlich des ihm gehörenden Teils eines Grenzbaums obliegende Verkehrssicherungspflicht, ist für den ihnen daraus entstandenen Schaden eine Haftungsverteilung nach § 254 BGB vorzunehmen.[1]

     
    Praxis-Beispiel

    Die alte Steineiche

    Auf der Grundstücksgrenze zweier Eigentümergemeinschaften stand eine alte Steineiche, die seit mehreren Jahren eine verringerte Belaubung sowie totes Holz in der Krone zeigte. Außerdem hatte sich rings um den Stamm der Fruchtkörper eines Pilzes gebildet. Der Baum stürzte schließlich auf das Nachbargebäude. Da beide Eigentümergemeinschaften verkehrssicherungspflichtig waren, hatte jede die Hälfte des Schadens zu tragen.

    Wie vorerwähnt, können sich Verkehrssicherungspflichten auch aus den Nachbarrechtsgesetzen der Länder ergeben, wobei diese in aller Regel für Wohnungseigentümergemeinschaften von untergeordneter Bedeutung sind, soweit nicht Bäume betroffen sind (siehe hierzu Kap. 3.2).

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